| # taz.de -- Kolumne Henningway: Wie ich wahrhaftig Sam Shepard traf | |
| > Ex-Basketballnationalspieler Henning Harnisch erzählt, wie er einst naiv | |
| > durch die USA reiste. Und beiläufig Musik- und Filmidole kennenlernte. | |
| Bild: Sam Shepard 1991 im Film „Homo Faber“ | |
| Im Sommer 1991 war ich zusammen mit meinem Freund David in den USA | |
| unterwegs. Es war der Monat, bevor die Welt World Wide Web wurde. David, | |
| selber US-Amerikaner, hatte gerade das College beendet und war recht | |
| orientierungslos. Ich, Basketballprofi, hatte Sommerferien und leistete ihm | |
| in seiner Orientierungslosigkeit gerne Gesellschaft. | |
| Wir hatten uns in New York getroffen, waren dann mit dem Zug bis nach | |
| Chicago gereist, wo David ein paar Tage seine Freundin treffen wollte, | |
| während ich mit dem Greyhound-Bus weiter reiste bis nach Madison, | |
| Wisconsin, wo meine Schwester Germanistik studierte. In Madison, dieser | |
| freundlichen Stadt, lernte ich in der Kneipe Matt Lukin, den Bassisten von | |
| Mudhoney kennen, weil er ein Victoria-Bitter-T-Shirt trug. | |
| Ich weiß, das klingt logisch. Er weilte in der Stadt, weil die australische | |
| Band Cosmic Psychos hier eine Platte aufnehmen wollte. Durch die Band, die | |
| ich in Köln gesehen hatte, war ich ursprünglich dazu gekommen, Victoria | |
| Bitter zu „kennen“ und jetzt Matt darauf anzusprechen. Logisch. Matt nahm | |
| mich nächtens mit ins Studio und stellte mich den Cosmic Psychos vor. Es | |
| war das Smart-Studio des Produzenten Butch Vig. Kurz zuvor hatte dieser | |
| „Nevermind“ von Nirvana produziert. | |
| David tauchte wieder auf, wir kauften uns für unseren Film einen Ford | |
| Galaxy 500 Cabriolet aus dem Jahr 1968 und fuhren weiter nach Westen. Zwei | |
| Tage und einen Sonnenbrand später bogen wir am frühen Abend in South Dakota | |
| vom Freeway ab. Wir wollten die Badlands bewundern, mussten uns aber | |
| zunächst wundern, dass in Kadoka, diesem Ort mit 712 Einwohnern, im ersten | |
| Motel, das wir ansteuerten, kein Zimmer frei war. | |
| ## Homo Faber | |
| Auch die nächste Unterkunft war, bis auf ein letztes Zimmer, ausgebucht. | |
| Auf Nachfrage erzählte man uns, dass sich eine Filmcrew im Ort eingenistet | |
| hatte. Als wir im Diner nebenan zum Abendessen saßen, sahen und hörten wir | |
| das. Ich fragte David, ob er „Homo Faber“ von Schlöndorff gesehen hätte. | |
| Hatte er nicht. Ob er denn Sam Shepard kenne, der dort die Hauptrolle | |
| gespielt hatte. No. Du kennst nicht Sam Shepard!? Autor, Schriftsteller, | |
| Filmemacher, Musiker und Schauspieler? | |
| Das Europäische war David damals näher. Er hatte zwei Jahre zuvor eine | |
| Weile in Paris gelebt und die Wände seines Zimmers mit Nietzsche-Zitaten | |
| bemalt. Ich hingegen schwärmte von Shepard. Wie sieht er denn aus? Ich | |
| guckte nicht ins Internet, sondern zum Tresen und zeigte auf einen Mann: | |
| ungefähr so wie der da. David guckte, der Mann stand auf und der Barkeeper | |
| sagte, bye, Sam! Wir schauten uns an. | |
| Ich ging zum Barkeeper und fragte ihn, ob das eben nicht wirklich … Doch! | |
| Und jetzt geht er, sagte er uns, wie jeden Abend, nach nebenan in die Bar, | |
| Billard spielen. Zwei Bier später gab ich mir einen Ruck und ging zum Pool | |
| spielenden Sam Shepard. Ich stellte mich vor, erzählte ihm, wie ich | |
| kürzlich „Homo Faber“ gesehen hatte und dass ich … – was muss er wohl | |
| gedacht haben, denke ich jetzt. | |
| Damals musterte er mich und fragte mich, wie wir denn unterwegs wären in | |
| den USA? Mit dem Auto, in einem Ford Galaxy 500 Convertible. Er musterte | |
| mich immer noch und sagte dann lakonisch, die beste Art, unterwegs zu sein | |
| in den USA wäre auf dem Pferd. Original klang das dann so: „You gotta do it | |
| on horseback.“ | |
| Ich bedankte mich und wir gaben uns die Hand. Daran muss ich gerade denken, | |
| als ich daran denke, wie ich im letzten Herbst beim Reitsportclub | |
| Obertiefenbach in Hessen zum ersten Mal in meinem Leben auf einem Pferd | |
| saß. Und wie gut sich das anfühlte. Auch das ist wahr. | |
| 23 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Henning Harnisch | |
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