# taz.de -- Prozess in der Türkei: Adil Demirci darf nicht nach Hause | |
> Der Vorwurf des Istanbuler Gerichts lautet Terrorismus – Adil Demirci | |
> bestreitet das. Der Kölner Sozialarbeiter darf die Türkei bis zum Ende | |
> des Prozesses nicht verlassen. | |
Bild: Adil Demirci im Istanbuler Gerichtsgebäude Caglayan. Im Oktober muss er … | |
Istanbul dpa | Der wegen Terrorvorwürfen angeklagte Kölner Sozialarbeiter | |
Adil Demirci muss weiter in der Türkei bleiben. Ein Gericht in Istanbul | |
lehnte während der dritten Verhandlung im Verfahren am Dienstag einen | |
Antrag auf Aufhebung der Ausreisesperre ab. Der 33-jährige Demirci war | |
Mitte Februar nach rund zehn Monaten [1][aus der Untersuchungshaft | |
freigekommen], darf aber seitdem Istanbul nicht verlassen. Auf den nächsten | |
Verhandlungstermin muss er nun noch einmal fast sechs Monate lang warten: | |
Erst am 15. Oktober soll der Prozess fortgesetzt werden. | |
Demirci reagierte verärgert. „Das ist sehr enttäuschend für mich. Ich hatte | |
damit gerechnet, dass ich heute zurückkehren kann.“ Seine Familie sei „im | |
Schock“. Vor der Verhandlung hatte Demirci gesagt, er wolle sein Leben in | |
Köln wiederhaben und mache sich Sorgen um seine Mutter, die in Deutschland | |
lebt und schwer an Krebs erkrankt sei. „Meine Anwälte und ich hoffen, dass | |
es einen ähnlichen Verlauf nimmt wie bei Mesale Tolu“, sagte er. Die | |
Übersetzerin, die für ähnliche Vorwürfe ebenfalls monatelang [2][in | |
Untersuchungshaft gesessen hatte], durfte im vergangenen Sommer nach | |
Deutschland ausreisen. | |
Demirci, der sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit | |
hat, war im April 2018 während des Urlaubs in Istanbul festgenommen worden. | |
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Mitgliedschaft in der | |
linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vor. Die | |
MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. Demirci, der auch für die | |
linke Nachrichtenagentur Etha gearbeitet hat, weist die Vorwürfe zurück. | |
Der Richter legte am Dienstag aber auch neue Anschuldigungen vor. Er las | |
aus einem Bericht vor, der auf Geheimdienstinformationen basieren soll und | |
in dem von „Kurierdiensten in Syrien und dem Irak“ die Rede ist. Gemeint | |
waren offenbar Kurierdienste für eine Terrororganisation, sagte Anwalt | |
Keles Öztürk. Demirci wies auch diesen Vorwurfs zurück. | |
## Verhandlungen mit viel Publikum | |
Bisher hatte die Staatsanwaltschaft ihre Anklage vor allem darauf gestützt, | |
dass Demirci ab 2013 Beerdigungen von Mitgliedern der MLKP besucht hatte, | |
die in Nordsyrien an der Seite der kurdischen Miliz YPG gegen die | |
Terrormiliz IS gekämpft haben. Demirci selbst bestreitet das nicht. 2013 | |
sei er da zufällig hineingeraten. Später sei er bei Kollegen von Etha | |
mitgegangen. Die Veranstaltungen seien von der Polizei erlaubt gewesen. | |
Sein Anwalt wies darauf hin, dass Demirci damit keine Straftat begangen | |
habe. | |
Demircis Fall wird in Deutschland und seiner Heimatstadt Köln aufmerksam | |
verfolgt. Zu den ersten beiden Verhandlungen waren Landes- und | |
Bundestagspolitiker, Aktivisten und gleich mehrere Vertreter von Demircis | |
Arbeitgeber, dem Internationalen Bund (IB), angereist. Auch weil der | |
vorsitzende Richter irritiert auf die vielen Deutschen im Saal reagiert | |
hatte, fiel die Delegation diesmal kleiner aus. Im Saal saßen Generalkonsul | |
Michael Reiffenstuel, der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich und Anke Brunn aus | |
dem Präsidium des IB. | |
[3][Ähnliche Fälle] hatten ab 2017 die deutsch-türkischen Beziehungen | |
schwer belastet. Prominente U-Häftlinge wie der „Welt“-Reporter [4][Deniz | |
Yücel] oder Mesale Tolu sind aber seitdem freigekommen und ausgereist. Ihre | |
Prozesse laufen weiter. | |
1 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Interview-mit-Adil-Demirci/!5591719 | |
[2] /Journalistin-ueber-ihre-Freilassung/!5552312 | |
[3] /Vorwurf-Mitglied-in-Terrororganisation/!5546020 | |
[4] /Deniz-Yuecel-ist-frei/!5485349 | |
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