# taz.de -- Bericht zu Gefängnissen in NRW: Mangel an medizinischer Versorgung | |
> Ein Kommission kritisiert die Lage in Gefängnissen in NRW. Viele | |
> psychisch Kranke sitzen dort monatelang ohne Therapie in | |
> Hochsicherheitszellen. | |
Bild: Fenster der Justizvollzugsanstalt in Remscheid | |
KÖLN taz | Die stationäre psychiatrische Versorgung von 16.000 gefangenen | |
Menschen in NRW sei „völlig unzureichend“. So urteilt eine Kommission von | |
sieben Expert*innen, die die Gefängnisse von Nordrhein-Westfalen (NRW) ein | |
halbes Jahr lang untersucht hat. „Da sitzen akut behandlungsbedürftige | |
psychisch kranke Menschen monatelang in besonders gesicherten Hafträumen. | |
Menschen, die erkennbar völlig außer sich sind“, berichtete | |
Ex-Gefängnischef Michael Skirl. Dies sei auch für die Bediensteten eine | |
große Belastung, die sie den ganzen Tag beobachten müssten, ohne helfen zu | |
können. „Von den Betroffenen ganz zu schweigen.“ | |
[1][Die Kommission, die ihre Ergebnisse am Montagnachmittag vorstellte], | |
war von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) eingesetzt worden. Anlass | |
war ein Brand im Gefängnis von Kleve, bei dem ein unschuldig inhaftierter | |
Mensch aus Syrien starb. | |
Die Opposition im Landtag hatte kritisiert: Die Einberufung der Kommission | |
sei der untaugliche Versuch, einen Untersuchungsausschuss zu verhindern. Zu | |
Verwechslungen, in deren Folge Unschuldige inhaftiert wurden, sollte die | |
Kommission ausdrücklich nicht aktiv werden. Sie werden gesondert | |
untersucht. | |
In dem mehr als 100 Seiten langen Abschlussbericht lobt die Kommission nun | |
engagiertes Personal und gute Suizidprävention – die medizinische | |
Versorgung inhaftierter Menschen sowie den Brandschutz allerdings bemängelt | |
sie sehr deutlich. So würden 160 psychiatrische Behandlungsplätze | |
gebraucht. Auf dem Papier gebe es 60 – tatsächlich zur Verfügung stünden 14 | |
bis 18 Plätze. Man sperre akut Kranke monatelang in Hochsicherheitszellen, | |
bevor sie endlich einen Therapieplatz bekommen. Angesichts des Mangels an | |
Ärzt*innen empfiehlt die Kommission nun Online-Sprechstunden und | |
Telemedizin. | |
## Insgesamt „mehr Licht als Schatten“ | |
Der Vorsitzende der Kommission, Heiko Manteuffel, sagte: Die Kommission | |
habe bei der Untersuchung des NRW-Strafvollzugs insgesamt „mehr Licht als | |
Schatten“ gesehen. Doch auch im Brandschutz hat die Kommission teils | |
schwere Mängel festgestellt. Über die aktuell im NRW-Strafvollzug | |
verwendeten Matratzen sagte Brandschutzexperte Roland Goertz, diese seien | |
„kleingeschnitten tolle Grillanzünder“. Der Austausch der Matratzen sei | |
bisher daran gescheitert, dass man nach „schwer entflammbaren“ Matratzen | |
gesucht habe, die aber nicht mit Hygiene- und Orthopädiestandards vereinbar | |
seien. | |
Ferner bemängelt die Kommission, dass Gefängnismitarbeiter*innen keine | |
Brandfluchthauben zur Verfügung hätten: Solche Hauben sollen im Notfall | |
Mitarbeiter*innen, die in eine brennende Zelle gehen, vor Rauchvergiftungen | |
schützen. | |
Justizminister Biesenbach hat angekündigt, schwerer entflammbare Matratzen | |
sowie die Brandfluchthauben noch dieses Jahr besorgen zu wollen. Am 11. | |
September wird sich der Rechtsausschuss des NRW-Landtags mit dem Bericht | |
befassen. Bis dahin will Biesenbach weitere konkrete Maßnahmen | |
präsentieren. | |
17 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anett Selle | |
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