# taz.de -- Verfahren in Schottland: Brexit-Knoten für Boris Johnson | |
> Kann ein Brexit-Aufschub auch ohne Zutun des britischen Premierministers | |
> Realität werden? Ein schottisches Gericht berät am Montag darüber. | |
Bild: Hoffnungsvolle Protestierende: Das schottisches Rechtsprinzip soll den No… | |
Berlin taz | Wird Boris Johnson den Brexit nun doch über den 31. Oktober | |
hinaus verschieben? Verwirrung herrscht, seit am Freitagnachmittag [1][die | |
Nachricht „Johnson will notfalls doch Brexit-Verschiebung beantragen“] die | |
Runde machte. | |
In manchen Berichten las sich das so, als habe der britische | |
Premierminister seinen Widerstand gegen [2][das Gesetz] aufgegeben, das das | |
Parlament im September verabschiedet hatte und das den Regierungschef | |
verpflichtet, die EU um einen Aufschub des britischen EU-Austritts um drei | |
Monate zu bitten, wenn bis zum 19. Oktober keine Einigung über den Brexit | |
mit der EU erzielt und vom britischen Parlament abgesegnet worden ist. | |
Das wäre eine Kehrtwende um 180 Grad. Erst am vergangenen Mittwoch [3][vor | |
dem Tory-Parteitag] und dann am Donnerstag vor dem Unterhaus hatte Johnson | |
sich erneut zum EU-Austritt am 31. Oktober bekannt. | |
Doch noch am Freitagnachmittag stellte Johnson per Twitter klar: „Neuer | |
Deal oder No Deal – aber kein Aufschub.“ Und in einem am Sonntag | |
veröffentlichten Zeitungsbeitrag bekräftigte der Premierminister: „Es wird | |
keine Verzögerung mehr geben. Am 31. Oktober werden wir den Brexit | |
vollziehen.“ | |
Was denn nun? Die Nachricht vom Freitag war nicht so eindeutig, wie es | |
zunächst aussah. Sie bezog sich auf die – unveröffentlichte – Stellungnah… | |
der Regierung in einem Verfahren, das Brexit-Gegner in Schottland | |
angestrengt haben. | |
## Zwangsmaßnahmen gegen Johnson? | |
Im schottischen Recht gibt es den Grundsatz nobile officium, | |
umgangssprachlich unter Juristen als „Nob Off“ bekannt, wonach ein Gericht | |
die genauen Schritte zur Umsetzung eines Rechtsbeschlusses festlegen und | |
selbst vollziehen kann, um Schaden abzuwenden, wenn ansonsten Rechtsbruch | |
droht. Normalerweise findet das Anwendung in Dingen wie Bankrottverfahren – | |
jetzt soll es nach dem Willen der Kläger erzwingen, dass der | |
Brexit-Aufschubantrag auch tatsächlich gestellt wird, notfalls von den | |
Richtern selbst. | |
Im Rahmen der Verhandlung fragte das Gericht also als Erstes die Regierung, | |
ob sie den Brexit-Aufschubantrag zu stellen gedenke – und natürlich sagte | |
die Regierung: Ja. Das heißt aber nicht, dass Johnson einem Brexit-Aufschub | |
zustimmt. Es heißt auch nicht, dass er den fraglichen Brief überhaupt | |
unterschreibt oder dass er danach nicht dafür sorgt, dass die EU den | |
Aufschub ablehnt. | |
Die Kläger fordern nun eine sehr weitgehende Verfügung. Das Gericht selbst | |
soll den Brexit-Aufschub beantragen, und es soll Johnson alle konträren | |
Schritte untersagen – bis hin zum Verbot, andere EU-Mitglieder | |
aufzufordern, eine Brexit-Verschiebung abzulehnen. | |
Eine erste Entscheidung, möglicherweise auch über Zwangsmaßnahmen gegen den | |
Premierminister, wird noch für Montag erwartet. Wie verfassungsgemäß all | |
das wäre, müsste dann vermutlich das oberste Gericht klären. | |
Und womöglich hätten die Kläger auch bei der EU den Bogen überspannt. | |
Sollen am Ende britische Gerichte urteilen dürfen, ob eine Ablehnung einer | |
Brexit-Verlängerung durch die EU rechtmäßig wäre? | |
7 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Brexit/!5631296/ | |
[2] /No-Brexit-Gesetz-in-Kraft/!5621151 | |
[3] /Boris-Johnsons-Parteitagsrede/!5631056/ | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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