# taz.de -- Meisterschaft in der NHL: Plötzlich erwachsen | |
> Tampa Bay gewinnt endlich den Stanley Cup. In den vergangenen Jahren | |
> hatte das hochbegabte Team immer dann versagt, wenn es wichtig wurde. | |
Bild: Pure Freude: Die Männer von Tampa Bay Lightning feiern ihren Titel | |
Eigentlich haben diese Tampa Bay Lightning den diesjährigen Stanley Cup | |
nicht im letzten Saisonspiel in der Nacht von Montag auf Dienstag gewonnen, | |
als sie die Dallas Stars mit 2:0 besiegten und die Finalserie mit 4:2 | |
Spielen für sich entschieden – sondern im allerersten Spiel der regulären | |
Playoffs. | |
Vor sieben Wochen traf Tampa auf die Columbus Blue Jackets. Wie in der | |
Saison davor, als Tampa die reguläre Saison [1][mit diversen Bestmarken | |
abgeschlossen] hatte, mit Nikita Kutscherow den besten Scorer stellte, der | |
haushohe Favorit für die Playoffs war, im ersten Drittel gegen Columbus mit | |
3:0 führte – und dann das Spiel noch verlor. Danach bekamen sie nichts mehr | |
auf die Kette. Mit 0:4 ging die Serie an die Blue Jackets. Ein kleines | |
Eishockeywunder. | |
Die Tampa Bay Lightning hatten endgültig ihren Ruf weg: talentiert, aber zu | |
weich. 2004 hatte Tampa mal den Stanley Cup gewonnen, aber das ist lange | |
her. Das aktuelle Lightning-Team von Coach Jon Cooper hatte von 2015 bis | |
2019 zwei Conference-Finals und ein Stanley-Cup-Finale verloren. Es war das | |
Bayer Leverkusen der National Hockey League. | |
Und diesmal, 2020, also wieder Columbus. Wieder die erste Runde. | |
Traumabewältigung. Es wurde eine Schlacht. Tampa lag 0:1 hinten, Tampa lag | |
1:2 hinten, Tampa gewann – in der fünften Overtime. Statt der regulären 60 | |
Minuten war das Spiel erst nach 150 Minuten und 27 Sekunden zu Ende, als | |
Brayden Point zum 3:2 traf. Inklusive Pausen dauerte das Spiel sechs | |
Stunden und 13 Minuten. | |
## Die Idee des Managers | |
Danach war klar: Dieses Jahr sehen wir ein anderes Lightning-Team, ein | |
widerstandsfähigeres. Das hat viel mit Julien BriseBois zu tun, dem General | |
Manager des Teams aus Florida. Er holte vor der Saison Spieler wie den bei | |
den New York Rangers aussortierten Verteidiger Kevin Shattenkirk oder den | |
wenig grazilen, aber umso härteren Patrick Maroon aus St. Louis. Und er | |
tradete im Frühjahr die Offensiven Barclay Goodrow und Blake Coleman sowie | |
den Defensiven Zach Bogosian nach Tampa. | |
BriseBois pokerte hoch: Er verscherbelte die Zukunft für die Gegenwart. | |
Diverse Draftpicks der kommenden Jahre und mit Nolan Foote eines der | |
vielversprechendsten Talente gab er ab. Das Ziel war klar: Er wollte Tiefe | |
und Härte im Kader. Und er sendete ein Signal: Wir wollen mit dieser | |
Mannschaft Meister werden. Und zwar jetzt. Solange das Fenster für dieses | |
hochtalentierte Team um Kapitän Steven Stamkos, Kutscherow, den seit zwei | |
Jahren überragenden Stürmer Brayden Point, Torwart Andrei Wassilewski und | |
den vermutlich besten Abwehrspieler der Welt, den Schweden Victor Hedman, | |
noch offen ist. | |
Und der Kader lieferte. Nach dem 4:1 in der Serie gegen Columbus wurden in | |
der zweiten Runde die Boston Bruins – Erster in der regulären Saison vor | |
dem Coronalockdown – geschlagen, bevor im Conference-Finale die New York | |
Islanders mit 4:2 dran glauben mussten. | |
## Würdiger Finalgegner | |
Dann kamen die Dallas Stars. Ein Team voller Veteranen, das, als | |
Außenseiter gestartet, sich von Runde zu Runde durchgekämpft hatte; das in | |
der regulären Saison nicht viele Tore geschossen, aber noch weniger | |
kassiert hatte. Dallas war ein würdiger Finalgegner. Und so passte dann | |
doch auch das letzte Spiel dieser Saison gut zu diesem neuen, alten | |
Lightning-Team. | |
Früh im zweiten Drittel führte das Team nach Toren von Point und Coleman – | |
das alte und das neue Tampa – mit 2:0. Danach spielten sie es runter: die | |
Scheibe immer wieder tief, die Angreifer früh draufgehend ließen sie Dallas | |
gar nicht erst ins Spiel kommen. Abgezockt sah das aus. Routiniert. | |
Erwachsen. | |
Dann durfte Steven Stamkos, der Franchise-Player der Lightning, seit zwölf | |
Jahren im Kader, Rekordtorschütze, den Stanley Cup in die Höhe recken. Er, | |
der wegen einer Verletzung nur drei Minuten in diesen Playoffs mitgewirkt | |
hatte, beendete so nicht nur die Playoffs, sondern auch [2][die Blase], in | |
die sich Teams und Offizielle in Toronto und zu den Finals in Edmonton | |
begeben hatten, um dem Coronavirus zu entfliehen – und trotz Pandemie einen | |
Meister auszuspielen. | |
29 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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