Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Stärken des FC-Bayern-Trainers: Wohlgefühl dank Hansi
> Bayern München spielt erfolgreicher denn je, auch weil Trainer Hansi
> Flick sein Geschick als Kommunikator und Spielerversteher beweist.
Bild: Spricht und erklärt gern: Trainer Hansi Flick mit Alphonso Davies im Tra…
Anfang Oktober war in der Allianz Arena eine in diesem harten Männersport
doch eher seltene Szene zu beobachten: Javi Martinez, ein Baum von einem
Mann, saß auf der Ersatzbank und kämpfte offenbar mit den Tränen wie ein
kleiner Junge. Nicht weil sein Klub gerade verloren hatte, sondern weil er,
der 40-Millionen-Euro-Rekordeinkauf, mal wieder nicht mitspielen durfte.
Die Sitze um ihn herum waren schon leer, nur einer kümmerte sich endlich um
ihn, legte ihm tröstend die Hand auf und hörte einfach mal zu: Hansi Flick,
damals noch zweiter Mann hinter Niko Kovač. Ein Monat später war Kovač weg
vom Fenster, [1][Flick übernahm], und wohl selten hatte ein Trainerwechsel
solche Erleichterung zur Folge. Flicks Start-Bilanz: vier Spiele, vier
Siege, 16:0 Tore. Und die Spieler so: „Halleluja, endlich mal einer, der
uns zuhört!“
Ja ja, die Kommunikation, das ewige Thema. Klar, es gab großartige
Schweiger wie Ernst Happel, Enzo Bearzot und Waleri Lobanowski,
Im-Tee-Rührer wie Felix Magath, aber in der Regel sollte ein Fußballtrainer
nicht allzu maulfaul daherkommen. Hansi Flick kann nicht nur zuhören, er
redet wohl auch viel mit seinen Spielern.
Was man wiederum eher von den Spielern weiß – Flick selbst ist
Selbstdarstellung ein Graus. Er ist zeit seines Fußballerlebens einer aus
dem Hintergrund, ein Schattenmann. Einer, der keine Scheinwerfer braucht.
Er kann aber auch pampig werden, das Training abbrechen, wenn ihm die
Einstellung seiner Stars nicht adäquat erscheint. Sogar seinen alten
Arbeitgeber, den DFB, kann er anmotzen, weil der nicht auf seinen Vorschlag
zur Ansetzung der Pokalspiele eingegangen war.
Das war’s dann aber auch schon in Sachen Drama. Wobei: Die im
Trainingslager zu Doha doch sehr öffentlich ausgetragenen
Meinungsverschiedenheiten mit Sportdirektor Hasan Salihamidžić endeten
schließlich mit einem Punktsieg Flicks: Salihamidžić verpflichtete in der
Winterpause wie gewünscht zwei Spieler, Rechtsverteidiger Álvaro Odriozola
von Real Madrid sowie U20-Nationalspieler Nicolas Kühn. Auch wenn die
bislang überhaupt keine Rolle spielten, machte er somit klar: „Ich bin
nicht nur der liebe Hansi, ich kann auch anders!“
## Natürliche Autorität
Im Haifischbecken FC Bayern mit all seinen tollen Hechten bewegt sich Flick
sehr klug und wirkt dabei authentisch. Anders als Vorgänger Kovač redet er
sich in Pressekonferenzen oder Interviews nicht um Kopf und Kragen, sondern
bleibt stets verbindlich. Und anders als Kovač hat er Rückhalt bei beiden
Bayern-Bossen, also Hoeneß und Rummenigge (sorry, Herr Hainer!). Was Kovač
an demonstrativer Nichtzustimmung der Chefs ertragen musste, wird Flick
erspart bleiben. Dafür hat er zu viel FCB-Stallgeruch, zu viel natürliche
Autorität, auch gerade durch seine unaufgeregte Art zu arbeiten. Der Lohn:
Vertrag bis 2023 und Vergleiche [2][mit dem unvergleichlichen Jupp
Heynckes]. Und das, obwohl im Kernwettbewerb, der Champions League, der
Leistungsnachweis noch aussteht.
Und wie wirkt sich all das auf dem Rasen aus? Der Sicherheitsfußball von
Kovač ist Lichtjahre entfernt, eine halbe Ewigkeit ist das her. Und das
nicht nur, weil Flick höher pressen und früher attackieren lässt, sondern
auch wegen seiner Fähigkeit als Integrator. Flick punktet mit Empathie.
Klingt banal, ist es aber nicht. Frag nach beim FC Liverpool!
Spielerversteher, Mitnehmer und Motivatoren wie der schon jetzt legendäre
Jürgen Klopp sind auch bei einem Spieler-Klub wie dem FC Bayern von
unschätzbarem Wert.
Bestes Beispiel: Thomas Müller. Erst im vergangenen Herbst wurde allen
Ernstes spekuliert, bei welchem Klub der bankdrückende Ur-Bayer künftig
seine Zelte aufschlagen würde. Und jetzt? Nicht mehr wegzudenken, der Typ.
Was anders ist mit Flick? „Hansi hat eine positive Ansprache, und sein
Konzept wird von uns gut angenommen“, sagte Müller mal nach einem
fröhlichen 5:0 gegen Schalke, „der Respekt ist wieder da, der in den
letzten zehn Jahren bei den Gegnern vorhanden war.“
Manuel Neuer stieß ins gleiche Horn: „Alle wissen in der Bundesliga, dass
der FC Bayern München wieder da ist!“ Und Leon Goretzka präzisierte: „Er
hat ein Klima geschaffen, in dem wir uns alle wohl fühlen. Und er hat an
einigen Schrauben gedreht.“ Eine davon heißt: Sicherheit und Vertrauen in
die Kern-Elf statt Rotation um jeden Preis. Javi Martínez kann ein Liedchen
davon singen. Viel hat er zuletzt nicht gespielt, aber: keine Tränen,
nirgends. Schließlich gibt es da jemanden, der ihm das sicher ganz
sorgfältig erklärt hat.
12 Jun 2020
## LINKS
[1] /Interimscoach-beim-FC-Bayern/!5635501
[2] /Kolumne-Press-Schlag/!5453127
## AUTOREN
Thomas Becker
## TAGS
FC Bayern München
Hansi Flick
Fußball-Bundesliga
Champions League
Deutscher Meister
FC Bayern München
FC Bayern München
Fußball
FC Bayern München
FC Bayern München
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bayern München vor dem CL-Halbfinale: Der Hansi regt sich nicht auf
Nicht erst das 8:2 gegen Barcelona zeigt: Bayerns neuer Coach Hansi Flick
hat das Zeug, das Triple zu holen. Zugetraut hat ihm das keiner.
Dauermeister FC Bayern: Titel ohne Triumph-Posen
Der FC Bayern München wird zwei Spieltage vor Schluss zum achten Mal
hintereinander Deutscher Meister – und nimmt es halt irgendwie so hin.
Abgang von Bayern-Doc Müller-Wohlfahrt: Der große Winnetou rennt nicht mehr
Bayern Münchens stets agiler Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hört
nach über 40 Jahren auf. In Erinnerung bleiben auch große Zerwürfnisse.
Meisterschaft des FC Bayern: Es geht doch um uns alle!
Um die Dominanz des FC Bayern in der Bundesliga zu brechen, muss jedes
Mittel recht sein. Wie wär's mit einem Handicap-Start? Oder nur zehn
Spielern?
Doku über Bastian Schweinsteiger: Einfach zum Heulen
Bastian Schweinsteiger ist einer der großen Fußballhelden des Landes. Til
Schweiger hat eine filmische Hagiografie über ihn produziert – mit Gefühl.
Wirbel um Manuel Neuers Vertrag: Ein maßloser Profi?
Manuel Neuer will beim FC Bayern bleiben, auch wenn mit Alexander Nübel ein
Nachfolger bereitsteht. Nun kämpft der Nationaltorwart auch um sein Image.
Krise beim FC Bayern: Hineinschlingern in die Zukunft
Nach der Entlassung von Coach Niko Kovač steht der FC Bayern München vor
einer ganzen Reihe von Herausforderungen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.