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# taz.de -- Doping im Radsport: Blutiges Geschäft
> Der Ermittlungsdruck in der Erfurter Dopingaffäre sorgt für das nächste
> Geständnis. Ex-Radprofi Danilo Hondo gibt Eigenblutdoping zu.
Bild: Zu Zeiten seiner Dopingära: Danilo Hondo bei der Tour de Suisse 2011 vor…
„Ich müsse mir keine Sorgen machen, das sei die sicherste Methode, sagte
er, und dass ganz viele Athleten das betreiben.“ So schildert Ex-Radprofi
Danilo Hondo die Argumente des Sportarztes. Er habe ihn kaum gekannt, der
Arzt habe ihm das Angebot unterbreitet. Ob das so stimmt, dieser Nachweis
steht freilich noch aus. Erst sei er, Hondo, skeptisch gewesen, dann aber
habe seine Ablehnung sich verflüchtigt. Schließlich habe er Ja gesagt zu
Blutdoping.
In der Dopingaffäre um den Erfurter Sportarzt Mark Schmidt ist am Sonntag
ein weiterer prominenter Name öffentlich geworden. Der deutsche Ex-Radprofi
und Bahnrad-Weltmeister Danilo Hondo hat gegenüber der ARD gestanden, dass
er im Jahr 2011 Blutdoping betrieb. Er habe darauf gehofft, durch Doping
noch länger oder besser fahren zu können, vielleicht auch einen besseren
Vertrag zu bekommen.
Hondo behauptet auch, Sportarzt Schmidt habe ihn unter Druck gesetzt. „Er
hatte dann schon vehement versucht, Druck auszuüben, dass das schon eine
Geschichte ist, die Sinn macht, die doch sehr weit verbreitet ist“, sagte
der gebürtige Cottbusser gegenüber dem Sender. „Dann habe ich
schlussendlich leider Gottes den großen Fehler meines Lebens getan und
dieser Geschichte zugestimmt.“ Nach eigenen Angaben beendete er die
illegale Leistungssteigerung Anfang 2012, weil er eher negative Effekte
gespürt und außerdem Skrupel gehabt habe.
Hondo ist einer der bekannteren Namen, aber bei Weitem nicht der Einzige,
gegen den aktuell ermittelt wird. In den vergangenen Monaten sind einige
Details rund um das Dopingnetzwerk des Erfurter Sportarztes Mark Schmidt
aufgeflogen. Jahrelang soll Schmidt als Kopf eines weltweiten Netzwerks
agiert haben.
Der Skandal, einer der größten seit der russischen Staatsdoping-Affäre,
erschütterte auch die verbreitete Illusion, dass es sich hierzulande um
Einzeltäter handle. Als Kronzeuge löste der österreichische Skilangläufer
und Doper Johannes Dürr die Ermittlungen aus. Und dopte kurioserweise
zeitgleich bis mindestens Ende 2018 weiter, dann flog er erneut auf. „Da
kämpft der Mensch Johannes gegen den Leistungssportler, die kämpfen die
ganze Zeit. Der eine sagt, das ist nicht richtig, der andere sagt, das muss
aber so sein“, so beschrieb Dürr dieses Paradox.
Auch Hondo ist ein alter Bekannter in Sachen Doping: 2005 war er schon
einmal positiv getestet worden. Der Fall war allerdings uneindeutig, weil
die Menge unter der Wirksamkeitsgrenze lag, auch solche Ungenauigkeit ein
Problem bei Doping-Ermittlungen. Hondo streitet eine Absicht bis heute ab.
Das alte Verfahren scheint ihn nicht abgehalten haben, es 2011 mit Doping
zu versuchen. Wie problematisch der Druck ist, „immer höher, immer weiter“
die eigenen Leistungsgrenzen zu verschieben, lässt sich daran erahnen.
## „Unwahrscheinliche Überzeugungsarbeit“
Hondo war nun zunächst bemüht, die Verantwortung vor allem dem Arzt
anzulasten. Der habe „einfach unwahrscheinliche Überzeugungsarbeit
geleistet“. Mindestens 21 Sportler aus acht Ländern soll Schmidt nach
Ermittlerangaben versorgt haben, einige waren schon während mehrerer
Razzien bei der Nordischen Ski-WM im März aufgeflogen. Am Freitag hatte die
Anti-Doping-Organisation Nada bekannt gegeben, dass auch gegen den
deutschen Ex-Eisschnellläufer Robert Lehmann-Dolle ermittelt wird.
Wie das Dopinggeschäft abläuft, darüber hat nun Danilo Hondo skizzenhaft
berichtet. So soll er eine slowenische oder kroatische Handynummer bekommen
haben, über die er die Termine für Blutentnahme und -Rückführung
organisierte. Die Entnahmen seien in Frankfurt oder in der Schweiz erfolgt,
die Rückführungen am Renntag oder am Vortag.
Beim Blutdoping wird Eigenblut oder das Blut eines Fremden abgenommen. Rote
Blutkörperchen werden dabei konzentriert als Konserve aufbewahrt und vor
dem Wettkampf wieder zugeführt, durch die erhöhte Hämoglobinkonzentration
sind größere Ausdauerleistungen möglich. Ein Verfahren, das Karriere
gemacht hat, weil Eigenblut-Doping am schwierigsten nachweisbar ist.
Mindestens 30.000 Euro im Jahr will Hondo bezahlt haben. Ein freiwilliger
Zeuge ist er auch nicht: Der Sportarzt Schmidt soll Hondos Namen genannt
haben, es liefen offenbar schon Ermittlungen.
13 May 2019
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Doping im Spitzensport
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Erfurt
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Anti-Doping-Agentur
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Johannes Dürr
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