| # taz.de -- Nach Wahlverschiebung in Nigeria: So ein Durcheinander | |
| > Viele Wähler in Nigeria waren längst in ihre Heimatorte gereist, um ihre | |
| > Stimme abzugeben, als der Urnengang verschoben wurde. Was nun? | |
| Bild: Bierlokal statt Wahllokal hieß am Samstag für viele Nigerianer die Devi… | |
| Abuja taz | Es ist noch immer das wichtigste Gesprächsthema in Nigeria: die | |
| plötzliche Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 16. auf den 23. | |
| Februar. Das hatte am frühen Samstagmorgen die unabhängige nationale | |
| Wahlkommission (Inec) mit der Begründung entschieden, dass es für die | |
| Durchführung der Wahlen in den 774 Landkreisen des | |
| 190-Millionen-Einwohner-Landes zu große logistische Schwierigkeiten gebe. | |
| Zu dieser Zeit waren die ersten Wähler schon auf dem Weg in die Wahllokale. | |
| Neben langen Wegen wollten sie Warteschlangen vermeiden. Auch Simon | |
| Celebrate hatte sich in der Hauptstadt Abuja schon angezogen und Tee | |
| gemacht. | |
| Als er gegen 5.30 Uhr das Radio anstellte, wusste er: Er muss sich nicht | |
| beeilen. Die Wahl findet nicht statt. | |
| Simon Celebrate schwankt noch immer zwischen Wut und Unverständnis. „Die | |
| Entscheidung hat vielen Menschen große Unannehmlichkeiten bereitet. So | |
| etwas gefährdet ihr Einkommen“, kritisiert er. | |
| Denn obwohl bereits 2011 und 2015 die Wahlen in Nigeria mit der gleichen | |
| Begründung verschoben wurden und auch diesmal am Freitag schon | |
| entsprechende Gerüchte durch die sozialen Netzwerke waberten, war das nicht | |
| absehbar. Zeitgleich twitterte nämlich Inec unter dem Tweet | |
| #NigeriaDecides2019 noch Bilder vom „fertigen Lageraum“ und einem Treffen | |
| zwischen dem Vorsitzenden Mahmood Yakubu und den Wahlbeobachtern der EU. | |
| Neben der Aufforderung, den neuen Termin tatsächlich einzuhalten, forderten | |
| diese jetzt Transparenz in Form von regelmäßigen Informationen für die | |
| Öffentlichkeit ein. | |
| ## Gewählt wird im Heimatort | |
| Alleine die Anreise zum Wahllokal ist in Nigeria oft aufwändig und | |
| kostspielig. Inec warb zwar mit der Möglichkeit, das im Wahlregister ändern | |
| zu lassen, was aber nicht immer funktionierte. Gewählt wird noch immer am | |
| Heimatort. | |
| Wer woanders arbeitet, ein kleines Einkommen hat und zum Wählen aus Abuja | |
| in Städte wie Sokoto, Kano oder Katsina reisen muss, zahlt für die einfache | |
| Fahrt bis zu 6.000 Naira (Tageskurs 14,64 Euro). Die Kosten für Hin- und | |
| Rückfahrt sind damit höher als so mancher Wochenlohn. | |
| Viele Menschen hatten ihre Wahlreise bereits angetreten, als die | |
| Verschiebung kam. Viele Fahrer waren bereits Mitte der Woche abgefahren, | |
| die Preise schossen Donnerstagabend und Freitagmorgen in die Höhe. | |
| Auf dem Busbahnhof Jabi am Rand der nigerianischen Hauptstadt Abuja war | |
| zwischenzeitlich nicht einmal mehr ein Auto in Richtung Sokoto im Norden | |
| des Landes zu kriegen. Alles umsonst. | |
| Es ist nun weder vorstellbar, dass die Wähler eine Woche in der Heimat ohne | |
| Lohn ausharren, bis sie wählen können, oder erst mal wieder zurückfahren, | |
| um zwei oder drei Tage später erneut aufzubrechen. | |
| Einfacher, so sagen viele Nigerianer, wäre es gewesen, hätte Inec die | |
| Entscheidung bereits am Mittwoch, spätestens Donnerstagmorgen getroffen. | |
| ## Präsident Buhari „tief enttäuscht“ | |
| Nigerianischen Medien zufolge schätzt der Präsident der Händlervereinigung, | |
| Ken Ukaoha, dass die Verschiebung einen Verlust von umgerechnet knapp 341,5 | |
| Millionen Euro landesweit nach sich zieht. | |
| Teuer ist nicht nur der Transport. Da zwischen 6 und 18 Uhr am Wahltag ein | |
| absolutes Fahrverbot gilt, sind Märkte, Geschäfte und Restaurants | |
| geschlossen. | |
| Noch schlimmer ist jedoch der Vertrauensverlust. Inec hatte diesmal den | |
| Wahltermin schon im Januar 2018 bekannt gegeben, so früh wie nie zuvor. | |
| Präsident Muhammadu Buhari sprach am Samstag von „tiefer Enttäuschung“. D… | |
| Wahlkommission müsse dafür sorgen, dass die bereits ausgeteilten Unterlagen | |
| nicht in falsche Hände geraten. | |
| Der wichtigste Oppositionskandidat, Atiku Abubakar, nannte die Entwicklung | |
| indes ein Versagen der Buhari-Regierung. Sie wolle Nigeria entzweien, um | |
| die Wahlbeteiligung niedrig zu halten, polterte er. Das solle eine | |
| Niederlage des Amtsinhabers verhindern. | |
| ## Profitiert davon die Opposition? | |
| Es gibt keine zuverlässigen Prognosen, ob die Entwicklung nun | |
| möglicherweise der Opposition in die Hände spielt. Jetzt gilt es erst | |
| einmal, die 84 Millionen registrierten Wähler wieder zu motivieren. „Es | |
| darf nicht zu Wählerapathie kommen“, fordert das Centre for Democracy and | |
| Development (CDD). | |
| Dafür hat in Abuja Simon Celebrate folgende Idee: „Die Parteien könnten | |
| weiter Wahlkampf machen und jene Gegenden besuchen, in denen sie nicht | |
| waren.“ | |
| 17 Feb 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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