# taz.de -- Vorm CL-Halbfinale Tottenham vs. Ajax: Vic Buckingham, der totale P… | |
> Vic Buckingham kickte für Tottenham und war Trainer bei Ajax. Dort hat er | |
> Johan Cruijff entdeckt. Eine Portion Fußballhistorie zur Champions | |
> League. | |
Bild: Vic Buckingham bei Tottenham Hotspur, 1948/49 | |
Vor dem Champions-League-Halbfinale, dessen Hinspiel am Dienstag um 21 Uhr | |
angepfiffen wird, ist [1][Tottenham Hotspur] erst ein Mal auf [2][Ajax | |
Amsterdam] getroffen – in der ersten Runde des Pokals der Pokalsieger 1981: | |
Die Londoner, angeführt von Glenn Hoddle, gewannen sowohl das Hin- als auch | |
das Rückspiel, erzielten sechs Tore. Die Niederländer – nur noch ein | |
Schatten der spielstarken Mannschaft der 1970er Jahre – trafen nur einmal | |
ins Tor. Das war's. Und doch haben die Klubs einen Teil ihrer Geschichte | |
gemeinsam – besser gesagt: Ajax hat Tottenham etwas zu verdanken, etwas für | |
die golden Ära des Klubs durchaus Entscheidendes. | |
Es geht um Vic Buckingham. Das Engagement des Engländers ist in die | |
Geschichte des niederländischen Fußballs eingegangen. Aber so einfach ist | |
die Geschichte dann doch wieder nicht. Faszinierend ist sie in jedem Fall. | |
Als Spieler hat Buckingham trotz seiner 204 Liga-Einsätze für Tottenham | |
Hotspur vor und nach dem Zweiten Weltkrieg nie das höchste Niveau erreicht. | |
Trotzdem war seine Erfahrung an der White Hart Lane von großer Bedeutung | |
für sein weiteres Leben. Denn er konnte die Arbeit von Spurs-Trainer Arthur | |
Rowe von Anfang an beobachten. Rowes revolutionierte das Fußballspiel. | |
„Push and run“ nannte sich seine Spielweise. Sie war von der Fußballschule | |
Ungarns inspiriert, wo Rowe kurz vor dem Krieg gearbeitet hat. | |
Auf der Insel war sie so gut wie unbekannt. In den zwei Saisons nach | |
Buckinghams Rücktritt 1949 gelang Tottenham erst der Aufstieg und dann die | |
Meisterschaft. Mit ihrem flüssigen Ballbesitzfußball hatten die Spurs | |
Englands größere Klubs regelrecht in Panik versetzt. | |
## Schnell und flach | |
Buckingham war schon zu Beginn seiner Karriere unter dem schottischen | |
Trainer Peter McWilliams mit dem Ballbesitzfußball vertraut. Zu seinen | |
damaligen Mitspielern zählten Arthur Rowe selbst und Bill Nicholson, jene | |
Trainer-Legende der Spurs, die in den 60er und 70er Jahren insgesamt elf | |
Titel geholt hat, darunter den Uefa-Cup 1972 und den Pokal der Pokalsieger | |
1963. Als Buckingham 1950 seine Trainerkarriere beim Amateurklub Pegasus | |
AFC Oxford and Cambridge begann, setzte er die Spielphilosophie um, die ihn | |
geprägt hatte: Den Ball schnell und flach laufen zu lassen und so viele | |
Spieler wie möglich anzuspielen. Im Vergleich zum dominierenden | |
„Kick-and-rush“ musste das dem englischen Fußball-Geschmack fremd, sogar | |
verdächtig vorkommen. Jedenfalls funktionierte es: 1951 führte der junge | |
Trainer seinen Klub zum FA-Amateur-Cup-Sieg im ausverkauften Wembley | |
Stadion. 1954 gewann Buckingham seinen ersten Profi-Titel mit Underdog West | |
Bromwich Albion. Zum allgemeinen Erstaunen verließ er den Klub, um bei | |
einem Klub namens Ajax Amsterdam anzuheuern, in dem noch kein | |
professioneller Fußball gespielt wurde. | |
In den Niederlanden waren englische Trainer keine Seltenheit. Doch | |
Buckingham unterschied sich von seinen Kollegen: Er förderte das | |
Kurzpassspiel, das auf Ballbesitz und intelligente Bewegungen ohne Ball | |
aufgebaut war. Er war durchaus überrascht, als er mitbekam, dass die | |
Ajax-Spieler bereits alle Voraussetzungen hatten, um seine Spielphilosophie | |
zu verstehen. Und er hatte Erfolg. Ajax gewann 1960 den Titel. Und dann war | |
da noch etwas: Buckingham entdeckte einen hoffnungsvollen 12-Jährigen aus | |
der Nachwuchsabteilung: Johan Cruijff. | |
Der Engländer hatte eine ganz besondere Beziehung zu dem Jungen: In Cruiffs | |
Autobiographie „Mein Spiel“ ist zu lesen, dass er oft beim Trainer zu Gast | |
war und mit Buckinghams Kindern Englisch lernte. Als er sich 1961 schon | |
wieder von Amsterdam verabschiedete, wusste Buckingham, dass man von diesem | |
Jungen noch hören würde. Als Buckingham 1964 zu Ajax zurückkehrte, verhalf | |
der dem dann 17-jähringen Cruijff zu einem Platz im Kader. | |
Am 15.November 1964 kam Cruijff in Groningen zu seinem Debüt – Buckingham | |
sei Dank. Der Durchbruch des jungen Hochbegabten war indes das einzig | |
Positive einer erfolglosen Saison: Für die schlechten Ergebnisse der | |
insgesamt hoffnungslos veralteten Mannschaft übernahm Buckingham die | |
Verantwortung. Er trat im Januar 1965 zurück. Zuvor aber sorgte er dafür, | |
dass die zwei besten Nachwuchsspieler von Ajax, Cruijff und Außenstürmer | |
Piet Keizer die ersten Profi-Verträge im niederländischen Fußball | |
erhielten. | |
Die Mannschaft wurde von Rinus Michels übernommen. Wenn dieder – und das | |
mit Recht – als Vater des Totaalvoetbal, des totalen Fußballs gilt, dann | |
könnte man Vic Buckingham als Paten dieser Spielweise bezeichnen. | |
Kurioserweise war Buckingham auch Michels' Vorgänger als Trainer des FC | |
Barcelona, den er zwischen 1969 und 1971 trainierte. Mit ihm gewannen die | |
Katalanen 1971 den spanischen Pokal im Finale gegen Real Madrid. Mit seiner | |
Rolle als Wegbereiter der goldenen Zeit von Ajax hat sich Vic Buckingham | |
nie gebrüstet. Sein Herz schlug für den Klub. Ein Teil zumindest. Der | |
andere schlug für Tottenham. | |
29 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Valeria Meta | |
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