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# taz.de -- Kommentar verkürzte Privatinsolvenz: Finanzielle Fußfesseln eher …
> Die lange Laufzeit von Privatinsolvenen hängt wie eine Fußfessel an den
> Betroffenen. Dass die EU diese Frist verkürzen will, ist richtig.
Bild: Früher klebten Schulden lebenslang an Menschen. So ähnlich wie Kaugummi…
Treffen ManagerInnen von Großunternehmen falsche wirtschaftliche
Entscheidungen und richten immense Schäden an, müssen sich die Leute in den
Großraumbüros und Werkhallen, aber nicht sie selbst Sorgen um ihre Zukunft
machen. Für den angenehmen Vorruhestand oder Lebensabend von
Top-ManagerInnen sorgt die dicke Abfindung oder die insolvenzgesicherte
Betriebsrente.
Für Selbstständige und VerbraucherInnen gelten andere Regeln. Sie müssen
für falsche wirtschaftliche Entscheidungen richtig büßen. Wer sich mit
einem kleinen Gewerbe selbstständig macht oder sich beim Immobilienkauf
kräftig verhebt und Rechnungen oder Kreditraten nicht mehr zahlen kann, der
ist erledigt.
Die Einführung der [1][Privatinsolvenz] im Jahr 1999 war ein großer
Fortschritt, überschuldeten Selbstständigen und VerbraucherInnen überhaupt
einen finanziellen Neustart zu ermöglichen. Früher haben Schulden
lebenslang an Menschen geklebt. Das hat sich glücklicherweise geändert,
heute können in einem gerichtlich geregelten Verfahren Schulden gelöscht
werden – auf Kosten der Gläubiger.
Allerdings ist eine Privatinsolvenz eine hoch belastende Angelegenheit,
psychisch und finanziell. Das Insolvenzrecht hängt wie eine finanzielle
Fußfessel an den Betroffenen. Von ihnen wird eine „Wohlverhaltensphase“ von
bis zu sechs Jahren verlangt, die viele zu Recht als Bestrafung ansehen.
## Schnellere Chance auf Neustart
In dieser Zeit stehen sie quasi unter finanzieller Vormundschaft und müssen
alle Einnahmen bis zur Pfändungsgrenze abgeben. Viele Menschen mit
finanziellen Problemen schreckt diese lange Dauer ab. [2][Dass die EU diese
Frist auf drei Jahre verkürzen will], ist richtig. Selbstständige oder
VerbraucherInnen, denen die Schulden über den Kopf gewachsen sind, sollen
schneller die Chance für einen Neustart bekommen.
PolitikerInnen fordern BürgerInnen immer wieder dazu auf, sich beruflich
selbstständig zu machen oder mit einer Immobilie fürs Alter vorzusorgen.
Solche Abenteuer sind mit erheblichen Gefahren verbunden. Wenn die
Gesellschaft den Mut zu solchen Risiken fordert, muss sie auch einen
akzeptablen Ausweg eröffnen, wenn es schief geht.
3 Feb 2019
## LINKS
[1] /Privatinsolvenz-als-letzte-Rettung/!5145309
[2] /EU-will-Privatinsolvenzen-neu-regeln/!5570007
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Insolvenz
Schulden
Europäische Union
Strafe
Insolvenz
Geld
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