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# taz.de -- Überraschungsteam im DFB-Pokal: Biblische Wunder in Saarbrücken
> Mit Saarbrücken steht erstmals ein Regionalligist im
> Fußball-Pokalhalbfinale. Vorm Duell gegen Leverkusen rät der Trainer den
> Spielern: Keine Furcht!
Bild: Der Mann, der den Weg weist: Trainer Lukas Kwasniok hat mit dem 1. FC Saa…
Die Chancen auf Sieg standen schon vergangenen Donnerstag eher schlecht,
zumindest bei den Buchmachern. 14,50 Euro gab es beim Wettanbieter bwin für
einen Sieg des 1. FC Saarbrücken im DFB-Pokal-Halbfinale am Dienstag gegen
Bayer Leverkusen (20.45 Uhr), gar noch zwei mehr bei der Konkurrenz von
Tipico. Da muss schon sehr wagemutig sein, wer auf die Saarländer setzt –
oder eine Menge Gottvertrauen haben.
Lukas Kwasniok, der Trainer der Saarbrücker Regionalligakicker, ist sich
dessen durchaus bewusst. Mehr noch: Er kann sich dieser Sicht auf die
Begebenheiten nur anschließen, was er denn auch gewohnt wortgewaltig tut.
Sollte seine Mannschaft tatsächlich auch den Tabellenfünften der Bundesliga
aus dem Pokal befördern und ins Finale einziehen, wäre das vom
Sensationspotenzial her, so hat es Kwasniok jedenfalls gerade formuliert,
durchaus mit der „Wiedergeburt Jesu Christi“ gleichzusetzen – und damit
eindeutig eine weitere Steigerung. Den Einzug ins Halbfinale, dem ersten
eines Regionalligisten in der DFB-Pokal-Historie, hatten die Saarländer
schließlich noch weitaus bescheidener als „größte Sensation seit Christi
Geburt“ gefeiert.
Andererseits: Im Viertelfinale [1][hatten die Saarbrücker Fortuna
Düsseldorf aus dem Wettbewerb geworfen], im Achtelfinale den Karlsruher SC,
die beiden Runden davor gingen der 1. FC Köln und Jahn Regensburg als
Verlierer vom Platz. Drei Erst- sowie zwei Zweitligisten sind bislang also
Opfer des Viertligisten geworden. Das ist schon jetzt mehr als eine stolze
Pokalbilanz. Über diese wundern sie sich einerseits immer noch selbst ein
wenig. Andererseits hat es den Glauben an ein weiteres Wunder im heutigen
Halbfinale allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz im kleinen Saarland
durchaus gestärkt.
„Es ist nicht so, dass Leverkusen unser größter Gegner ist, sondern die
Furcht. Wenn wir die ablegen können, bin ich guten Mutes, dass uns die
nächste Sensation gelingt“, sagt Trainer Kwasniok dazu passend. Der
38-Jährige hat die Saarbrücker am 1. Dezember von Dirk Lottner übernommen –
in ziemlich ungewohnter Position, nämlich als Tabellenführer der
Regionalliga Südwest. Die Meisterschaft samt Aufstieg in Liga drei, sein
eigentlicher Arbeitsauftrag, hat er dank des vorzeitigen Saisonabbruchs
aufgrund der Corona-Krise in nur drei Spielen – zwei Siegen sowie einer
Niederlage – unter Dach und Fach bringen können, im Pokal darf er sich die
beiden Siege gegen Düsseldorf und Karlsruhe ans Revers heften.
## Trainerschein mit Bestnote
Das ist eine erstaunliche Startbilanz, Erfolge in Windeseile. Und es hat
dazu geführt, dass die Vorbehalte, die jedem Nachfolger vom bei den Fans
bis zuletzt beliebten Dirk Lottner entgegengebracht worden wären,
mittlerweile wie weggeblasen sind. Auch eine Niederlage heute Abend gegen
Leverkusen könnte daran nichts ändern.
Im Saarland könnte da etwas Gutes zusammenwachsen. Kwasnioks
Kurzzeitvertrag bis Saisonende hat sich durch Meisterschaft und Aufstieg
schließlich automatisch verlängert; dass er in der Lage ist, eine
Mannschaft weiterzuentwickeln, hat er trotz seiner erst 38 Jahre mehrfach
schon unter Beweis gestellt. Als Jugendtrainer des Karlsruher SC, seiner
ersten hauptamtlichen Trainerstelle, hat er die U17 der Badener auf Platz
drei der Junioren-Bundesliga geführt, kurz darauf die bereits abgeschlagene
U19 des Vereins mit sieben Siegen in den letzten acht Spielen vor dem
Abstieg gerettet.
Kwasniok, im polnischen Gliwice geboren, ist also einer dieser Trainer, die
ihren Job von der Pike auf gelernt und peu à peu verfeinert haben. Seinen
Fußballlehrerschein hat er im März 2018 mit 1,0 bestanden. Gleich seinen
ersten festen Job im Profibereich begann er mit einem kleinen Wunder: In
der Saison 2018/19 rettet Kwasniok Carl Zeiss Jena dank sechs Siegen in den
letzten sieben Partien vor dem Abstieg aus Liga 3. Dass er in der
Folgespielzeit nach zehn erfolglosen Spielen seine Koffer packen musste,
hatte auch damit zu tun, dass er sich neben dem Trainerjob auch noch jenen
des Sportdirektors hatte aufbürden lassen und bei der Kaderzusammenstellung
auf sich allein gestellt war. „Das war einfach to much“, sagt er im
Rückblick.
Dabei ist er es durchaus gewohnt, alles zu geben. Es ist sogar eine der
wichtigsten Grundlagen seiner Arbeit. „Bei mir gibt es nur ein Prinzip: Die
Bereitschaft, immer am Anschlag zu agieren, egal ob im Spiel oder im
Training“, sagt Kwasniok. Das verlange er von jedem einzelnen seiner
Spieler – und selbstredend auch von sich selbst. Ob er also ein
anstrengender Trainer sei? „Ein fordernder auf jeden Fall“, analysiert sich
der ehemalige Kapitän der deutschen U16-Nationalmannschaft selbst. „Jeder
Mensch braucht jemand, der ihn ans Maximum treibt“, findet er. Auch darin
sieht er seinen Job.
Dabei loben ihn Wegbegleiter nicht nur als Motivationskünstler, sondern
auch als Taktiktüftler. Schon an den Trainingseinheiten feilt er akribisch.
„Mein Anspruch ist es, keine Einheit so zu gestalten wie eine andere“, sagt
er. „Die größte Form des Respekts gegenüber meinen Spielern ist es, sich
Gedanken über die Trainingsformen zu machen und sie so spannungsgeladen wie
möglich anzubieten“, referiert Kwasniok. „Und der größte Respekt, den mir
die Spieler zollen können, ist es, dass sie die Übungen so leidenschaftlich
wie möglich ausführen.“
Welcher Fußball ihm im Idealfall vorschwebt? Kwasniok nennt eine Mischung
aus drei Spielstilen: „Die leidenschaftliche Verteidigung von Atletico
Madrid unter Simeone gepaart mit der fußballerischen Finesse [2][des FC
Barcelona unter Pep] sowie als i-Tüpfelchen das extrem [3][überfallartige
Umschaltspiel à la Kloppo].“ Ja, so könnte es auch heute Abend gegen
Leverkusen was werden.
9 Jun 2020
## LINKS
[1] /Saarbruecken-sorgt-fuer-Pokalsensation/!5666279
[2] /Kolumne-Press-Schlag/!5058625
[3] /FC-Liverpool-in-der-Premier-League/!5541732
## AUTOREN
Frank Ketterer
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