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# taz.de -- Schulpolitik Berlin: Von Ruhe keine Rede
> Am Freitag demonstrierte vor der Bildungsverwaltung eine kleine Gruppe
> gegen die Abberufung der umstrittenen Schulleiterin der
> Johanna-Eck-Schule.
Bild: Hat durchgegriffen: Schulsenatorin Sandra Scheeres
Es war eine sehr überschaubare Protestveranstaltung. „Wir wollen Frau
Özhan-Erhardt zurück“ – ein knappes Dutzend Leute, darunter die
Gesamtelternvertreterin der Johanna-Eck-Schule stand am Freitag mit
bemalten Pappen vor der Senatsbildungsverwaltung in Mitte. Mengü
Özhan-Erhardt, seit 2016 Direktorin der Johanna-Eck-Sekundar-Schule in
Tempelhof, war vergangene Woche von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD)
beurlaubt worden. Anlass war dem Vernehmen nach, dass die Direktorin in dem
lange schwelenden Konflikt um ihre Person Verbündete um sich geschart und
in Freund-Feind-Schemata agiert haben soll. „Die Schule muss zur Ruhe
kommen, nachdem nun auch die Sozialarbeiter weg sind“, sagte Martin
Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung, am Freitag am Rande der
Protestveranstaltung zur taz.
Rund 20 Lehrkräfte haben die Schule wegen der Direktorin verlassen. Nun hat
auch der soziale Träger Kids e. V., der dort seit 2006 für die Sozialarbeit
verantwortlich ist, seinen Rückzug verkündet. Anfang August teilte Kids e.
V. mit, man werde den ausgelaufenen Vertrag nicht verlängern. In einer
Pressemitteilung heißt es: Vorstand, Geschäftsführung und Team bedauerten,
dass die „gute und wertvolle Arbeit nicht fortgeführt werden kann“. Doch
„die unterschiedlichen Interessen“ ließen „eine effektive und
zielgerichtete Schulsozialarbeit nicht mehr zu“, schreibt der Verein. Auf
eine taz-Anfrage, was das genau bedeute, antwortet der Träger nicht.
Tatsächlich ist die Lage an der Johanna-Eck-Schule verfahren, und je
nachdem, mit wem man spricht, wird der Quasirausschmiss der Schulleiterin
sehr unterschiedlich bewertet. Eltern, SchülerInnen und Kollegium stehen
nach Auskunft der Gesamtelternvertretung (GEV) mehrheitlich zu der
Schulleiterin.
Tatsache ist allerdings, dass unter der Leitung von Özhan-Erhardt bis zu
den Sommerferien nicht nur zahlreiche LehrerInnen gekündigt haben, wie auch
die Elternvertreterin Ayse Zammar bestätigt. Bei der letzten Runde der
Oberschulanmeldungen im Frühjahr meldeten sich kaum noch Kinder an – von
rund 90 Plätzen blieb zunächst mehr als die Hälfte unbesetzt. Zammar ist
Mitglied der GEV, die nach den Sommerferien neu gewählt worden ist. Die GEV
setzt sich für die Rückkehr Özhan-Erhardts ein und hatte zu den Protesten
vor der Bildungsverwaltung aufgerufen.
Einige der LehrerInnen, die gekündigt hatten, beklagten sich dagegen
öffentlich in der Presse über den Führungsstil von Özhan-Erhardt.
Vorgeworfen wird ihr unter anderem ein Freund-Feind-Denken kultiviert und
das Konfliktmanagement der Schule umgekrempelt zu haben. Das System, dass
SchülerInnen zu StreitschlichterInnen („Guardian Angels“) ausgebildet
werden, sei ersetzt worden durch eine „Sozialstation“, die durch
SozialarbeiterInnen besetzt worden sei, bestätigt auch die
Elternvertreterin.
Zammar sagt aber: „Die Schulleiterin hat viele sehr gute Neuerungen
angestoßen.“ So gebe es inzwischen eine Schülersprecherwahl und einen
Klassenrat – ein Mitbestimmungsgremium für die SchülerInnen im Dienste der
Demokratiebildung. Özhan-Ehrhardt habe die Eltern außerdem eingeladen, im
Unterricht zu hospitieren.
Die Abschaffung der „Guardian Angels“ findet Zammar eher positiv: „Die
Schüler waren mit vielen Konflikten einfach überfordert, das können die
Sozialarbeiter besser lösen.“
Gerade sei an der Schule Ruhe eingekehrt gewesen, bedauert auch Barbara
Ganzke von der GEV bei der Minidemonstration am Freitag, dass Özhan-Erhardt
von den Amtsgeschäften entbunden worden ist.
Heikel wird die Beurlaubung der Schulleiterin vor allem durch die Tatsache,
dass sie einen türkischen Migrationshintergrund hat. LehrerInnen äußerten
in der taz die Vermutung, Özhan-Erhardt sei auch deshalb im Kollegium immer
wieder angeeckt, weil einige mit einer türkischen Frau auf dieser Position
nicht umgehen konnten.
Der Rassismusvorwurf – gerechtfertigt, oder lenkt er in diesem Fall davon
ab, dass eine Schulleiterin einfach ihren Job nicht gut gemacht hat?
Die Johanna Eck Schule wird in den nächsten Jahren zur Gemeinschaftsschule
ausgebaut. Gesucht wird nach Angaben des Sprechers der Bildungsverwaltung
nun eine erfahrene Schulleitung, die die Schule „wieder auf einen guten Weg
bringt“.
30 Aug 2019
## AUTOREN
Anna Klöpper
Plutonia Plarre
## TAGS
Sandra Scheeres
Schwerpunkt Rassismus
Schule gegen Rassismus
Schule
Quereinsteiger
Senatsverwaltung für Bildung
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