# taz.de -- Eskalation in Hongkong: Verheerende Radikalisierung | |
> Auf die Forderung nach Unabhängigkeit Hongkongs wird sich Peking nie | |
> einlassen. Die autoritäre Führung würde die Proteste eher blutig | |
> niederschlagen. | |
Bild: Ein Teilnehmer der Demonstration am Sonntag in Hongkong | |
Es wird immer hässlicher in Hongkong. Jetzt hat ein mit Metallstangen und | |
Schlagstöcken bewaffneter Mob friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten | |
bei ihrer Rückkehr von einer Demokratie-Kundgebung in einem [1][Bahnhof | |
brutal attackiert und sie krankenhausreif geschlagen]. Einer von ihnen | |
schwebt in Lebensgefahr. | |
Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei den Schlägern um Angehörige der | |
Hongkonger Mafia handelt, von denen bekannt ist, dass sie enge Beziehungen | |
zum chinesischen Festland pflegen, ist groß. Und dass diese Triaden | |
womöglich gar im Auftrag Pekings gehandelt haben, ist ebenfalls nicht ganz | |
abwegig. | |
Zuzutrauen ist ein solches Vorgehen der kommunistischen Führung jedenfalls. | |
Vor drei Jahren hat sie bereits Buchhändler von Hongkonger Boden aus in die | |
Volksrepublik verschleppen lassen, weil sie ihr zu Peking-kritisch waren. | |
Sie tauchten Wochen später im chinesischen Staatsfernsehen mit erzwungenen | |
Geständnissen auf. Rechtsstaatlich geht es in der Volksrepublik auch | |
weiterhin nicht zu. Und immer weniger auch in ihrer Sonderverwaltungszone | |
Hongkong. | |
Doch auch der Protest der Hongkonger Bürger scheint sich auf tragische | |
Weise zu radikalisieren. Schon mit der Erstürmung des Parlaments Anfang des | |
Monats, als eine Gruppe von Demonstranten mit Eisenstangen und Rohrzangen | |
das Innere des Gebäudes verwüstete, wurden die Grenzen des zivilen | |
Ungehorsams überschritten, der Hongkongs Demokratie-Protest bis dahin | |
geprägt hatte. | |
So nachvollziehbar die Ungeduld der zumeist jungen Aktivistinnen und | |
Aktivisten ist, die anders als ihre Elterngeneration nicht von Chinas | |
Aufstieg profitieren, sondern unter dem Ansturm reicher Festlandchinesen in | |
ihrer Stadt und dem daraus resultierenden Kostendruck leiden – diese | |
Radikalisierung ist tragisch. | |
Jeder weiß: Auf die Forderung einer Unabhängigkeit Hongkongs wird sich | |
Peking nie einlassen. Die autoritäre Führung würde sich auch nicht davor | |
scheuen, die Proteste blutig niederzuschlagen. Dazu will es Peking | |
sicherlich nicht kommen lassen, aber auszuschließen ist das nicht. | |
Aussichtslos ist der Protest trotzdem nicht. Zwar soll in 28 Jahren | |
Hongkongs Teilautonomiestatus gänzlich fallen. Dann soll die | |
7-Millionen-Einwohner-Metropole eine von Dutzenden chinesischen Großstädten | |
sein. Bis dahin aber für die Rechte zu kämpfen, die den Hongkongern nach | |
dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ verfassungsgemäß zustehen, ist | |
strategisch richtig. Denn bis dahin kann sich noch sehr viel ändern. Nicht | |
zuletzt auch in Peking. | |
22 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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