# taz.de -- Neue DIW-Studie zu Gehältern: 1,8 Millionen ohne Mindestlohn | |
> Auch im Jahr 2017 zahlten viele Firmen weniger als gesetzlich | |
> vorgeschrieben. Die Bundesregierung geht von weniger Betroffenen aus. | |
Bild: Mindestlohn? Nicht alle FriseurInnen erhalten ihn | |
Berlin taz | Viele Firmen verweigern ihren Arbeitnehmer*innen gegen das | |
Gesetz eine faire Bezahlung. „2017 erhielten mindestens 1,3 Millionen | |
Beschäftigte, denen der Mindestlohn eigentlich zugestanden hätte, in ihrer | |
Haupttätigkeit weniger Geld“, sagte Markus Grabka vom Deutschen Institut | |
für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. | |
Das sei eine „konservative Schätzung“, so Grabka. „Hinzu kam rund eine | |
halbe Million Beschäftigte, die in einer Nebentätigkeit weniger als den | |
Mindestlohn erhielten.“ Insgesamt geht es um etwa 1,8 Millionen | |
Arbeitskräfte, die zu wenig verdienten. Aktuellere Angaben als 2017 gibt es | |
bisher nicht. | |
Sie stehen im neuen Wochenbericht des DIW, der am Mittwoch veröffentlicht | |
wurde. Diese Zahlen widersprechen den offiziellen Erkenntnissen des | |
Statistischen Bundesamts. Dort heißt es, dass 800.000 Beschäftigte „einen | |
Stundenlohn von weniger als 8,84 Euro“ bekamen, „obwohl sie prinzipiell | |
unter das Mindestlohngesetz fielen“. Die Angaben des Bundesamts beruhen auf | |
Informationen der Unternehmen. Das DIW hat seine Zahlen dagegen ermittelt, | |
indem es betroffene Arbeitnehmer direkt befragte. | |
Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es hierzulande seit 2015. [1][Seitdem | |
wurde er zweimal angehoben]. 2017 lag er bei 8,84 Euro brutto pro Stunde, | |
jetzt beträgt er 9,19 Euro. Während sich die Auseinandersetzung früher | |
darum drehte, ob das Gesetz Arbeitsplätze kostet, steht nun im Mittelpunkt, | |
ob es eingehalten wird. | |
## Vor allem in Bars, Restaurants und Hotels | |
Die Gefahr, zu schlecht bezahlt zu werden, ist laut DIW besonders in Bars, | |
Restaurants und Hotels hoch. Aber auch Firmen des Einzelhandels, des | |
Reinigungsgewerbes und der Leiharbeit verweigern vielen Beschäftigten den | |
Mindestlohn. Leidtragende sind oft Frauen, Zuwanderer und junge | |
Beschäftigte. | |
Die Zahl derjenigen, denen der Mindestlohn vorenthalten wurde, nahm im | |
Vergleich zu den Vorjahren zu. Das kann damit zusammenhängen, dass | |
Ausnahmeregelungen wegfielen, Firmen die Verbesserungen aber nicht an ihr | |
Personal weitergaben. | |
„Die im Mindestlohngesetz vorgesehenen Kontrollen und | |
Dokumentationspflichten sind zwingend erforderlich“, erklärte eine | |
Sprecherin von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die Regierung | |
will unter anderem mehr Stellen für Kontrolleure beim Zoll schaffen. „Dass | |
Deutschland zeitnah das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung umsetzt“, | |
forderte Stefan Körzell, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund | |
(DGB). | |
Der europäische Gerichtshof urteilte unlängst, dass Unternehmen die | |
[2][Arbeitszeiten ihres Personals komplett dokumentieren] müssen. Dadurch | |
gäbe es weniger Möglichkeiten, die Arbeitszeit hochzuschrauben und den Lohn | |
unter den Mindestbetrag zu drücken. | |
Mehr Stichprobenkontrollen könnten die Lage verbessern. Allerdings dürften | |
auch künftig viele Firmen mit der schlechten Bezahlung durchkommen. Die | |
Beschäftigten beschweren sich nicht, aus Angst, den Job zu verlieren. | |
NaN NaN | |
## LINKS | |
[1] /Zahlen-zu-Folgen-des-Mindestlohns/!5484840 | |
[2] /EU-Richtlinie-zur-Arbeitszeit/!5592736 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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