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# taz.de -- Terror in Großbritannien: Attentäter erschossen
> In London greift ein Mann PassantInnen mit einem Messer an. Eine Person
> wird schwer verletzt. Der Täter war gerade aus der Haft entlassen worden.
Bild: Mitarbeiter der Spurensicherung am Tatort im Süden Londons
London taz | An der Haupteinkaufstraße Streatham Highstreet im Süden
Londons tost reger und für Fußgänger*Innen unangenehmer Autoverkehr vorbei.
Auch leben hier Menschen, die so divers sind wie die Welt. So wie London
eben nun mal ist. Dass ausgerechnet hier am Sonntag zur Haupteinkaufszeit
gegen 14 Uhr [1][ein fanatisierter Attentäter] auf Einkäufer*Innen
einstechen würde, konnte niemand ahnen.
Drei Personen wurden verletzt. Eine davon, auf die der Attentäter laut
unbestätigten Augenzeugenberichten losging, soll eine Mutter mit
Kinderwagen und Kleinkindern an der Hand gewesen sein. Laut polizeilichen
Angaben wurde der Täter, der beschattet wurde, von Beamten zu Fuß verfolgt
und unmittelbar nach Beginn seines Angriffs von ihnen erschossen. Danach
wurde ein spezielles Team angefordert, da am Körper des Erschossenen eine
Sprengstoffweste gesichtet wurde. Dabei könnte es sich um eine Attrappe
gehandelt haben.
Die Angegriffenen überlebten die Attacke. Eine Frau, sie soll um die 50
Jahre alt sein, erlitt laut Scotland Yard nur leichte Verletzungen. Eine
andere Person, ein etwa 40 Jahre alter Mann, wurde jedoch schwer verletzt.
Er ist inzwischen aber außer Lebensgefahr. Eine dritte Person, eine Frau um
die 20 Jahre alt, erlitt leichte durch Glassplitter verursachte Wunden, als
die Schüsse der Polizei fielen.
Der getötete Attentäter wurde bereits am Abend von der Metropolitan Police
als Sudesh Amman, 20, identifiziert. Amman war Ende Januar aus einer
Strafanstalt nach Absitzen der Hälfte seiner Haftstrafe – wie in
Großbritannien üblich – entlassen worden.
## Bestimmte Bewährungsbedingungen
Danach muss ein Straftäter bestimmte Bewährungsbedingungen erfüllen. Für
die Beschattung Ammans muss ein zusätzlicher Grund vorgelegen haben. Die
vorzeitigen Entlassungen waren eingeführt worden, um etwas gegen die
Überfüllung von Strafanstalten und für die Rückintegration von Straftätern
zu tun.
Amman hatte vor seiner Verhaftung im Nordwesten Londons gewohnt und an
einem College studiert. 2018 wurde er von einem englischen Kriminalgericht,
dem Old Bailey, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten
verurteilt.
Aus Berichten dieser Zeit geht hervor, dass Amman eine starke Faszination
für Messer und Gewalt hatte und mit dem IS und al-Qaida liebäugelte. Laut
Staatsanwaltschaft hatte Ammans damals die Absicht, Märtyrer zu werden. Er
besaß gewaltverherrlichendes Material und Anleitungen zum Bau von Bomben.
Manche hatte er an jüngere Geschwister verteilt, worauf sich seine
Verurteilung stützte. Einige Medien berichten, dass Amman in einer
speziellen Unterkunft für Personen auf Bewährung nahe dem Tatort
untergebracht gewesen sei. Dort hätte er vor Kurzem versucht, Suizid zu
begehen. Die Tatwaffe habe er unmittelbar vor der Tat gestohlen.
## Parallelen zu einer Tat im November
Der Vorfall vom Sonntag ähnelt einer Attacke im November vergangenen Jahres
in der Nähe der London Bridge. Damals hatte ebenfalls ein vorzeitig aus der
Haft entlassener Mann, der sich auch von islamistischen Gruppen angezogen
fühlte, eine Einladung zu einer Veranstaltung aus Anlass des Jubiläums
eines Rehabilitationsprogramms für Straftäter genutzt, um auf zwei der dort
Anwesenden, Jack Merritt und Saskia Jones, loszugehen und sie zu erstechen.
Drei weitere Personen wurden verletzt, bevor der Attentäter, der 28-jährige
Usman Kahn, der ebenfalls eine Sprengstoffartrappe trug, von Beamten der
Metropolitan Police erschossen wurde.
Der Fall warf Fragen sowohl zur frühzeitigen Entlassung von Straftätern als
auch zu dem Entradikalisierungsprogramm Großbritanniens auf, an dem Khan
teilgenommen hatte.
[2][Boris Johnson] hatte sich danach für eine Reform automatischer
Entlassungen nach der Hälfte der abgesessenen Strafe ausgesprochen. Jack
Meritt, der Vater eines der Opfer, warf Johnson vor, die Tat für eigene
parteipolitische Zwecke vor der Wahl zu nutzen.
## Johnson sprach den Opfern sein Mitgefühl aus
Auch 2017 hatten drei islamistische Täter auf der London Bridge und Borough
Market in London acht Menschen ermordet und 47 verletzt, bevor sie von
Sicherheitskräften erschossen wurden. Auch sie trugen Attrappen von
Sprengstoffwesten.
Boris Johnson sprach die Tat vom November 2019 am Sonntagabend direkt an.
Er twitterte, dass seine Regierung damals neue Maßnahmen ergriffen habe,
„darunter längere Haftstrafen und mehr Geld für die Polizei“. Weitere
Maßnahmen werde er am Montag ankündigen. Er sprach den Opfern sein
Mitgefühl aus und lobte die Sicherheits- und Rettungsdienste.
Obwohl die Umstände dieser Angriffe besonders sind, weil sie von
islamistisch fanatisierten Männern begannen wurden, ist die Anzahl von
Messerangriffen in England und Wales laut Angaben des britischen
statistischen Amtes im vergangenen Jahr angestiegen. Das Amt registrierte
in England und Wales zwischen September 2018 und September 2019 44.771
Vergehen – 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Allein in London starben im
letzten Jahr 149 Personen eines gewaltsamen Todes, 90 davon aufgrund von
tödlichen Messerattacken.
3 Feb 2020
## LINKS
[1] /Angriff-in-Grossbritannien/!5645664
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## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
Boris Johnson
Großbritannien
Terrorismus
Birmingham
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Schwerpunkt Islamistischer Terror
London
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