# taz.de -- UN-Kommissarin in Venezuela: 687 Gründe für eine Rückkehr | |
> Die UN-Kommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, reist aus | |
> Venezuela ab. Die Situation der politischen Gefangenen bleibt in ihrem | |
> Blick. | |
Bild: Sollten im Gespräch bleiben: Michelle Bachelet und Nicolas Maduro | |
BUENOS AIRES taz | Mit der Forderung nach einer Freilassung aller | |
politischen Gefangenen hat die UN-Kommissarin für Menschenrechte, Michelle | |
Bachelet, am Freitag ihren dreitägigen Besuch in Venezuela beendet. | |
Zugleich kündigte sie an, zwei Vertreter ihres Kommissariats dauerhaft in | |
Venezuela zu belassen. Diese sollen über die Einhaltung der Menschenrechte | |
wachen und staatliche Institutionen beraten. | |
„Es war zutiefst schmerzhaft, den sehnlichen Wunsch der Opfer der | |
Angehörigen nach Gerechtigkeit zu hören, angesichts der schwerwiegenden | |
Menschenrechtsverletzungen“, sagte Bachelet kurz vor ihrem Abflug aus | |
Caracas. „Aber auch jener die Opfer politischer Gewalt sind, weil sie das | |
Regimes unterstützen“, fuhr die UN-Kommissarin fort. Sie habe an alle | |
politischen Führer appelliert, an dem von Norwegen errichteten | |
Dialogprozess teilzunehmen. | |
Bachelet war am Mittwoch in Caracas eingetroffen. Während die Regierung | |
ihren Aufenthalt wie einen Staatsbesuch inszenierte, kam es täglich zu | |
Demonstrationen. Dabei forderten die Protestierenden von der | |
UN-Kommissarin, sich nicht vom Regime einlullen zu lassen. Bachelet war in | |
der Vergangenheit von Teilen der rechten Opposition wegen ihrer neutralen | |
Haltung und wegen des ständigen Hinausschiebens eines Besuchs kritisiert | |
worden. | |
Staatschef Nicolás Maduro hatte die UN-Kommissarin bereits im November 2018 | |
eingeladen. Am 23. Januar zeigte Bachelet schließlich ihre Bereitschaft | |
dazu öffentlich, just an dem Tag, an dem sich Juan Guaidó selbst zum | |
Interimspräsidenten ernannte. „Ich werde mit aller Neutralität gehen, um | |
mit allen Parteien zu sprechen, und nicht Teil irgendeiner Strategie sein“, | |
unterstrich sie damals ihre Haltung. | |
## Treffen mit Maduro und Guaidó | |
Am Freitag war Bachelet sowohl mit Maduro als auch mit Guaidó | |
zusammengekommen. Maduro sparte nach dem Treffen nicht mit wolkigen Worten. | |
„Wir haben einen ersten Schritt zur Annäherung an eine flüssige Beziehung | |
der Kooperation bei den Menschenrechten des venezolanischen Volkes getan“. | |
Die Staatsgewalten würden Bachelets Empfehlungen und Hinweise „mit aller | |
Ernsthaftigkeit“ annehmen, so der Staatschef. | |
Zuvor traf sich Bachelet mit Gauidó im Gebäude der Nationalversammlung. | |
„Ihr Besuch ist die ausdrückliche Anerkennung des humanitären Notstands in | |
Venezuela, das sich am Rande einer beispiellosen Katastrophe befindet“, | |
sagte Guaidó danach. Jedoch solle niemand dadurch auf die Lösung der Krise | |
hoffen, wichtig sei, dass Bachelet auf der Freilassung der politischen | |
Gefangenen bestehe, führte Guaidó aus. | |
Zum Auftakt ihres Besuchs hatte sich Bachelet am Mittwoch mit Außenminister | |
Jorge Arreaza getroffen. Dabei legte Arreaza die Sicht der Regierung auf | |
die Lage dar, nach der die seit Oktober 2017 einseitig verhängten | |
Sanktionen für die Verschärfung der Krise verantwortlich seien. In | |
unterschiedlichen Varianten wiederholte sich diese Auffassung bei ihren | |
Treffen mit Verteidigungsminister Wladimir Padrino, Innenminister Néstor | |
Reverol oder dem Generalstaatsanwalt Tarek William Saab. | |
## 687 politische Häftlinge | |
Am Donnerstag hatte sich Bachelet schon mit Angehörigen von politischen | |
Gefangenen getroffen. Sie habe bei dem Treffen geweint, berichtete | |
anschließend der Vater von Juan Requesens, einem inhaftierten Abgeordneten | |
der Nationalversammlung. „Sie hat zugesagt, sich für die Freilassung der | |
politischen Gefangenen einzusetzen“, sagte Guillermo Requesens. | |
Mit vorsichtigem Optimismus äußerte sich auch Alfredo Romero. „Wir konnten | |
die Hohe Kommissarin für die Situation der politischen Gefangenen | |
sensibilisieren“, sagte der Leiter der Menschenrechtsorganisation Foro | |
Penal Venezolano. 30 Gefangenen seien kurz vor oder während des Besuchs von | |
Bachelet freigelassen worden, gab Romero bekannt. Dennoch säßen noch immer | |
687 politische Häftlinge in den Gefängnissen oder in den Zellen von Polizei | |
und Geheimdienst, so Romero. | |
Bachelet hatte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte im September 2018 | |
übernommen. Zuvor war die Sozialistin zweimal Chiles Staatspräsidentin. | |
Während der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) wurde ihre Familie | |
selbst Opfer der staatlichen Gewaltherrschaft. Ihr Vater wurde | |
gefangengenommen und starb 1974 an den Folgen der Folter. Michelle Bachelet | |
und ihre Mutter kamen in ein berüchtigtes Folterzentrum, wurden geschlagen | |
und misshandelt. Nach ihrer Freilassung flohen beide über Australien ins | |
Exil in die DDR. | |
22 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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