# taz.de -- WM-Kolumne Gilet jaune: Du sollst nicht vergleichen | |
> Eine Frauen-WM ist total anders, angeblich eine eigene Sportart oder was | |
> weiß ich. Aber war das Spiel jetzt gut oder schlecht? Ich weiß es nicht. | |
Bild: Rätselhafter Vergleich: Kann man den eigenen Augen trauen? | |
Du sollst nicht vergleichen, schreibt der Mainstream; vor allem nicht mit | |
dem Männerfußball. Denn eine Frauen-WM ist total anders, angeblich eine | |
eigene Sportart oder was weiß ich – Alter, vergleich nicht! Und ich weiß | |
jetzt, ich kann das nicht. Ich sitze dann auf dieser adretten Pressetribüne | |
und finde ein Spiel schlecht, was durchaus häufig vorkommt, und im nächsten | |
Moment fühle mich wie Roald Amundsen ohne Kompass, bloß bei recht gutem | |
Wetter in Montpellier. | |
War das Spiel jetzt wirklich schlecht? Oder findest du es bloß schlecht, | |
weil du einfach viel zu viel Männer-Champions-League geguckt hast? | |
Manspoiling statt mansplaining? War es in Wahrheit eine tolle Partie? Und | |
verdammt, ich weiß es nicht. Andererseits habe ich mittlerweile so viel | |
Frauen-WM geschaut, dass ich mich überhaupt nicht mehr erinnern kann, wie | |
Männer-WM eigentlich aussieht. Wie schlecht ist so was noch mal, | |
Männer-Deutschland gegen Algerien? | |
Am Morgen spreche ich mit meinem Gastgeber Nicolas. Ich wohne in einer WG, | |
die ein bisschen so ist, wie diese französischen linksintellektuellen WGs | |
in Filmen immer aussehen, mit Serge-Gainsbourg-Fotobänden und riesigen | |
Klamottenhaufen und Ethno-Möbeln, dem obligatorischen Pulp-Fiction-Poster | |
im Bad, und die Freundin meines einen Gastgebers, der einen | |
Achtziger-Jahre-Pornoschnäuzer trägt, macht gerade Projektarbeit in Niger. | |
Mein anderer Gastgeber, Nicolas eben, ist cool und guckt Frauenfußball. | |
So richtig. Er ist also einer der überschaubar vielen Menschen außerhalb | |
von Sportredaktionen, mit dem man sich über die WM unterhält wie über eine | |
WM, nicht über eine Frauen-WM, und es ist ein unterhaltsamer Kontrast zu | |
den frauenfußballhassenden, wenngleich sehr lustigen Mitbewohnern meiner | |
letzten WG. | |
„[1][Die Italienerinnen, ja, die sind überraschend stark]“, sagt Nicolas | |
sofort, als ich vom letzten Spiel erzähle. [2][Wir reden über | |
Schweden–Kanada], über das vorgezogene Finale Frankreich–USA und über ein | |
Finale Frankreich–Deutschland, von dem er träumt. Er würde dann nach Lyon | |
fahren und versuchen, ein Ticket zu bekommen, weil er’s liebt, nicht, weil | |
er’s wichtig findet. „Wir nehmen dich nur wieder auf, wenn du den Deutschen | |
sagst, sie sollen Frankreich im Finale gewinnen lassen“, schreibt Nicolas, | |
als ich zum zweiten Mal eine Übernachtung anfrage. | |
Dann sagt er, Frauenfußball sei hier in Frankreich noch nie so groß | |
gewesen, selbst sein Vater sei plötzlich Fan. „Das freut mich wirklich für | |
die Frauen.“ | |
27 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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