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# taz.de -- Russischer Oppositioneller Nawalny: Spuren einer Vergiftung
> Befunde der Berliner Charité zeigen, dass der im Koma liegende russische
> Oppositionelle vergiftet wurde. Spätfolgen sind nicht ausgeschlossen.
Bild: Polizeischutz vor der Tür: die Berliner Charité am Montag
Berlin/Moskau dpa/rtr/afp/taz | Ärzte der Berliner Charité gehen davon aus,
dass der Kremlkritiker Alexei Nawalny vergiftet wurde. Darauf wiesen
klinische Befunde hin, teilte eine Sprecherin der Klinik am Montag in
Berlin mit. „Sein Gesundheitszustand ist ernst, derzeit besteht jedoch
keine akute Lebensgefahr“, hieß es in der Mitteilung.
Nun werde Nawalny ein Gegenmittel verabreicht, hieß es weiter. „Der Ausgang
der Erkrankung bleibt unsicher und Spätfolgen, insbesondere im Bereich des
Nervensystems, können zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.“
Die Ärzte seien mit Nawalnys Ehefrau in engem Austausch, teilte die Charité
weiter mit. Im Einvernehmen mit ihr gehe die Klinik davon aus, „dass die
öffentliche Mitteilung zum Gesundheitszustand in seinem Sinne ist“.
Nach den Hinweisen der behandelnden Berliner Ärzte auf eine Vergiftung hat
die Bundesregierung die russischen Behörden eindringlich zur Aufklärung
aufgefordert. Die Behörden in Russland seien nun „dringlich aufgerufen,
diese Tat bis ins Letzte aufzuklären – und das in voller Transparenz“,
erklärten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Heiko
Maas (SPD) am Montag in Berlin. „Die Verantwortlichen müssen ermittelt und
zur Rechenschaft gezogen werden.“
„Wir hoffen, dass Herr Nawalny wieder ganz genesen kann“, erklärten Merkel
und Maas. „Unsere guten Wünsche gelten auch seiner Familie, die eine
schwere Prüfung durchmacht.“
Nawalny, einer der prominentesten Kritiker des russischen Präsidenten
Wladimir Putin, [1][war am Donnerstag auf einem Flug von Sibirien nach
Moskau zusammengebrochen]. Nach einer Notlandung in Omsk wurde er zunächst
in einer Klinik dort behandelt. Erst [2][nach stundenlangem Hin und Her]
hatten die Mediziner in Omsk am Freitag ihre Bedenken gegen einen Transport
nach Deutschland fallen gelassen.
[3][Nach seiner Ankunft am Samstagmorgen] sei Nawalny eingehend untersucht
worden. Die klinischen Befunde wiesen auf eine Vergiftung „durch eine
Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer hin“, teilte die
Charité mit. Die konkrete Substanz sei aber bislang nicht bekannt.
Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch bestätigte bei Twitter die Diagnose.
„Sein Zustand ist stabil, aber er liegt noch im Koma.“ Nawalnys persönliche
Ärztin Anastassija Wassiljewa twitterte: „Alexej ist stark, er kommt durch.
Ich habe keine Zweifel.“
## Auch Bundesregierung vermutet Vergiftung
Noch immer sind die genauen Umstände des Falls unklar. Nawalny hatte bei
einer Reise in Sibirien in einem Flugzeug unter Schmerzen das Bewusstsein
verloren. Zudem wurde bekannt, dass er bei dem Aufenthalt in Sibirien von
Sicherheitskräften beschattet worden sein soll.
In der Charité wird er von Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) bewacht.
„Schließlich handelt es sich um einen Patienten, auf den mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit ein Giftanschlag verübt worden ist“, sagte
Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin, noch bevor die
Charité ihre Untersuchungsergebnisse bekannt gab.
Nach den Worten russischer Ärzte wurde Nawalny nicht vergiftet. „Wir haben
sein Leben mit großer Mühe und Arbeit gerettet“, sagte Chefarzt Alexander
Murachowski auf einer Pressekonferenz in der sibirischen Stadt Omsk.
„Wenn wir eine Art Gift gefunden hätten, das sich irgendwie bestätigt
hätte, wäre es für uns viel einfacher gewesen. Es wäre eine klare Diagnose,
ein klarer Zustand und eine bekannte Behandlungsweise gewesen“, fügte
Anatoli Kalinitschenko, ein leitender Arzt des Krankenhauses, hinzu. Die
behandelnden Ärzte wiesen Vorwürfe zurück, die Ausreise Nawalnys auf Druck
der Behörden verzögert zu haben.
24 Aug 2020
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