| # taz.de -- CDU-Bundesparteitag und Netzausbau: Hohe Hürden für Huawei | |
| > Huawei will das deutsche 5G-Netz aufbauen. Doch die Sorge vor Spionage | |
| > ist groß. Die CDU will die Debatte gegen Merkels Willen im Bundestag | |
| > führen. | |
| Bild: Karte hoch: Etwa 1000 Delegierte stimmten am letzten Tag des Parteitags a… | |
| Leipzig taz | Der Parteitag läuft am Samstag noch keine Stunde, da wird die | |
| Wortwahl auf dem Podium drängend und besorgt: Ein Antrag steht an. Am | |
| Rednerpult steht der frühere Umweltminister Norbert Röttgen. „Das ist nach | |
| meiner Einschätzung eine der weitreichendsten strategischen | |
| Weichenstellungen, die in unserem Land zu treffen sind“, ruft der | |
| Außenpolitiker den Delegierten in der Messehalle zu. | |
| Nach ihm warnt der CDU-Berichterstatter für Spionageabwehr, Christoph | |
| Bernstiel: „Es geht um die Frage: Wie weit wollen wir der kommunistischen | |
| Partei den Zugriff auf den Netzausbau gewähren?“ Und auch Philipp Amthor | |
| appelliert: „Ich will mich in zehn Jahren nicht fragen lassen, warum wir | |
| bei diesem Thema unsere digitale Souveränität verspielt haben.“ Die Reden | |
| treffen auf großen Applaus. | |
| Am Ende nehmen die Delegierten den Antrag [1][nahezu einstimmig an]: Beim | |
| Ausbau des deutschen Mobilfunknetzes auf den schnelleren 5G-Standard | |
| sollten nur Unternehmen beauftragt werden, bei denen „eine Einflussnahme | |
| durch einen fremden Staat auf unsere 5G-Infrastruktur ausgeschlossen ist.“ | |
| Eine Entscheidung, die sich zwar in der Wortwahl nicht explizit, aber doch | |
| deutlich gegen den [2][chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei] | |
| richtet. | |
| Mit ihrem Beschluss hat die Partei die Hürden für die Auftragsvergabe nach | |
| China sehr hoch gehängt. Denn groß ist die Sorge vor Spionage, wenn man das | |
| komplette Kommunikationsnetz von einem chinesischen Konzern bauen lässt. | |
| Was, wenn die Staatsführung durchsetzt, dass Sicherheitslücken eingebaut | |
| werden? Was, wenn dann ein autoritärer Staat die komplette Kommunikation in | |
| Deutschland überwacht? Was, wenn China den deutschen Daten- und | |
| Finanzverkehr kontrollieren kann? „Es geht um die Frage: Wem können wir | |
| unser digitales Nervensystem anvertrauen?“, sagt Röttgen eindringlich: „Das | |
| ist eine imminente Frage der nationalen Sicherheit.“ | |
| Deshalb soll nach seinem Vorstoß nun der Bundestag diskutieren, ob Huawei | |
| das deutsche Mobilfunknetz ausbauen soll – oder ob diese Vergabe | |
| kategorisch ausgeschlossen wird. „Diese Frage gehört in den Bundestag und | |
| nicht in irgendein Ministerium“, sagt Röttgen, der seit fünf Jahren | |
| Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag ist. Er und seine | |
| Mitunterzeichner fordern, dass die Technologie in europäischer Hand bleibt | |
| – auch, um die Technologie noch zu verstehen, auf die sich die | |
| Kommunikations- und Datenströme stützen: „Wenn wir das weggeben würden aus | |
| unserer Kontrolle, dann ist es eine Frage von zwei, drei Jahren, bis wir | |
| gar nicht mehr verstehen, was vor sich geht. Das wäre der maximale | |
| Kontrollverlust.“ | |
| ## Kompromissformulierung für den Antrag | |
| Ursprünglich wollten die Delegierten um Röttgen die Auftragsvergabe an | |
| Huawei ganz ausschließen. In einer früheren Version des Antrags hatte es | |
| geheißen, vertrauenswürdig könnten „nur solche Ausrüster sein, die nicht | |
| unter dem Einfluss undemokratischer Staaten ohne funktionierende, | |
| rechtsstaatliche Strukturen stehen“ – was Huawei aus der Vergabe gekickt | |
| hätte. Doch damit hätte die Partei sich gegen ihre Kanzlerin gestellt | |
| hätte, die auch angesichts drohender chinesischer Wirtschaftssanktionen bei | |
| der Vergabe „niemanden von vorneherein ausschließen“ wollte. | |
| Schließlich einigte sich die Parteispitze um Annegret Kramp-Karrenbauer mit | |
| den Initiatoren des Antrags auf eine Kompromissformulierung für den Antrag: | |
| Jetzt sollen nur noch Unternehmen beauftragt werden können, „die einen klar | |
| definierten Sicherheitskatalog nachprüfbar erfüllen, der auch beinhaltet, | |
| dass eine Einflussnahme durch einen fremden Staat auf unsere | |
| 5G-Infrastruktur ausgeschlossen ist.“ Das jedoch dürfte schwierig | |
| nachzuprüfen sein, warnen Experten. | |
| Hinzu kommt, dass Kanzlerin Merkel noch Anfang der Woche bei der | |
| Kabinettsklausur in Meseberg durchblicken lassen haben soll, sich an einen | |
| Parteitagsbeschluss gegen Huawei nicht halten zu wollen. Der Kompromiss, | |
| Huawei nicht auszuschließen, aber die Debatte im Bundestag zu führen, ist | |
| ein strategischer Schachzug. Es ist auch eine Kampfansage gegen die | |
| Kanzlerin und Wirtschaftsminister Altmaier. Aus deren Sicht spricht für | |
| Huawei, dass das Unternehmen nicht nur erfahren im Ausbau ist, sondern ihn | |
| auch günstig durchführen kann. | |
| ## Auch SPD sieht Vergabe kritisch | |
| Schwerer als die Vorteile dürfte die Sorge vor Wirtschaftssanktionen | |
| wiegen, sollte der Konzern für den dortigen 5G-Netzausbau nicht den | |
| Zuschlag bekommen. Im Hinblick auf ein solches Szenario sagt Christoph | |
| Bernstiel, der mit Röttgen und zahlreichen Delegierten den Antrag gestellt | |
| hatte: „Wenn es so ist, dass wir nicht mal mehr über sicherheitspolitische | |
| Fragen reden können, ohne Angst vor Handelssanktionen zu haben, wie | |
| erpressbar sind wir denn dann geworden?“ | |
| Eine Debatte im Bundestag mit dem Ende, dass Huawei aus dem Rennen fliegt, | |
| ist durch den Parteitagsbeschluss wahrscheinlich geworden, denn auch der | |
| Koalitionspartner SPD sieht eine mögliche Vergabe an den Konzern kritisch. | |
| Für Merkel wäre das nicht nur eine Niederlage nach ihrem Plan, das | |
| Parlament aus der Entscheidung herauszuhalten. Der Regierung würde auch ein | |
| Handelsstreit mit China drohen. Vor diesem Szenario bleibt spannend, ob die | |
| Regierung vor den Drohgebärden des Konzerns einknickt – und aus Sorge vor | |
| Handelssanktionen ermöglicht, dass derselbe Konzern den Netzausbau | |
| übernimmt. | |
| 23 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Helke Ellersiek | |
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