| # taz.de -- Neues Album von Stormzy: Risiken des Ruhms | |
| > „Heavy is the Head“ heißt das neue Werk von Britrapstar Stormzy. Darauf | |
| > verhandelt der König des Grime die Folgen seiner Prominenz. | |
| Bild: Nicht mehr als Zacken in der Krone: Stormzy | |
| „Heavy is the Head“ ist eine klassische Ich-Erzählung. Darin geht es um den | |
| Alltag von Stormzy, der rappenden Persona des 26-jährigen Michael Omari: | |
| Geboren in eine Familie in einem ärmeren Viertel von Südlondon, von der | |
| Schule geflogen, aber mittlerweile auf dem Cover des Time magazine. So | |
| regiert der König die britische Rap-Szene. | |
| Gekrönt wurde Stormzy im Sommer, auf einem Bauernhof im Westen Englands, | |
| vor 200.000 Zuschauern. Auf der Hauptbühne des Glastonbury-Festivals rappte | |
| er „[1][Fuck the Government, fuck Boris]“, ließ einen Gospelchor auftreten | |
| und zollte minutenlang Respekt an die MCs, die den Weg für seinen Aufstieg | |
| zum erfolgreichen Rapper bereitet haben. | |
| Während des Auftritts trug er eine kugelsichere Weste mit | |
| Union-Jack-Flagge, designt von Streetart-Künstler [2][Banksy]. „When Banksy | |
| put the vest on me, I felt like God was testing me“ – Gotteswerk sei der | |
| Auftritt gewesen, rappt der bekennende Christ auf „Heavy is the Head“, | |
| seinem zweiten Album. Denn die Krone sitzt schwer auf seinem Kopf. „Heavy | |
| is the Head“ behandelt aber auch die Schattenseiten des Ruhms. | |
| ## Vom Schulabbrecher zum Stiftungspräsidenten | |
| Als Schulabbrecher Stormzy Stipendien gestiftet hat, um zwei schwarzen | |
| Jugendlichen ein Studium in Cambridge zu ermöglichen, wurde ihm | |
| „antiweißer“ Rassismus vorgeworfen. Darüber rappt er hier. Er wurde zum | |
| politischen Posterboy, nachdem er die damalige Premierministerin Theresa | |
| May bei den Brit-Awards gefragt hat, warum die Angehörigen der Opfer der | |
| Feuersbrunst im Westlondoner Hochhaus [3][Grenfell Tower] noch nicht | |
| entschädigt wurden. | |
| Auch über diese Ungerechtigkeit rappt er hier. Und da ist da noch die | |
| Trennung von seiner langjährigen Freundin, der Moderatorin Maya Jama, die | |
| in aller Öffentlichkeit stattgefunden hat. Auch darüber rappt er hier – und | |
| entschuldigt sich: „I poured it down the drain“ – ihre Liebe habe er in d… | |
| Abfluss gespült. | |
| All diese Episoden stützen Stormzys Herrschaft im Boulevard, genau wie in | |
| den Leitmedien. Aber die Krone sichert sich ein MC nur, wenn er auf dem | |
| Terrain erfolgreich ist, auf dem sich auch sein Volk bewegt: dem | |
| Grime-Battle. Stormzy duelliert sich dafür mit Aitch, einem MC aus | |
| Manchester. Wortwitze, Slangausdrücke und Referenzen auf Konkurrenten | |
| machen ihr Duell zu den besten zweieinhalb Minuten eines Albums, das | |
| ansonsten einige Längen hat. | |
| ## Fehlende Konzentration | |
| „Heavy is the Head“ leidet unter dem Problem jeder Monarchie: Dem König | |
| lässt man zu viel Stuss durchgehen. Stormzys Debütalbum „Gang Signs & | |
| Prayer“ war eine perfekt orchestrierte Mischung aus Grime, Gospel und R&B. | |
| „Heavy is the head“ fehlt nun aber die Konzentration. Stormzys Reime sind | |
| oft ziellos, die R&B-Anleihen ächzen vor Pathos. | |
| Und wer wie Stormzy gemeinsam mit Ed Sheeran und [4][Afrobeats]-Star Burna | |
| Boy einen Song komponiert, erzeugt damit zwar eingängiges, aber | |
| vernachlässigbares Radiopopfutter. Das bricht zwar einen Zacken aus | |
| Stormzys Krone, aber machen wir uns nicht vor: Stürzen wird den | |
| charismatischen Alleinherrscher so schnell niemand. Schon allein, weil er | |
| so charmant wirkt. | |
| 20 Dec 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Werthschulte | |
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