Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vermeintliches Heilmittel gegen Corona: Der Zaubertrank aus Madagas…
> Das Kräutergebräu CVO soll gegen Covid-19 helfen. Mehrere afrikanische
> Regierungen zeigen sich interessiert. Die WHO reagiert verhalten.
Bild: Flaschen mit „Covid Organics“ wurden in den Schulen von Madagaskars H…
Brüssel taz | Hat Afrika eine Geheimwaffe gegen [1][Covid-19] entdeckt?
Covid Organics (CVO) aus Madagaskar ist derzeit der Renner. Seit Präsident
Andry Rajoelina im April vor den Fernsehkameras den Aufguss aus
traditionellen medizinischen Kräutern seines Inselstaates trank und
versprach, alle 20 Millionen Bürger seines Landes würden das jetzt
bekommen, reißen sich afrikanische Regierungen um den vermeintlichen
Zaubertrank. „Dieser Aufguss bringt Ergebnisse innerhalb von sieben Tagen“,
tönte der junge madegassische Präsident, „wir können die Geschichte der
Welt verändern.“
Entwickelt vom Forschungsinstitut IMRA in Madagaskars Hauptstadt
Antananarivo, handelt es sich bei CVO um einen Artemisia-Tee. Wie
Militärarzt Oberst Willy Ratovondrainy im Fernsehen ausführte, soll das
Getränk nicht die Krankheit heilen, sondern das Immunsystem stärken.
Artemisia ist in der Medizin bekannt. Das Pflanzenextrakt Artemisinin wird
zur Malariaheilung verwendet. Seit Langem gehört es zur traditionellen
chinesischen Medizin. Für die entsprechende Forschung erhielt die
Wissenschaftlerin Youyou Tu im Jahr 2015 als erste Chinesin den Nobelpreis
für Medizin. In Madagaskar wurde Artemisia 1975 eingeführt und wird seitdem
weiter erforscht. CVO kombiniert Artemisinin mit Pflanzenölen, die in der
traditionellen madegassischen Medizin zur Stärkung des Immunsystems
verwendet werden.
Seit dem TV-Auftritt des Präsidenten verteilt Madagaskars Armee CVO
kostenlos in Antananarivo sowie in den vom Coronavirus befallenen Regionen
Fianarantsoa und Toamasina, vor allem in den Schulen. Einmal täglich soll
man es trinken, eine Woche lang, bei Covid-19-Symptomen länger. Vergangene
Woche rief der Präsident die Bauern Madagaskars auf, massenhaft Artemisia
anzupflanzen. Sie könnten damit zehnmal so viel verdienen als mit Reis.
## Beliebte Kräuterextrakte
Madagaskars Bevölkerung ist zwar klar, dass dahinter wirtschaftliche
Interessen der Regierung stehen, aber CVO kommt trotzdem gut an. Sich mit
Kräuterextrakten zu stärken, ist in Madagaskar mit seiner weltweit einmalig
reichen tropischen Pflanzenwelt nichts Neues, und die Zutaten von CVO sind
allen Madegassen geläufig. „Wir haben ja nichts zu verlieren“, sagt eine
lokale Mitarbeiterin eines Hilfswerks. Ihre Schwester trinke zwar kein CVO,
erzählt sie, wohl aber ein anderes traditionelles madegassisches
Kräutergebräu.
Die Angst vor dem Coronavirus ist in Madagaskar wenig ausgeprägt. Bisher
gibt es keinen gemeldeten Todesfall und nur etwas über 150 registrierte
Infektionsfälle. An Malaria starben dagegen im vergangenen Jahr 600
Menschen.
Während sich die Forschung nach einer Covid-19-Therapie in den reichen
Ländern über Jahre hinziehen dürfte, sind viele Regierungen in Afrika
neugierig auf das, was Madagaskar da macht. Tansanias Präsident John
Magufuli schickte ein Flugzeug nach Madagaskar, um CVO abzuholen. Von
Senegal über Äquatorialguinea bis zur Demokratischen Republik Kongo reichen
die präsidialen Bestellungen des „Zaubertranks“.
Für Präsident Rajoelina ist CVO auch eine diplomatische Waffe. Per
Videokonferenz mit 15 afrikanischen Staatschefs, unter anderem aus Ägypten,
Südafrika, Mali und Ruanda, forderte er am 30. April, Afrika müsse
angesichts der Pandemie „aufwachen“. Am nächsten Tag schon landete auf
Madagaskar ein Sonderflug aus Guinea-Bissau, um eine CVO-Ladung für alle 15
Staaten Westafrikas abzuholen. „Ein Sieg für Madagaskar“, jubelte
Rajoelina. „Wir stiften diesen Sieg allen Covid-19-Kranken, allen
Madegassen und allen Kranken Afrikas.“
## Skepsis auch in Madagaskar
Die Weltgesundheitsorganisation äußert sich indes zurückhaltend zu CVO.
Gewisse pflanzliche Mittel könnten Covid-19-Symptome lindern, erklärt sie,
aber es gebe „keinen Beweis, dass sie die Krankheit verhindern oder heilen
können“. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus aus Äthiopien
warnt, es gebe bei der Forschung „keine Abkürzung“.
Auch in Madagaskar selbst ist CVO nicht unumstritten. Berichten zufolge war
Madagaskars Nationale Medizinische Akademie zunächst gegen die
CVO-Entwicklung durch das Forschungsinstitut IMRA, wurde aber vom
Präsidenten auf Linie gebracht. Die Mediziner sagen jetzt diplomatisch: „Da
Covid Organics kein Medikament ist, sondern ein traditionelles Heilmittel,
widersetzt sich die Medizinische Akademie nicht seiner Anwendung in Form
eines Getränks.“
Auf Kritik und Skepsis hat Georges Ratrimoarivony aus Madagakars
Gesundheitsministerium eine Antwort parat: Auf sozialen Netzwerken sagt er,
an westliche Medien gerichtet: „Unser Präsident hat im madegassischen
Fernsehen eine Lösung für die Madegassen angeboten. Er drängt sie euch
nicht auf und schlägt sie euch nicht vor. Es ist nicht euer Problem. Bei
uns gibt es derzeit keine Toten und wir müssen niemanden künstlich beatmen.
Zählt eure Toten – wir zählen unsere.“
17 May 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/
## AUTOREN
François Misser
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Madagaskar
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Sport trotz Corona
## ARTIKEL ZUM THEMA
Medikament gegen das Coronavirus: Kein Wunder, aber ein Mittel
Remdesivir soll als Mittel gegen Covid-19 bald vorläufig zugelassen werden.
Meldungen, es rette Menschenleben, sind verfrüht, zeigen taz-Recherchen.
Lagebericht aus Ruanda: Ohne Bargeld unterwegs
Ruanda hat seine Sicherheitsmaßnahmen in der Coronakrise straff
organisiert. Kontaktlose Seifenspender und Bezahlen via App sind beliebt.
Senegal entwickelt Corona-Analyse: Hoffen auf den Schnelltest
Noch wird das Verfahren erprobt. Doch dann soll der neue Test schon
innerhalb von zehn Minuten ein Ergebnis liefern und nur einen Euro kosten.
WHO-Studie zum Coronavirus in Afrika: Mehr Junge, weniger Tote
Bis zu 190.000 Menschen könnten in Afrika im ersten Jahr der Coronapandemie
sterben, schätzt die WHO. Erkrankte seien jünger als im Rest der Welt.
+++ Corona News vom 14. April +++: Von Corona zu Masern
WHO warnt vor starkem Anstieg von Maserninfektionen. Island lockert
Maßnahmen. UN startet Luftbrücke für Afrika. Die Nachrichten zum
Coronavirus im Live-Ticker.
Fußball in Madagaskar: Jenseits vom Afrikacup
Die Nationalelf des Inselstaates ist stark, doch die Vereine schwach. Eine
Profiliga soll in Madagaskar helfen, aber auch hier schlug Corona zu.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.