# taz.de -- Gedenkstätte für Hrant Dink in Istanbul: Erinnerung trifft Hoffnu… | |
> Die Gedenkstätte für den ermordeten armenischen Journalisten ist der | |
> erste permanente Erinnerungsort an den armenischen Genozid in der Türkei. | |
Bild: Rakel Dink bei der Gedenkveranstaltung zum neunten Todestag von Hrant Din… | |
„Wir wollen an diesem Ort nicht nur die Erinnerung an meinen ermordeten | |
Mann Hrant Dink bewahren, sondern gleichzeitig einen Ort der Begegnung und | |
der Hoffnung auf eine bessere Zukunft schaffen“, sagte Rakel Dink, die | |
Witwe von Hrant, während der Eröffnung einer Gedenkstätte für den | |
ermordeten Journalisten am Montag. Zwölf Jahre nach der Ermordung von Hrant | |
Dink hat die gleichnamige Stiftung der Öffentlichkeit eine Gedenkstätte | |
vorgestellt, die bislang in der Türkei ohne Beispiel ist. | |
Der Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich vor nunmehr 104 Jahren | |
wird von staatlicher Seite immer noch bestritten. Stellvertretend für das | |
Gedenken an den Genozid hat die Hrant Dink-Stiftung dem bekanntesten | |
armenischen Intellektuellen der türkischen Republik, der genau deshalb | |
ermordet wurde, weil er das Schweigen über den Massenmord an den Armeniern | |
nicht länger hinnehmen wollte, einen Erinnerungsraum gewidmet. | |
Bereits Mitte der neunziger Jahre hatte Hrant Dink gemeinsam mit | |
armenischen und türkischen Freunden die Wochenzeitung Agos gegründet, die | |
sowohl in Türkisch als auch Armenisch erschien und damit den Anspruch | |
anmeldete, aus armenischer Perspektive in der öffentlichen Debatte der | |
Türkei mitzumischen. Hrant Dink als Chefredakteur war mit Agos auch | |
deswegen erfolgreich, weil er zuerst einmal für einen Dialog warb, sich | |
dafür einsetzte, miteinander zu reden, bevor über Schuld und Schuldige | |
gesprochen wurde. Nicht zuletzt wegen des großen Echos, das Agos erzielte, | |
wurde in den 2000er Jahren in der Türkei so offen über den Genozid | |
diskutiert wie nie zuvor in der Republikgeschichte. | |
## Die Grenzöffnung war ein Traum von Hrant Dink | |
Weil das den Nationalisten in allen politischen Lagern des Landes missfiel, | |
wurde der fanatisierte Jugendliche Ogün Samast aus der Schwarzmeerstadt | |
Trabzon nach Istanbul geschickt, um Hrant Dink zu ermorden. Während Samast | |
festgenommen und verurteilt wurde, blieben die eigentlich Verantwortlichen | |
in der Polizei, der Gendarmerie und in der Politik bis heute weitgehend im | |
Dunkeln. | |
Hrant Dink wurde genau vor dem Haus, in dem sich damals die Redaktionsräume | |
von Agos befanden, ermordet. Die Hrant Dink-Stiftung hat diese Räume jetzt | |
wieder angemietet und in eine Gedenkstätte umgewandelt. Angefangen von der | |
Hetze gegen Agos in den nationalistischen Medien bis hin zu den Dokumenten | |
über die jahrelangen Prozesse ist dort alles einzusehen und | |
nachzuvollziehen. | |
Aber auch hoffnungsvolle Entwicklungen sind dokumentiert. Ein armenisches | |
Waisenhaus im Istanbuler Vorort Tuzla, Camp Armen, in dem Hrant Dink groß | |
geworden war und das den Armeniern vor Jahrzehnten abgenommen wurde, ist | |
nach einer erfolgreichen Kampagne dem armenischen Patriarchat wieder | |
zurückerstattet worden und soll nun neu aufgebaut werden. In den Räumen der | |
Gedenkstätte will die Stiftung Workshops für türkische und armenische | |
Jugendliche anbieten, bei denen über eine gemeinsame Zukunft nachgedacht | |
werden soll. Die Öffnung der Grenze zwischen der Türkei und Armenien war | |
immer ein Traum von Hrant Dink. | |
Ein deutsches Künstlerduo hat dieser Entwicklung schon einmal vorgegriffen | |
und Messingtafeln hergestellt, auf denen einmal „Armenische Botschaft“ in | |
der Türkei und „Türkische Botschaft“ in Armenien steht. Rakel Dink hofft, | |
dass solche Plaketten an den entsprechenden Botschaften bald tatsächlich | |
Realität werden. „Die Hoffnung auf eine Verständigung zwischen der Türkei | |
und Armenien ist unsere größte Motivation“, sagte eine Mitarbeiterin der | |
Stiftung. | |
23 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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Türkei | |
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