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# taz.de -- EU und Zeitumstellung: Abstimmen, damit nix passiert
> Die Vollversammlung des Europäischen Parlaments stimmt dafür, die
> Sommerzeit in Europa abzuschaffen. Und wir sind sehr, sehr müde.
Bild: Gegen das Sommerzeitschlamassel hilft auch kein Gott: Müde Kirchentagsbe…
Was haben die Römer je für uns getan? Diese Monty-Python-Frage, bezogen auf
Brüssel und die Debatte um die Abschaffung der Sommerzeit, mag sich
stellen, wer das Thema aufmerksam verfolgt.
An diesem Dienstag hat die Vollversammlung des Europäischen Parlaments
dafür gestimmt, die Zeitumstellung in Europa im März 2021 abzuschaffen.
Aber dass es dann tatsächlich zum Äußersten kommt – dass also künftig
Kinder, Katzen und im Grunde alle EU-BürgerInnen nicht mehr mit verklüsten
Augen ihren Tag beginnen -, ist damit nicht gesagt. Denn jetzt müssen noch
die EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Die Verhandlungen darüber können jedoch
erst beginnen, wenn alle Parlamente sich auf eine gemeinsame Haltung
verständigt haben.
Noch wach? Eine wachsende Müdigkeit beim Lesen dieses Textes wäre absolut
nachvollziehbar. Denn im Grunde bedeutet die Nachrichtenlage: Die stimmen
in Brüssel ab – und dann passiert aber nix. Weil: Noch bevor sie die
Umsetzung ihres eigenen Beschlusses beschließen können, müssen alle noch
mal einzeln beschließen, dass sie tatsächlich beschließen möchten, was sie
beschlossen haben.
Im Jahr der Europawahl ist das eine denkbar schlechte Nachricht. Denn
machen wir uns nichts vor. Ob die Sommerzeit eingeführt, abgeschafft,
teilweise beendet, in diesem EU-Land so, in jenem wiederum anders
gehandhabt wird, ist ein Feinschmeckerthema. JedeR hat dazu eine streng
ichempirische Meinung. Lange Sommernächte versus Babygeschrei morgens um
halb fünf – es hängt von der individuellen Lebenssituation ab, wie man als
EuropäerIn dazu steht.
## Blockiert schon bei Pillepalle
Wirklich bedenklich ist die Frage, worüber sich diese Europäische Union
überhaupt einigen kann, wenn es schon bei einem solchen Pillepalle-Thema
nicht funktioniert. Migrationspolitik, Klima, Kultur, Verkehr, ganz zu
schweigen von einer abgestimmten Außen- und Sicherheitspolitik – was haben
die Brüsseler eigentlich je für uns getan? Diese Frage werden sich all jene
stellen, die gern wenigstens das Luschenthema Sommerzeit abgeräumt sähen.
Dass die Erwartung dafür da ist, hat Brüssel sich selbst zuzuschreiben. Im
letzten Jahr hatte die Europäische Kommission die BürgerInnen gönnerhaft
aufgefordert, ihr Veto pro oder contra Sommerzeit abzugeben. 4,6 Millionen
haben mitgemacht, darunter sage und schreibe drei Millionen Personen aus
Deutschland. Das Ergebnis war eindeutig: Satte 84 Prozent forderten die
Abschaffung der Zeitumstellung. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
hatte im Überschwang der Gefühle in Aussicht gestellt, die Zeitumstellung
werde bereits 2019 abgeschafft.
Jetzt ist 2019.
Es ist Europawahl-Jahr. Jean-Claude Juncker verlässt seinen Posten, um
seinen Lebensabend in der Brasserie seines Vertrauens zu verbringen. Am
Sonntag beginnt murmeltiertagmäßig die Sommerzeit. Und schon recht bald, am
23. Mai, startet die Europawahl. Die BürgerInnen sind dann aufgefordert,
auf der Grundlage politischer Zuversicht den KandidatInnen für Brüssel ihre
Stimme zu geben. Und das sind? Genau: Das sind die Checker, die
beschließen, dass sie etwas beschließen wollen, was sie beschlossen haben.
Nämlich die Sommerzeit abzuschaffen. Jedenfalls irgendwann.
26 Mar 2019
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Schwerpunkt Europawahl
Sommerzeit
EU-Reform
Zeit
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Zeitumstellung
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