# taz.de -- „Mandela Day“ in Südafrika: Im Schatten der Pandemie | |
> Der diesjährige Gedenktag an Nelson Mandela fällt zusammen mit der | |
> Covid-19-Explosion. Alle ungelösten Probleme Südafrikas brechen neu auf. | |
Bild: Heute sind beide tot. Nelson Mandela starb 2013, seine Tochter Zindzi am … | |
KAPSTADT taz | Am 18. Juli wäre [1][Nelson Mandela] 102 Jahre alt geworden. | |
2009 wurde der Geburtstag von der UNO zum Gedenktag für den 1994 ersten | |
demokratisch gewählten Präsidenten Südafrikas bestimmt und ist seitdem ein | |
Feiertag auch in seinem Heimatland. | |
Kein arbeitsfreier Ruhetag, sondern ein Tag des Engagements. Alle | |
Bürger*innen sind aufgerufen, mindestens 67 Minuten etwas zu tun gegen | |
Armut und Unrecht. Jede Minute steht für die 67 Jahre, die Nelson Mandela | |
politisch arbeitete und von denen er 27 Jahre als Gefangener des | |
Apartheidstaates eingesperrt war. | |
In den letzten Jahren engagierten sich am Mandela Day tatsächlich | |
Hunderttausende: Nahrungspakete an Obdachlose, Bücherspenden an Schulen, | |
die Renovierung von Kindergärten bis hin zu Forderungen nach Land für | |
Besitzlose oder der Integration von Flüchtlingen. | |
Dieses Jahr ist vieles anders. Vor allem Nahrungspakete werden verteilt und | |
Suppenküchen errichtet. Auch für die [2][Mandela-Familie] ist es anders als | |
sonst. Nur fünf Tage zuvor starb seine jüngste Tochter, Zindzi Mandela, | |
zuletzt Botschafterin Südafrikas in Dänemark, nach einem positiven | |
Covid-19-Test mit nur 59 Jahren. Zindzis Beerdigung in einem Grab neben | |
ihrer Mutter Winnie Mandela fand am Freitag mit nur fünfzig zugelassenen | |
Gästen statt. | |
Die zentrale Veranstaltung der Nelson-Mandela-Stiftung in Johannesburg | |
verlief online ohne Publikum im Saal. Hauptredner UNO-Generalsekretär | |
António Guterres, der sich als Feminist bezeichnet, sprach davon, dass die | |
Coronakrise schmerzlich „offenlegt, welche globalen Risiken und sozialen | |
Ungleichheiten wir über Jahrzehnte ignorierten.“ | |
## Nicht nur Arbeitslosigkeit, auch unerträglicher Hunger | |
Mandela Day 2020 bedeutet auch, dass nicht nur die Wirtschaft in Südafrika | |
einen Sturzflug nahm wie in Ländern Europas auch, sondern die extremen | |
Unterschiede zwischen Arm und Reich in Südafrika neu aufgebrochen sind und | |
wie eine Ohrfeige für die Träume Mandelas wirken. Nicht nur millionenfache | |
Arbeitslosigkeit, sondern unerträgliche Hungersnot bei all jenen, die sich | |
zuvor noch mit Tagesjobs und Handel in Grauzonen über Wasser hielten. | |
Seit dem ersten Covid-19-Fall am 5. März gelang es zunächst, die | |
Infektionsrate mit einem strengen Lockdown ab dem 26. März für gut zwei | |
Monate weitgehend unter Kontrolle zu halten. Feldlazarette für rund 28.000 | |
Patienten und Quarantänezentren mit 38.000 Betten konnten in dieser Zeit | |
für jene gebaut werden, die sich in beengten Township-Wohnverhältnissen | |
nicht selbst isolieren können. Westliche Kommentatoren lobten die | |
„Widerstandsfähigkeit“ junger afrikanischer Gesellschaften. | |
Als sich jedoch der Protest gegen die Not auch nicht mal mehr mit einem | |
Einsatz von 13.000 Soldaten kontrollieren ließ und es bereits zu Überfällen | |
auf Supermärkte kam, lockerte die Regierung ab dem 1. Juni die | |
Vorschriften: Ausgangssperren wurden aufgehoben. zahlreiche Geschäfte und | |
Fabriken konnten mit Auflagen wieder beginnen. | |
Das, [3][wovor Präsident Cyril Ramaphosa gewarnt hatte], trat ein: Die | |
Infektionszahlen explodierten, kaum ein Krankenhaus war dem Ansturm von | |
Patienten gewachsen, zumal sich auch Schwestern und Ärzte infizierten. | |
Inzwischen ist Südafrika nach den USA, Brasilien und Indien weltweit an | |
vierter Stelle, was die Zunahme von Infektionszahlen angeht: Täglich gibt | |
es derzeit mehr als 13.000 registrierte neue Fälle, über 350.000 | |
Infektionen waren es am Sonntag insgesamt. Fast 5.000 Menschen sind | |
gestorben. Mittlerweile musste die Regierung einige Lockerungsmaßnahmen, | |
wie die Aufhebung des Alkoholverbots, wieder zurücknehmen. | |
Auch im Alltag [4][unseres Kinderhauses im Township Masiphumelele] bei | |
Kapstadt wird es schwieriger: Seit vier Monaten herrscht Lockdown. Alle | |
Erwachsenen machen Überstunden, um den Betrieb eines extra angemieteten | |
Hauses außerhalb des Township für die wegen Vorerkrankungen stärker | |
gefährdeten Kinder zu ermöglichen. Nachdem zwei Erzieher*innen bereits in | |
Isolation waren, wird deutlich, dass dies nicht auf Dauer | |
aufrechtzuerhalten ist. | |
Am diesjährigen Mandela Day musste das zweite Haus wieder aufgegeben | |
werden, und alle leben nun wie vorher an einem Ort im Township. Am gleichen | |
Morgen musste die Sozialarbeiterin mit Covid-19-Symptomen für zunächst 14 | |
Tage in Quarantäne. | |
19 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Lutz van Dijk | |
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