# taz.de -- Deutschlands bester Tennisspieler: Zverev macht sich locker | |
> Der Tennisprofi will sich bei den Australian Open nicht unter Druck | |
> setzen. Sein jüngster Triumph bei den ATP-Finals ist ihm dabei eine | |
> Lehre. | |
Bild: Entspanntes Lächeln oder nervöses Zähne zeigen? | |
MELBOURNE taz | Zu den zentralen Sätzen im Sport wie im Leben gehört, aus | |
Niederlagen lerne man mehr als aus Siegen. Vom Freund verlassen oder vom | |
Partner betrogen zu werden schärft den Blick für Beziehungen; bei einer | |
Prüfung durchgefallen zu sein führt bei der nächsten zu mehr Disziplin, und | |
normalerweise ist es auch nicht schwer, aus einem Kater nach heftigem | |
Alkoholgenuss die richtigen Schlüsse zu ziehen. Normalerweise. Aber was | |
machen wir nun mit dem Fall von Alexander Zverev? | |
Im vergangenen Jahr verlor Deutschlands bester Tennisspieler in der dritten | |
Runde der Australian Open in Runde drei gegen den ein Jahr älteren | |
Südkoreaner Hyeon Chung in fünf Sätzen. Vier Sätze lang hatte es ganz gut | |
ausgesehen für Zverev, beim 0:6 im fünften machte er allerdings nur noch | |
fünf Punkte, und am Ende war er sichtlich geknickt. Als er hinterher | |
gefragt wurde, ob er sich vielleicht bei den Grand-Slam-Turnieren generell | |
zu viel Druck mache, weil er bei den wichtigsten Gelegenheit unbedingt | |
zeigen wolle, was er draufhabe, ob vielleicht alles ein bisschen zu viel | |
sei, da brauchte er für die Antwort nur ein Wort: „Ja.“ | |
Ein paar Monate später bei den French Open landete er zum ersten Mal im | |
Viertelfinale bei einem der vier wichtigsten Turniere, doch in Wimbledon | |
und bei den US Open verlor er wie in Melbourne in Runde drei. Seine Bilanz | |
auf der Grand-Slam-Ebene sah damit zwar deutlich besser aus als im Vorjahr, | |
aber er gab zu, er habe mehr erwartet. | |
Und diesmal, wie sieht es vor dem ersten Auftritt am Dienstag gegen den | |
Slowenen Aljaz Bedene, Nummer 67 der Welt, mit seinen Erwartungen aus? | |
„Ganz ehrlich: Ich habe keine. Ich war hier nie weiter als in der dritten | |
Runde, wir werden sehen, wie es läuft. Ich will es genießen, hier zu sein, | |
so oft zu spielen, wie es geht, in den größten Arenen die größten Spiele zu | |
machen. Und wenn ich das tatsächlich schaffe, wird sich alles andere von | |
selbst finden.“ | |
Zverev sieht sich nichts als Favoriten | |
Soll man das wirklich glauben? Bei allem Ehrgeiz, der in ihm steckt, bei | |
aller jugendlichen Ungeduld? Aber vielleicht sind es weniger die | |
Niederlagen bei den großen Turnieren, die sich zu einer wertvollen Lektion | |
verdichten, als vielmehr der größte Sieg. Im November flog er zu den | |
ATP-Finals nach London, für das nur die besten acht des Jahres qualifiziert | |
waren, und wie die anderen war er müde, konnte den Beginn des Urlaubs | |
danach kaum noch erwarten. Genau deshalb hatte er aber das Gefühl, | |
entspannter zu sein. [1][Und am Ende gewann er das Ding]. Besiegte Roger | |
Federer im Halbfinale und Novak Djokovic im Finale und schnappte sich den | |
Pokal, den wichtigsten und schwersten seiner Karriere. | |
„Ich denke“, sagt Zverev, „dass ich daraus irgendwie gelernt und begriffen | |
habe, dass ich bei den Grand-Slam-Turnieren mit einer ähnlichen Einstellung | |
spielen muss. Man darf nur nicht denken, es ist das Ende der Welt, wenn man | |
verliert. Wenn man es so angeht und genießt, wird man auch automatisch mehr | |
Erfolg haben.“ | |
Bei den ersten Spielen in diesem Jahr beim Hopman Cup in Perth machte er | |
einen soliden Eindruck, ein danach geplanter Auftritt in Adelaide fiel aus, | |
und bei den ersten Trainingseinheiten im Melbourne Park lief nicht alles | |
nach Plan. Mitte der Woche knickte er um, blieb danach eine Weile lang | |
regungslos auf dem blauen Boden liegen und brach das Training ab. Doch dem | |
linken Sprunggelenk, so ließ er vor dem ersten Auftritt wissen, gehe es | |
gut. Es sei eine leichte Schwellung vorhanden, deshalb werde er mit einem | |
festen Verband spielen, aber er betrachte die Sache relativ entspannt. | |
Stellt sich nun also die Frage, was mehr wiegt. Die zwölf Monate alten | |
Erkenntnisse nach der Niederlage gegen Chung oder die zwei Monate jungen | |
Eingebungen nach dem Sieg gegen Djokovic? Wenn man es genau nimmt, gehört | |
alles zusammen; das eine als These, das andere als Beweis. Der Coup in | |
London, versichert Zverev, mache ihm jedenfalls keinen zusätzlichen Druck. | |
„Ich hab das Gefühl, dass in den letzten drei Jahren immer jemand auf mich | |
geschaut hat. Durch den Sieg ändert sich nichts. Ich sehe mich nicht als | |
großen Favoriten, das sind immer noch Rafa, Roger und Novak.“ Mit der | |
Aussage steht er erst einmal auf der sicheren Seite. | |
14 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Doris Henkel | |
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