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# taz.de -- Seenotrettung im Mittelmeer: Malta lässt „Ocean Viking“ anlegen
> Das Seenotrettungsschiff mit 356 Geretteten an Bord darf in Malta
> anlegen. Die Geflüchteten werden auf europäische Staaten verteilt.
Bild: Die 365 Geflüchteten auf dem Rettungsschiff „Ocean Viking“ dürfen a…
Berlin taz | Die 356 aus Seenot geretteten Menschen an Bord der „Ocean
Viking“ dürfen in Malta an Land gehen. Das hat der maltesische
Premierminister Joseph Muscat am Freitag [1][auf Twitter mitgeteilt]. Das
maltesische Militär wird die Personen demnach vom Schiff abholen und an
Land bringen. KeineR der MigrantInnen wird auf Malta bleiben. Gemäß Muscat
haben sich Deutschland, Frankreich, Irland, Portugal, Rumänien und
Luxemburg bereit erklärt, die Menschen aufzunehmen.
Das unter norwegischer Flagge segelnde Rettungsschiff „Ocean Viking“ war
seit zwei Wochen auf dem Mittelmeer unterwegs und hat in vier
Rettungsaktionen insgesamt 356 Menschen aus Seenot gerettet. An Bord
befinden sich zudem 13 MitarbeiterInnen der Seenotsrettungsorganisation SOS
Méditerranée sowie neun medizinische Einsatzkräfte von Ärzte ohne Grenzen.
Die beiden Organisationen charterten das Schiff.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Ärzte ohne Grenzen und SOS
Méditarrenée am Freitag in Berlin wurden die Zustände auf der „Ocean
Viking“ geschildert. Die Unterkünfte auf dem Schiff seien auf 200 Personen
ausgelegt, mittlerweile müssten die Menschen an Deck schlafen. Das
Pressegespräch sollte darlegen, warum die „Ocean Viking“ dringend einen
sicheren Hafen braucht – die Nachricht über die Bereitschaft Maltas zur
Kooperation wurde überraschend während der Pressekonferenz publik.
Malta hatte zuvor bereits die Erlaubnis erteilt, das Schiff in maltesischen
Gewässern betanken zu lassen – diese Erlaubnis allerdings später ohne
Angabe von Gründen zurückgezogen. „Wir sind erleichtert, dass die lange
Tortur für die 356 Menschen bei uns an Bord nun endlich vorbei ist“, sagt
Jay Berger, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen. „Doch war es nötig, ihnen
zwei Wochen quälenden Wartens zuzumuten?“
## Schwer traumatisierte Menschen an Bord
Per Skype wurde zudem der Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Tripolis,
Sam Turner, zugeschaltet: „Die ersten Menschen, die wir gerettet haben,
waren zuvor 40 Stunden auf See gewesen. Sie waren in nicht seetauglichen
Schlauchbooten unterwegs, ihnen war das Wasser ausgegangen. Manche sind
sofort kollabiert, als wir sie an Bord nahmen.“ Die Nahrungsrationen auf
der „Ocean Viking“ hätten noch bis Montagabend ausgereicht.
Zuvor wurden Video- und Audiobotschaften von den ehrenamtlichen
Einsatzkräften auf dem Schiff abgespielt. Stefanie, Hebamme und
medizinische Leiterin an Bord der „Ocean Viking“, schilderte, [2][wie
traumatisiert die Geretteten seien]. Sie erzählte Geschichten von
Messerstichen, Verbrennungen, Schlägen, Explosionswunden und sexueller
Gewalt, die diese Menschen aus ihren Herkunftsländern oder in den
Internierungslagern in Libyen mitbrachten.
„Ich arbeite seit fünf Jahren bei Ärzte ohne Grenzen. Mittlerweile frage
ich mich nicht mehr, warum diese Menschen flüchten. Ich frage mich, warum
nach so vielen Jahren immer noch keine Lösung gefunden wurde, warum Europa
zulässt, dass Menschen vor ihrer Haustür ertrinken“, sagte Stefanie in der
Audiobotschaft. Ihren vollen Namen wollte sie aus Angst vor politischen
Anfeindungen nicht preisgeben.
## „Ocean Viking“ will umgehend wieder in See stechen
Auch nachdem auf der Pressekonferenz bekannt wurde, dass Malta die „Ocean
Viking“ anlegen lassen wird, betonten die SeenotretterInnen ein
„systematisches Versagen der europäischen Staaten im Mittelmeer“. Italien
zum Beispiel hatte nicht auf die Anfragen der „Ocean Viking“ reagiert. „D…
führt nur dazu, dass mehr Menschen sterben müssen“, führte Turner aus.
Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen, findet, dass die
„Situation so nicht hinnehmbar sei, dass bei jedem Seenotrettungsschiff neu
diskutiert werden muss.“ Die Lage sei ähnlich absurd, wie wenn in
Deutschland bei jedem Verkehrsopfer diskutiert werden müsse, in welches
Krankenhaus dieses gebracht werden müsse. „Damit darf keine europäische
Regierung durchkommen und das darf nicht zur Normalität werden.“
Ärzte ohne Grenzen erneuerten im Nachgang an die Pressekonferenz ihre
Forderungen nach einer nachhaltigen , proaktiven Seenotrettung durch die
EU, einem Ende der Zwangsrückführungen nach Libyen und eines Stopps der
Strafmaßnahmen gegen NGOs, die sich an der Seenotrettung beteiligen.
Da derzeit kein weiteres Seenotrettungsschiff auf dem Mittelmeer verkehrt,
wird die „Ocean Viking“ umgehend nach dem Ausschiffen der Geretteten wieder
in See stechen. „Nach dem Ausschiffen der Geretteten werden wir einen Hafen
anlaufen, um aufzutanken, Güter zu laden und die Crew zu wechseln“, so
Einsatzleiter Berger. „Solange Menschen weiter aus Libyen fliehen und
ertrinken, werden wir uns dafür einsetzen, Leben auf See zu retten.“
23 Aug 2019
## LINKS
[1] https://twitter.com/JosephMuscat_JM/status/1164837852116504578
[2] /Lage-auf-der-Open-Arms-eskaliert/!5618780
## AUTOREN
David Rutschmann
## TAGS
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