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# taz.de -- Neuköllner Gartenarbeitsschule feiert: Schule im Unruhestand
> Die Gartenarbeitsschule in Neukölln wird 100. Leiterin Yasmin
> Mosler-Kolbe sieht aber nicht nur Grund zum Feiern: Es fehlt Personal.
Bild: Bildungsarbeit mit Schafen: die August-Heyn-Gartenarbeitsschule in Neukö…
Berlin taz | Gerade mal drei Stationen mit der U7 außerhalb des
S-Bahn-Rings, ein paar Schritte vom Bahnhof Parchimer Allee entfernt, ist
Neukölln plötzlich sehr grün und riecht nach Schaf: Die Gartenarbeitsschule
des Bezirks in der Fritz-Reuter-Allee liegt hinter einem Riegel aus
Mietshäusern. Tritt man durch das Gartentor, läuft man an Blumenbeeten
vorbei, nach rechts führt ein Weg zum Bienenhaus, geradeaus geht’s zu den
Schafen. Ein Gärtner schiebt eine Schubkarre durch die Idylle, die am
Wochenende 100-jähriges Jubiläum feiert. Bald steht man vor dem Haupthaus
der Schule, wo die Leiterin Yasmin Mosler-Kolbe ihr Büro hat – und die
verpasst der Idylle gleich mal einen Riss.
Dass der Bezirk bisher immer gut auf diesen mehr als drei Hektar – etwa
fünf Fußballfelder – großen Lernort für die Kitas und Schulen im Bezirk
aufgepasst hat, sei „wirklich etwas Positives“, sagt die Pädagogin. Im
Gegensatz zu Gartenarbeitsschulen in anderen Bezirken – „solche Grundstücke
wecken ja Begehrlichkeiten“ – habe das Areal bisher nie zur Diskussion
gestanden.
Dennoch sagt Mosler-Kolbe, es werde „langsam richtig eng“: Die derzeitigen
Projekte – 80 verschiedene Angebote – für Schulen und Kitas werde sie im
bisherigen Umfang nicht mehr anbieten können: „Uns fehlt Personal, und zwar
ganz erheblich.“
Die Gartenarbeitsschulen, 15 gibt es berlinweit, sind sogenannte
außerschulischen Lernorte. Schulklassen und Kitagruppen können hier in
Projekten lernen: zum Beispiel, wie man Schafwolle filzt oder wie aus
Kürbis Suppe wird. Sie können mit den GärtnerInnen Blumenbeete umgraben,
Blätter mikroskopieren, Getreide mahlen und lernen, woher die Biene den
Honig hat. Etwa vier SchülerInnengruppen hat Mosler-Kolbe pro Tag, rund
30.000 Kinder und Jugendliche sind das pro Jahr. Pädagogische Stellen dafür
hat sie genau eine zur Verfügung, nämlich sich selbst.
Träger der Gartenarbeitsschulen ist das Bezirksamt. Von dort kommen die
Mittel für die Sachausgaben, 45.000 Euro pro Jahr sind es im laufenden
Doppelhaushalt – rund 20.000 Euro mehr als noch 2019. „Die Sachmittel sind
nicht das Problem“, so Mosler-Kolbe. Auch die sechs GärtnerInnen werden vom
Bezirk bezahlt; hinzu kommen 3.000 Euro Honorarmittel pro Jahr für freie
MitarbeiterInnen. Doch vor allem ist Mosler-Kolbe auf die
langzeitarbeitslosen Hilfskräfte („Ein-Euro-JobberInnen“) angewiesen, die
wiederum über das Jobcenter kommen.
Langfristig planbar, und das ist das eigentliche Problem, sind diese
Stellen nicht: Die Hilfskräfte, die den SchülerInnen beim Körbe flechten
und filzen helfen, kommen über freie Träger in der bezirklichen
Jugendarbeit. Die wiederum arbeiten projektfinanziert, die ihnen dafür
zugewiesenen Stellen sind befristet. Eine Krux, über die viele Akteure in
dem Bereich schon lange klagen – weil die Nachhaltigkeit von
Bildungsangeboten so meist auf der Strecke bleibt.
Mosler-Kolbe tippt auf ein Flipchart, das sie hinter der Eingangstür des
Hauptgebäudes aufgebaut hat und auf dem ein großer Smiley mit
herunterhängenden Mundwinkeln prangt: „Da sind wir von 24 MitarbeiterInnen
2013 kontinuierlich runter auf nur noch vier in diesem Jahr“, sagt die
Leiterin. „Da geht vor allem auch viel Wissen verloren.“
Aus dem Bezirksamt heißt es, die Schulstadträtin Karin Korte (SPD) suche
„sehr bemüht und konstruktiv“ nach Lösungen in der Personalfrage. Doch f�…
feste pädagogische Stellen ist eben die Senatsbildungsverwaltung zuständig.
Und dort hat das Thema offenbar keine große Priorität, auf taz-Anfrage
antwortet die Verwaltung zunächst nicht. Sprecher Martin Klesmann weist
dann darauf hin, dass immerhin berlinweit 210 Schulstunden „nicht gegeben“,
also nicht erteilt, würden – und zwar „trotz bundesweitem Lehrkräftemange…
– weil die für Lehrkräfte vorgesehen seien, die in den Gartenarbeitsschulen
im Einsatz seien.
Mosler-Kolbe sagt, sie wolle auf der Homepage der Gartenarbeitsschule
künftig nur noch Projekte anbieten, für die sie auch das Personal zur
Betreuung habe.
4 Sep 2020
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Berlin-Neukölln
Schule
Gärtnern
Urban Gardening
Schule
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