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# taz.de -- Bauchpinseln bei R2G
> Nach fast 100 Tagen im Amt ist die Regierung trotz aller Probleme bei
> Wirtschaft und Finanzen mit sich zufrieden. Die CDU sieht das natürlich
> ganz anders
Bild: In der Bürgerschaft ist die CDU die stärkste Kraft – in der Regierung…
Von Alina Götz und David Siegmund-Schultze
Früher, sagt Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) am Donnerstag im
Rathaus, gab es eine 100-Tage-Schonfrist für Regierungen, „heute soll man
nach hundert Tagen schon liefern“. Dennoch blicken Bovenschulte,
Bürgermeisterin Maike Schaefer (Grüne) und Wirtschaftssenatorin Kristina
Vogt (Linke) positiv auf die ersten Monate ihrer Regierung zurück. „Wir
halten unser Versprechen, eine Koalition der Gemeinsamkeiten und nicht des
Wettbewerbs zu sein“, so der Bürgermeister und nennt Erfolge: Drei neue
Kitas seien bisher eröffnet worden, mit der Razzia gegen den Verein
„Phalanx 18“ in dieser Woche habe man ein Zeichen gegen rechts gesetzt, die
Überstunden der Polizei wurden endlich ausgezahlt.
## CDU bemängelt „unwichtige Themen“
Die CDU sieht das naturgemäß ganz anders und wirft der Regierung
Unterlassen vor. R2G beschäftige sich nur mit unwichtigen Themen wie der
Entkriminalisierung von Schwarzfahren und Cannabis, heißt es beim
Oppositionsführer. „Ein Neuanfang sieht anders aus“, sagt der
CDU-Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder. „Mit uns hätte es den gegeben.“
Die Konservativen kritisieren, dass die Politik der Regierung nicht
unternehmerfreundlich genug sei. Darauf führt Meyer-Heder auch die jüngsten
Fälle von Stellenabbau und gescheiterten Firmenansiedlungen in Bremen
zurück, auch wenn er zugibt, dass es sich hierbei teilweise um „Erblasten“
der rot-grünen Regierung der vergangenen Legislaturperiode handele.
Nichtsdestotrotz sei von der aktuellen Regierung zu wenig für die
Ausweisung von Gewerbeflächen getan worden.
Senatorin Vogt weiß, dass es an Gewerbe- und Wohnflächen mangelt. Man habe
sich aber bereits mit den Kammern, den Unternehmen und der Wissenschaft
getroffen. Zudem wurden Studien in Auftrag gegeben, um neue Gewerbeflächen
auszumachen. Dass Bremen als industrielles und exportorientiertes
Bundesland an nicht beeinflussbaren Umständen wie die Handelsrestriktionen
der USA oder dem Brexit leide, sei zudem logisch. „Die Industrie wird
massiv Beschäftigte verlieren“, sagt Vogt.
Thyssen Krupp hatte am Mittwoch verkündet, 300 Arbeitsplätze zu streichen –
das überrascht Vogt auch nicht. „Mit der Abkehr vom Verbrennungsmotor wird
das weltweit passieren und hier auch Mercedes bald betreffen.“ Mit der
Elektromobilität und Wasserstoffenergiegewinnung möchte sie Branchen
fördern, um dem Wegfall der Arbeitsplätze zu begegnen. In Bremerhaven sei
zuletzt ein neues Wasserstoffprojekt genehmigt worden, das Anwendungstests
dieser neuen Energieform durchführt. Mit den hohen Arbeitslosenzahlen werde
man sich jedenfalls nicht einfach abfinden, betont Bovenschulte.
## Herausforderung Haushalt
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp hat es vor allem auf die
Haushaltspolitik des Regierungsbündnisses abgesehen. Die sich „in Trance“
befindende Regierung steht noch bis Mitte 2020 ohne festgelegten Haushalt
da, ihre Mittel für größere politische Projekte sind somit knapp. Und
selbst diese ohnehin schon „kleinen fiskalischen Handlungsspielräume“
würden nicht genutzt, beanstandet er. So brauche es etwa im Ausbau der
Bildungsinfrastruktur dringende Beschlüsse.
Dass die finanziellen Spielräume „durch die Ereignisse der letzten Wochen
nicht größer geworden“ sind, sieht auch Bovenschulte. Bei den
Haushaltsberatungen werde man festlegen müssen, wie groß die Schritte in
den einzelnen Projekten werden. „Das wird bestimmt sehr intensiv und
interessant“, umschreibt er die anstehenden Konflikte. Die Eckwerte für den
neuen Haushalt seien unter Einhaltung der Schuldenbremse aber inzwischen
aufgestellt, so Schaefer.
Röwekamp findet, dass sich die Regierung viel zu stark mit sich selbst
beschäftige: Vor allem in ideologische Streitigkeiten fließe viel Zeit. Die
Linke halte er für ein Sorgenkind der Koalition, deren Parteibasis sich mit
der Forderung nach einem Mietendeckel gegen Richtlinien des
Koalitionsvertrages ausgesprochen habe. Das stimme so nicht, sagt Vogt, ihr
sei nur der Beschluss zu einer Prüfung dieses Instruments bekannt – was so
sehr wohl im Koalitionsvertrag stehe.
Dass es diese ideologischen Konflikte gebe, streitet die Regierung ab.
„Sonst hätten wir das ja alles gar nicht schaffen können“, sagt Schaefer.
Die Atmosphäre und das Vertrauen sei zudem sehr gut, was laut Vogt nicht
zuletzt an den regelmäßigen Treffen der drei Regierungsführer*innen liege.
Auch auf Bundesebene habe die Regierung Impulse setzen können: So habe man
die Idee eines Zukunftsfonds für die Stahlindustrie eingebracht, bei der
Umweltkonferenz der Länder konnte man ein gemeinsames Nein zu dem
1.000-Meter-Abstandsgebot von Windkraftanlagen erreichen. Auch politischer
Wille beim Kohleausstieg soll auf Bundesebene gezeigt werden. „Nicht alles
kostet Geld“, so Schaefer.
22 Nov 2019
## AUTOREN
Alina Götz
David Siegmund-Schultze
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