# taz.de -- Autobombenanschlag in Somalia: Mehr als 70 Tote | |
> Unter den Opfern einer Explosion in Mogadischu sind viele Studenten sowie | |
> zwei türkische Staatsbürger. Der Bürgermeister spricht von über 100 | |
> Verletzten. | |
Bild: Nichts als Trümmer: Mogadischu am 28. Dezember | |
MOGADISCHU afp/ap/dpa | Bei einem schweren Bombenanschlag in der | |
somalischen Hauptstadt Mogadischu sind am Samstag mehr als 70 Menschen | |
getötet und dutzende weitere verletzt worden. Bisher liege die Opferzahl | |
bei 78 Toten und mindestens 125 Verletzten, sagte der Leiter des privaten | |
Ambulanzdienstes Aamin Ambulance, Abdukadir Abdirahman Hadschi. | |
Die Polizei geht sogar von noch mehr Toten aus. „Wir haben mittlerweile | |
fast 100 Menschen, die bei diesem schrecklichen Attacke getötet wurden“, | |
sagte Polizeioffizier Ahmed Bashane. Unter den Opfern waren nach | |
Polizeiangaben zahlreiche Studenten sowie zwei türkische Brüder. Ein | |
somalischer Abgeordneter sprach zudem von 17 getöteten Polizisten. Nach | |
Angaben eines Polizeisprechers beschädigte die Explosion auch zwei | |
Minibusse mit Schulkindern an Bord schwer. | |
Die Autobombe explodierte am Morgen an einer stark befahrenen Kreuzung im | |
Südwesten von Mogadischu. In der Nähe liegen ein Kontrollpunkt der | |
Sicherheitskräfte sowie ein Finanzamt. Der Polizist Ibrahim Mohamed sprach | |
von einer „verheerenden“ Explosion. | |
Mogadischus Bürgermeister Omar Mohamud Mohamed sprach von rund 90 | |
Verletzten. Eine Zahl der Todesopfer wollte er zunächst nicht nennen. Es | |
sei aber klar, dass sie nicht niedrig sein werde, sagte Mohamed. Die | |
meisten Opfer seien „unschuldige Studenten und andere Zivilisten“. | |
Völlig zerstörte und ausgebrannte Fahrzeuge am Tatort zeugten von der Wucht | |
der Detonation. Zum Zeitpunkt des Anschlags im morgendlichen Berufsverkehr | |
seien viele Menschen unterwegs gewesen, darunter Busse mit Schülern und | |
Studenten, berichtete der Augenzeuge Muhibo Ahmed. In zerstörten Gebäuden | |
am Ort des Anschlags und in Krankenhäusern suchen Menschen nach ihren | |
Angehörigen – unter den Verletzten und den Toten. | |
## Russland und EU sagen Unterstützung zu | |
Sowohl die Europäische Union (EU) wie auch Russland verurteilten den | |
„barbarischen Anschlag“. Der blutige Angriff von Extremisten habe offenbar | |
darauf abgezielt, die Lage in Somalia zu destabilisieren, erklärte das | |
Außenministerium in Moskau. Russland werde die Regierung Somalias weiterhin | |
bei ihren Bestrebungen um eine Aussöhnung des Landes und bei den | |
Vorbereitungen von Wahlen unterstützten. | |
„Unsere Haltung ist klar“, betonte EU Ratspräsident Charles Michel über d… | |
Kurznachrichtendienst Twitter, „Europa wird Afrika im Kampf gegen den | |
Terrorismus weiter unterstützen.“ Somalias Präsident Mohamed Abdullahi | |
Farmajo rief die Bevölkerung zum Zusammenhalt beim Kampf gegen „die Feind | |
der Menschenwürde“ auf und erklärte: „Das einzige Ziel, das die Terrorist… | |
in unserem Land entwickelt haben, ist das wahllose Töten unschuldiger | |
Menschen.“ | |
## Hauptverdächtig: die Al-Shabaab-Miliz | |
Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Er trägt die Handschrift | |
[1][der radikalislamischen Al-Shabaab-Miliz]. Die Miliz war im August 2011 | |
von Truppen der Afrikanischen Union (AU) aus Mogadischu vertrieben worden. | |
Sie kontrolliert aber nach wie vor weite ländliche Gebiete [2][des | |
ostafrikanischen Landes] und verübt auch immer wieder Anschläge in der | |
Hauptstadt. | |
Erst vor zwei Wochen hatte ein Kommando der Al-Shabaab mitten in Mogadischu | |
ein von vielen Politikern, Militärs und Diplomaten besuchtes Hotel | |
angegriffen und sich stundenlange Gefechte mit den Sicherheitskräften | |
geliefert. Neben den fünf Angreifern wurden fünf weitere Menschen getötet, | |
darunter drei Zivilisten. | |
Al-Shabaab heißt übersetzt „die Jugend“. Tatsächlich soll die Miliz aus | |
einer Jugendbewegung der Union islamischer Gerichte hervorgegangen sein, | |
die 2006 kurzzeitig die Kontrolle über Teile Somalias übernommen hatte. Sie | |
will eine strenge Auslegung des islamischen Scharia-Rechts durchsetzen und | |
einen islamischen Staat am Horn von Afrika errichten. | |
Die Shabaab-Miliz soll über 5000 bis 9000 Kämpfer verfügen, ihr Anführer | |
ist seit 2014 Ahmed Umar Dirieh alias „Abu Ubaida“. Seit 2012 ist sie | |
offiziell mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbunden; eine kleine Minderheit | |
schloss sich jvor kurzem der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) an. | |
## 13 Anschläge in vier Jahren | |
Einer AFP-Zählung zufolge gab es in Somalia seit 2015 insgesamt 13 größere | |
Anschläge mit jeweils mehr als 20 Todesopfern, davon allein elf in | |
Mogadischu. Sie wurden allesamt mit Autobomben verübt. | |
Der bislang blutigste Anschlag in der Geschichte des Lands wurde im Oktober | |
2017 verübt: Damals wurden 512 Menschen bei der Explosion eines mit | |
Sprengstoff beladenen Lastwagens getötet, rund 300 weitere Menschen wurden | |
verletzt. Bis heute bekannte sich niemand zu dem Anschlag, doch machen die | |
Behörden ebenfalls die Al-Shabaab-Miliz verantwortlich. | |
Der Augenzeuge Abdurrahman Yusuf sagte, die Explosion vom Samstag erinnere | |
ihn an den Anschlag von 2017. „Diese ereignete sich nur wenige Schritte | |
davon entfernt, wo ich bin, und sie schlug mich zu Boden mit ihrer Wucht. | |
Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so eine Explosion gesehen“, sagte | |
er. | |
Der Anschlag weckte Zweifel, ob das somalische Militär in der Lage sein | |
wird, in den kommenden Monaten die Verantwortung für die Sicherheit im Land | |
zu übernehmen. Bislang sind dort Streitkräfte der Afrikanischen Union im | |
Einsatz. | |
28 Dec 2019 | |
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