# taz.de -- Eine Begegnung unterwegs: Der Herr der Bienen | |
> Um beim Reisen Türen zu öffnen, in Kontakt zu kommen und mehr zu erfahren | |
> sollte man einfach Fragen stellen. Zum Beispiel einem Imker. | |
Bild: Bee-stechend: Die Waben der Sommerbienen und leckerer Honig | |
Die beste Frage, die man auf Reisen stellen kann, ist: „Was machen Sie da?“ | |
Eine so einfache wie unterbewertete Frage, die sich eigentlich dauernd | |
anbietet, man stellt sie nur viel zu selten. Und sie macht selbst dort neue | |
Türen auf, wo man glaubt, sich auszukennen. | |
Wir sind wandern in der Nähe von Altenahr, gelegen zwischen Köln und | |
Koblenz, vorbei an Wiesen voller Blüten und Schmetterlingen, vorbei an | |
einem Waldstück mit etwas, das wie hölzerne getürmte Schubladen aussieht. | |
Bienenstöcke. Ein Mann werkelt daran herum, graues Haar mit kleinen | |
geflochtenen Zöpfchen. Und wir stellen ihm diese beste aller Fragen, ein | |
bisschen höflich verpackt: „Dürfen wir fragen, was Sie da machen, wenn es | |
nicht zu sehr nervt?“ | |
Er schaut auf. „Ihr könnt sogar zugucken“, erwidert er gut gelaunt. Wir | |
steigen auf den kleinen Hügel und nähern uns den Stöcken. Ich zweifle kurz, | |
ob wir gleich zerstochen werden, mein Verhältnis zu Bienen ist eher | |
angespannt. Der Imker greift ungerührt Waben heraus, ohne Schutzanzug, ohne | |
Handschuhe, er nutzt nur Rauch zum Ruhigstellen. | |
80.000 Bienen pro Stock, und wirklich, keine sticht. Das ist ja gar nicht | |
wie in den Filmen, denke ich laut. Der Imker eröffnet die Lösung. „Es kommt | |
auf den Charakter der Königin an. Das hier sind meine friedlichsten | |
Bienen.“ Und seine friedlichen Bienen sind geduldig. | |
Insgesamt 25 Völker hat der Mann, ein Hobby. Davon leben könne er nicht, | |
nur „vielleicht einmal im Jahr in Urlaub fahren“. 25 bis 30 Kilo Honig | |
jährlich produziert er, was einem größeren Eimer entspricht, in guten | |
Jahren auch 60 Kilo. Das Image dieses Hobbys habe sich gewandelt. | |
[1][Früher war Imker ein Ding für Opas, ein bisschen verrufen.] „Jetzt“, | |
sagt unser Imker, „haben immer mehr jüngere Leute Bienen. Viele Leute | |
halten sich so ein, zwei Stöcke im Garten, man hat wieder Interesse dran.“ | |
Und aus einer Wanderung [2][durch Blumenwiesen] wird unversehens eine | |
Führung. Der Mann, der zum Klischee des fröhlichen Imker-Opis ganz gut | |
passt, freut sich offensichtlich über die Aufmerksamkeit; er zieht Waben | |
heraus, die über und über mit Bienen bedeckt sind, er zeigt uns die Larven, | |
über die das Bienenvolk selbst entscheidet, ob sie Arbeiterin werden oder | |
Königin, je nachdem, ob Bedarf herrscht. Eine Bienen-Planwirtschaft. | |
Wir erfahren, dass [3][Sommerbienen] nur sechs Wochen leben, Winterbienen | |
aber sechs Monate, und dass die Völker demokratisch entscheiden, wohin sie | |
gehen. Nur den Honig zu probieren klappt dann doch nicht, der Mann hat | |
keinen dabei. Wozu auch? „Hier laufen jeden Tag Leute entlang“, sagt der | |
Imker. „Aber gefragt hat bisher niemand.“ | |
23 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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