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# taz.de -- Enttäuschte Fans von Mönchengladbach: Zittern und Mordio
> Die Anhänger schimpfen, der Trainer muss gehen, doch Mönchengladbachs 2:2
> gegen Hoffenheim erlaubt weiter die Hoffnung auf Europa.
Bild: Zum Saisonabschluss ist Fußball Kopfsache: Gladbachs Nico Elvedi (l.), H…
Mönchengladbach taz | Es ist keine ganz neue Erkenntnis, dass Fußballprofis
der Gefahr ausgesetzt sind, in ihrer Blase den Kontakt zur Realität ihres
Publikums zu verlieren. Manchen steigen Reichtum und Ruhm zu Kopf, andere
verschanzen sich aufgrund der Dauerkritik in einer Wagenburg.
Der Mönchengladbacher Torhüter Yann Sommer ist weder noch. Er hat den Ruf,
besonders resistent gegen solche Formen des Realitätsverlustes zu sein.
Nach dem 2:2 gegen die TSG 1899 Hoffenheim standen seine Gefühle jedoch im
krassen Kontrast zu den Empfindungen der Gladbacher Anhänger. „Mir tut das
wirklich gut, das fühlt sich an wie ein Sieg“, erklärte der Schweizer,
nachdem die Borussia in der Schlussphase zwei mal einen Rückstand aufgeholt
hatte und am Ende einen späten Ausgleich von Josip Drmić (84.) bejubeln
konnte.
Draußen jedoch in der Stehplatzkurve wütete der Zorn. Die Anhänger pfiffen
und schimpften. Den rituellen Besuch bei den treuesten Fans nach dem
Abpfiff brachen die Spieler schnell ab, „ich denke, man muss sich auch
nicht alles gefallen lassen“, sagte Matthias Ginter. Die Stimmung in
Mönchengladbach ist kontaminiert von Frust, Zweifeln, Kränkungen und
Enttäuschung auf allen Ebenen in der Endphase dieser Saison. Und alle
hatten ihre Argumente.
Tatsächlich war dieses Unentschieden eine Karikatur des Spielverlaufes.
Hoffenheim hatte ein Dutzend allerbeste Torchancen verjubelt, während die
Borussia in vielen Phasen wirkte wie eine leblose Ansammlung von Fußballern
ohne Energie und Selbstvertrauen. Der scheidende Gladbach-Trainer Dieter
Hecking sprach von „Fehlzündungen im Spielaufbau“, die Defensive
zerbröselte, die Mannschaft war hilflos bei hohen Bällen und hätte zur
Halbzeit viel höher zurückliegen müssen als nur 0:1 durch Pavel Kaderábek
(33.).
## Trainer Dieter Hecking hadert mit der Unruhe
„Wir wollen euch kämpfen sehen“, brüllte das Stadion. Die spät im Spiel
folgende Wende war allerdings keine Folge dieser Aufforderung, vielmehr
waren es die Gäste selbst, die frische Kräfte bei der Borussia weckten.
Manchmal sei „die Psyche von Mannschaften sehr einfach zu erklären“, sagte
Dieter Hecking, „mit jeder Chance, die Hoffenheim nicht genutzt hat, hatte
ich mehr das Gefühl: Wenn wir einmal zurückkommen, dann kriegen wir unsere
Möglichkeiten“. Genauso kam es. Ein mit der Hilfe von Zufällen
zusammengestochertes Tor zum 1:1 durch Ginter stellte das Spiel auf den
Kopf (72.), die Hoffenheimer gingen sogar noch einmal in Führung (Nadiem
Amiri, 79.), aber Josip Drmić gelang ein erneutes unverdientes
Ausgleichstor (84.).
„Mir geht es nach so einem Spiel echt gut, weil ich gemerkt habe, dass wir
noch da sind, dass wir noch dran glauben“, sagte Sommer, der mit Abstand
beste Gladbacher. Man kann das so sehen, die Mehrheit der Fans der Borussia
empfindet aber anders. Hecking ärgert das.
Der Trainer, der seinen Posten im Sommer für den derzeit noch in Salzburg
angestellten Marco Rose räumen muss, hadert seit Wochen mit den
atmosphärischen Unruhen, die rund um die Borussia entstanden sind. Das
Saisonziel, die Qualifikation für den Europapokal, ist immer noch möglich,
sogar eine Champions-League-Teilnahme ist denkbar, eigentlich hätte so ein
Duell mit einem direkten Konkurrenten wie Hoffenheim ein großes Fußballfest
werden können. Doch es fehlen Leichtigkeit und positive Energien. Hecking
schob einen Teil der Schuld dem schimpfenden Publikum zu: „Alle, die dann
kritisch werden, und da gibt es doch einige, müssen sich bewusst sein, was
das mit einer Mannschaft machen kann, das ist manchmal verheerend.“ Aber
auch die Skeptiker im medialen Umfeld dürfen sich angesprochen fühlen.
Unter den Berichterstattern kursiert die Idee einer vorzeitigen
Trainerentlassung als Befreiungsschlag, solch einen Entschluss hatte Max
Eberl jedoch in der vorigen Woche auf der Mitgliederversammlung
ausgeschlossen. Einen „populistischen Trainerwechsel“, werde es nicht
geben, hatte der Sportdirektor erklärt, „das ist nicht der Weg von Borussia
Mönchengladbach“.
5 May 2019
## AUTOREN
Daniel Theweleit
## TAGS
TSG Hoffenheim
Fußball
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Borussia Mönchengladbach
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