Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Reporter ohne Grenzen über Medien in EU: „Die Einschläge kommen…
> Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen beobachtet, dass die
> Einschüchterung von JournalistInnen in vielen europäischen Ländern
> zunimmt.
Bild: Große Anteilnahme nach dem brutalen Mord an dem Journalisten Ján Kucia …
taz: Herr Rediske, der Mord an dem slowakischen Journalisten [1][Ján Kuciak
vor einem Jahr] ist noch immer nicht vollständig aufgeklärt. Warum nicht?
Michael Rediske: Die Politiker in der Slowakei tun offenbar nicht alles, um
die Justiz in ihrer unabhängigen Arbeit zu unterstützen. Einige Politiker
scheinen vor allem darauf aus zu sein, sich und ihren Ruf zu schützen. Es
gibt klare Indizien dafür, dass auch ein Netzwerk hoher staatlicher
Funktionsträger in den Mordfall verwickelt ist.
In der slowakischen Zivilgesellschaft hat das öffentliche Interesse an dem
Mordfall Ján Kuciak anscheinend abgenommen. In letzter Zeit gingen kaum
noch Menschen auf die Straße, die für Pressefreiheit demonstrierten. Woran
liegt das Ihrer Meinung nach?
Man kann von der Zivilgesellschaft nicht verlangen, dass sie jahrelang
wöchentlich demonstriert. Ähnlich wie das bei anderen Morden, etwa dem an
der russischen Journalistin Anna Politkowskaja, der Fall war, gehen die
Menschen dennoch regelmäßig auf die Straße, ob man das nun ein halbes oder
ein Jahr lang nach dem Mord tut. Das ist schon ein Zeichen dafür, dass die
Erinnerung wachgehalten wird.
Wie stellen sich die Arbeitsbedingungen von slowakischen JournalistInnen
nach dem Mord an Ján Kuciak dar?
In all den Ländern, in denen es massive Hetze bis hin zu physischer Gewalt
gegen Journalisten gibt, nimmt deren Einschüchterung zu. Umso mehr müssen
wir fordern, dass die staatlichen Behörden Journalisten schützen. Das
trifft auch auf Deutschland zu, wo Journalisten bei Pegida- und AfD-Demos
angegriffen werden. Schlimmer als bei uns ist es derzeit in Frankreich, wo
Teile der Gelbwestenbewegung Journalisten angreifen, die nicht in ihrem
Sinne berichten.
Noch einmal nachgefragt: Haben sich die Arbeitsbedingungen für Journalisten
in der Slowakei nach dem Mord an Ján Kuciak verbessert, weil eben das
öffentliche Interesse da war?
In dem Land gibt es eine Frontstellung: Es gibt Leute, die
Berichterstattung verhindern wollen, vor allem die von investigativen
Journalisten, und es gibt Journalisten, die dagegen protestieren und
weitermachen. Es ist schwer zu sagen, wer sich nun einschüchtern lässt und
wer nicht. Es gibt aber weiterhin genug Kollegen, die sich bestärkt fühlen,
wenn andere Länder dorthin gucken, wenn die EU dorthin guckt, wenn
zivilgesellschaftliche Organisationen wie wir immer wieder nachhaken und
Aufklärung fordern.
Dass Journalisten wegen ihrer Berichterstattung bedroht werden, ja sogar
Morde an ihnen verübt werden, ist inzwischen auch in den Staaten der EU
gängige Praxis?
Die Einschläge kommen näher, sagen wir manchmal bei Reporter ohne Grenzen.
Wir hätten uns vor zwanzig Jahren, als wir uns mit den Anschlägen der ETA
oder der italienischen Mafia auf Journalisten beschäftigten, nicht träumen
lassen, dass sich diese Bedrohung durch Oligarchen und mafiöse
Organisationen in Verflechtung mit staatlichen Funktionsträgern in Ost- und
Südosteuropa derart ausweitet. Trotzdem: Hetze gegen Journalisten gibt es
überall dort, wo der Populismus zunimmt, und das geht bis hin zu den
Gelbwesten in Frankreich.
Tut Brüssel zu wenig für den Schutz seiner Journalisten, gerade auch
hinsichtlich der bevorstehenden Europawahl?
Auch Reporter ohne Grenzen würde sich wünschen, dass Brüssel mehr
Durchgriffsmöglichkeiten hätte. Aber wir alle wissen, wie die EU-Verträge
aussehen und dass es sehr schwierig ist, gegen den Widerstand von einzelnen
in der EU stimmberechtigten Regierungen effektiv vorzugehen. Solange sich
die Slowakei, Tschechien, Ungarn und Polen dagegen wehren, dass die EU ihre
menschenrechtlichen Standards und die Pressefreiheit durchsetzt, wird es
der Europäischen Union sehr schwerfallen, wirksam dagegen vorzugehen.
21 Feb 2019
## LINKS
[1] /Ein-Jahr-nach-dem-Mord-an-Jan-Kuciak/!5572072
## AUTOREN
Julia Boek
## TAGS
Slowakei
Ján Kuciak
Mord
Pressefreiheit in Europa
Slowakei
Ján Kuciak
Ján Kuciak
Daphne Caruana Galizia
Bulgarien
Ján Kuciak
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tötung eines slowakischen Journalisten: Mörderischer Parallelstaat
Im Fall des Mordes an dem slowakischen Journalisten Ján Kuciák und seiner
Verlobten 2018 wird gegen weitere Ex-Polizisten und Justizbeamte ermittelt.
Mord an slowakischem Journalisten: Ex-Soldat gesteht den Mord an Kuciak
Vor über einem Jahr wurde der Investigativjournalist Jan Kuciak und seine
Verlobte ermodet. Nun ist der mutmaßliche Täter geständig.
Ein Jahr nach dem Mord an Jan Kuciak: Schüsse ins Mark der Slowakei
Vor einem Jahr wurden der slowakische Journalist Ján Kuciak und seine
Verlobte ermordet. Die mutmaßlichen Drahtzieher sind noch immer frei.
EU-Politiker über Mord an Daphne Galizia: „Es fehlt das politische Interesse…
Die maltesische Journalistin Daphne Galizia wurde vor einem Jahr ermordet.
Bei der Aufklärung läuft viel schief, sagt EU-Parlamentarier Sven Giegold.
Mord an bulgarischer Journalistin: Viktoria Marinova tot aufgefunden
In einem Park in der bulgarischen Stadt Ruse wurde die Leiche der
30-jährigen Viktoria Marinova entdeckt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in
alle Richtungen.
Mord an Journalist Jan Kuciák: Suche nach den Drahtziehern
Die mutmaßliche Auftraggeberin ist eine Übersetzerin. Sie soll enge
Kontakte zu einem umstrittenen Geschäftsmann haben über den Kuciák schrieb.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.