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# taz.de -- Holocaust-Gedenktag in Israel: Seltene Entschuldigung
> Die Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem hat bei einem Forum am 23.
> Januar historisch falsche Videos gezeigt. Das räumt sie nun ein.
Bild: Israels Premier Minister Netnayahu und Präsident Rivlin posieren mit gel…
Warschau taz | „Die Gedenkstätte Yad Vashem entschuldigt sich für Fehler
und Verzerrungen auf dem Holocaust Forum in Israel“, titelt die
linksliberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza in Polen. Auch andere Medien
Polens berichten prominent über die Entschuldigung aus Jerusalem.
Denn sie ist mehr als ungewöhnlich. [1][Yad Vashem] vertritt den Anspruch,
als Holocaust-Forschungs- und Gedenkstätte weltweit Standards zu setzen.
Doch auf dem fünften Welt-Holocaust-Forum am 23. Januar, zu dem der
European Jewish Congress, Yad Vashem und Israels Präsident Reuven Rivlin
eingeladen hatten, kam es gleich zu mehreren Pannen.
Zum einen hatte sich die Gedenkstätte völlig unnötig in einen
Konkurrenzstreit mit der polnischen Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
begeben, die wie jedes Jahr zur Gedenkfeier an die Befreiung der
nazideutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers durch die Rote Armee
am 27. Januar eingeladen hatte.
Zum anderen hatte sich Yad Vashem der Vereinnahmung der Gedenkfeier durch
[2][Russlands Präsidenten Wladimir Putin] nicht entgegengestellt, sodass am
Ende die historische Botschaft, die von Yad Vashem aus in alle Welt
hinausging, falsch war.
## Aufgebauschte Mythen
Für Polen ist der Umgang der israelischen Gedenk- und Forschungsstätte Yad
Vashem mit den eigenen Fehlern besonders interessant, da es auch in Polen
immer wieder zu historischen Fehlern oder aufgebauschten Mythen kommt und
es schwer fällt, sich davon wieder zurückzuziehen.
Wie es gehen kann, zeigt Yad Vashem dieser Tage: Nach internen Beratungen
schickte Professor Dan Michman, der Direktor des Internationalen
Forschungsinstituts Yad Vashem, einen Brief an die linksliberale
Tageszeitung Haaretz. Diese hatte zuvor Yad Vashem heftig dafür kritisiert,
dass sie die Instrumentalisierung der Geschichte durch Wladimir Putin
legitimiere, statt auf Seiten der Wahrheit zu stehen.
Im Brief bekennt sich Yad Vashem dazu, auf dem Gedenktag am 23. Januar
historisch falsche Videos gezeigt zu haben, die dann leider zahlreiche
Staatsgäste, Holocaust-Überlebende sowie Millionen Fernsehzuschauer gesehen
hatten.
In den Videos, so heißt es im Brief, sei „weder die Aufteilung Polens durch
Sowjet-Russland und Nazi-Deutschland 1939 zu sehen, noch die
Nazi-Okkupation Westeuropas 1940“. Zudem sei es bei den historischen Karten
zu groben Fehlern gekommen, so Yad Vashem weiter. Insbesondere die Grenzen
Polens seien komplett falsch dargestellt worden, so, als hätte es die
Okkupation Ostpolens durch die Sowjetunion von 1939 bis 1941 nicht gegeben.
Auch seien Konzentrationslager mit Vernichtungslagern verwechselt worden.
## Pflicht gegenüber Israel
„Wir entschuldigen uns für den sehr bedauerlichen Vorfall“, heißt es im
Brief. „Diese Videos repräsentieren nicht den Forschungsstand von Yad
Vashem.“ Als Institution habe die Gedenkstätte die Pflicht gegenüber Israel
und dem jüdischen Volk, an den durch Forschung festgestellten historischen
Fakten festzuhalten.
Zugleich müsse sie sich Versuchen zur Geschichtsklitterung und -verzerrung
in anderen Ländern widersetzen. Dies bedeute aber auch, dass Yad Vashem
seine eigenen Fehler und Ungenauigkeiten sich selbst gegenüber zugeben, sie
öffentlich machen und korrigieren sowie sich dafür entschuldigen müsse.
In Polen sorgt dieser Brief für Erstaunen, aber auch Genugtuung. Denn noch
vor gut zwei Wochen fühlten sich die meisten Polen ziemlich allein
gelassen, als ohne großen Protest aus anderen Ländern die offensichtlich
russisch inspirierten Geschichts-Videos über die Leinwand in Jerusalem
flimmerten.
Wochen zuvor hatte Putin einen Geschichtsstreit vom Zaun gebrochen, mit dem
er die Bedeutung des Hitler-Stalin-Pakts relativieren und dafür Polen eine
Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in die Schuhe schieben wollte.
Den polnischen Vorkriegsbotschafter in Berlin Jozef Lipski nannte Putin
einen „antisemitischen Drecksack“. Zudem bestritt Putin, dass Polens
Partisanen und Soldaten ebenfalls zum Sieg über Hitler beigetragen haben.
4 Feb 2020
## LINKS
[1] /Polen-fehlt-bei-Gedenken-in-Israel/!5653753
[2] /Streit-zwischen-Polen-und-Russland/!5022815
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Israel
Yad Vashem
Holocaust-Gedenktag
Bundestag
Kolumne Stadtgespräch
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