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# taz.de -- Wohlfühlbudget in Neuseeland: Vicky Freeman fand kein Glück
> Neuseeland wirbt für seinen neuen Wohlfühlhaushalt. Doch die Frau auf dem
> Cover musste das Land verlassen, weil das Leben dort zu teuer war.
Bild: Vicky Freeman (vorn) lebt inzwischen in Australien
CANBERRA taz | Sie habe „den Schock ihres Lebens gehabt“, als ihre Freundin
sie anrief und sagte, ihr Foto sei das Titelbild der Broschüre zum neuen
Staatshaushalt Neuseelands. Das sagte Vicky Freeman am Donnerstag in den
neuseeländischen Medien. Über Nacht sind die 40-jährige Darstellerin und
ihre Tochter Jean-Ruby (9) zur Schlagzeile geworden. Freeman hat – ohne ihr
Zutun – die Regierung der progressiven Premierministerin Jacinda Ardern
dem Spott ihrer Kritiker ausgeliefert. Denn erklärtes [1][Ziel des
Haushalts ist, das Leben in Neuseeland noch lebenswerter machen]. Freeman
aber ist mit ihrem Kind Neuseeland entflohen. Sie leben heute in
Australien.
Gegenüber den Medien meinte Freeman, sie habe es sich als freies Fotomodell
und gelegentliche Schauspielerin schlicht nicht mehr leisten können, in der
Stadt Auckland zu leben. „Ich bin eine alleinerziehende Mutter“, erklärte
sie, „und bezahlte 500 Dollar (292 Euro) Miete pro Woche. Am Schluss
fehlten mir jeweils 200 Dollar, um uns beide zu ernähren.“
Der Entscheid zum Aufbruch sei gekommen, nachdem sie festgestellt hatte,
dass sie ihrer Babysitterin mehr bezahlte, als sie für ihre eigene Arbeit
als Fotomodell erhielt. „Das war verrückt“, sagte Freeman. Sie packte ihre
Sachen und reiste auf den Nachbarkontinent. Dort hat sie Engagements und
kann sich die Wohnung leisten.
Laut der Regierung hatten Beamte des Finanzministeriums das Foto von einer
Agentur gekauft – wie oft in solchen Fällen, ohne den Hintergrund der
Modelle zu kennen.
Für Regierungschefin Jacinda Ardern ist der „Skandal“, zu dem einige
kritische Medien diese Geschichte aufpumpen, bestenfalls peinlich.
Beeindrucken lassen wird sie sich davon wohl kaum – und schon gar nicht
abbringen lassen von ihrer Mission, Neuseeland zu einem faireren,
gerechteren Land zu machen. Denn das Foto von Vicky Freeman und Ruby-Jean
ziert die Broschüre des ersten „Wohlbefinden“-Haushaltsplans der westlichen
Welt. Milliarden Dollar sollen in die Verbesserung der psychiatrischen
Behandlung von Leidenden gepumpt werden, in Schulen, in den Kampf gegen
Kinderarmut. Alle Ministerien müssen künftig bei ihren Strategien den
Vorgaben dienen.
## Immobilienboom macht Wohnen unerschwinglich
Eines von vielen Zielen im neuen Haushaltsplan ist es, mittels
verschiedener Maßnahmen die prekäre Wohnsituation zu verbessern, mit der
sich viele NeuseeländerInnen konfrontiert sehen. Ein von Spekulation
getriebener Immobilienboom hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass
es sich Durchschnitts- und Geringverdiener kaum noch leisten können, eine
Wohnung zu mieten, geschweige denn, sich eine Immobilie zu kaufen. Tausende
leben bei Freunden, andere im Auto oder auf der Straße.
Vicky Freeman kann also hoffen, dereinst wieder nach Auckland zurückkehren
zu können. Über Nacht ist sie zum Star geworden. Und das wegen eines
Dokuments, das normalerweise so langweilig ist, dass es nur jene lesen, die
es wirklich müssen.
30 May 2019
## LINKS
[1] /Neuseeland-definiert-Staatshaushalt-um/!5596523
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Jacinda Ardern
Neuseeland
Haushalt
Wohnungslosigkeit
Vulkane
Jacinda Ardern
Neuseeland
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