# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Milizenführer in Haft | |
> Patrice-Edouard Ngaïssona wird in Paris auf Betreiben des Internationalen | |
> Strafgerichtshofs geschnappt. Er koordinierte antimuslimische Milizen. | |
Bild: Mit Yekatom und Ngaïssona sind nun zwei mutmaßliche Kriegsverbrecher au… | |
BERLIN taz | Einer der wichtigsten Milizenführer der Zentralafrikanischen | |
Republik ist in Haft. Patrice-Edouard Ngaïssona wurde am Mittwoch in Paris | |
festgenommen, nachdem die zweite Vorverfahrenskammer des Internationalen | |
Strafgerichtshofs am 7. Dezember gegen ihn Haftbefehl erlassen und ein | |
entsprechendes Ersuchen an die französischen Behörden geschickt hatte. | |
Ngaïssona soll nun umgehend nach Den Haag überstellt werden. | |
Ngaïssona war einst der oberste Koordinator der | |
Anti-Balaka-Milizenkoalition in der Zentralafrikanischen Republik, die | |
während des Bürgerkrieges 2013-14 für Massaker an Tausenden von Muslimen | |
verantwortlich war. Die Ankläger des IStGH werfen ihm in diesem | |
Zusammenhang Verantwortung Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von | |
„ausgedehnten und systematischen Angriffen gegen die muslimische | |
Zivilbevölkerung und jeden, der als Unterstützer der Seleka (muslimische | |
Rebellenkoalition, d.Red.) angesehen wurde“ vor. | |
Er kann nun einem ehemaligen Anti-Balaka-Kommandanten, dem schillernden | |
Ex-Parlamentarier [1][Alfred „Rambo“ Yekatom], in Den Haag Gesellschaft | |
leisten. Der war am 29. Oktober im zentralafrikanischen Parlament in der | |
Hauptstadt Bangui festgenomen worden, als er im Plenarsaal mit seinem | |
Revolver das Feuer eröffnet hatte, und wurde am 17. November nach Den Haag | |
überstellt. | |
Die Karriere Ngaïssonas ist nicht minder abenteuerlich wie die Yekatoms. Er | |
stieg in der Politik von Bangui nach dem Militärputsch von Francois Bozizé | |
im Jahr 2003 auf – Bozizé regierte das Land bis zu seinem Sturz durch die | |
muslimische Rebellenallianz Seleka zehn Jahre später. Zuletzt war er | |
Bozizés Minister für Jugend und Sport sowie Präsident des | |
zentralafrikanischen Fußballverbandes. | |
## Vom Fußball zum Massaker und zurück | |
Wie viele andere Größen des Bozizé-Regimes rettete sich Ngaïssona nach der | |
Seleka-Machtergreifung im März 2013 in das Nachbarland Kamerun und sammelte | |
dort versprengte Armeesoldaten, die in verschiedenen Milizen mit dem | |
Sammelbegriff Anti-Balaka organisiert wurden. Die gingen Ende 2013 zum | |
Großangriff in Bangui über, was schwere Kämpfe, eine französische | |
Militärintervention und die Tötung oder Vertreibung fast aller Muslime der | |
Zentralafrikanischen Republik nach sich zog. | |
Im Februar 2014 entging er knapp der Festnahme in Bangui; im April kam er | |
doch hinter Gitter, wurde aber wieder freigelassen und versuchte 2015 | |
erfolglos, zu den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. | |
Danach besann er sich auf seine Sportkarriere und sorgte erneut für Wirbel. | |
Mitte 2017 wurde er zum Präsidenten des regionalen Fußballverbandes der | |
Staaten des zentralen Afrikas gewählt, dieses Jahr setzte er sich bei einer | |
Kampfabstammung gegen einen altgedienten Funktionär aus Kamerun durch und | |
stieg in den Vorstand des afrikanischen Fußballverbandes CAF auf, Afrikas | |
Gegenstück zur UEFA. Das sorgte für Stirnrunzeln in Sportkreisen. Er lebte | |
zuletzt in Paris, wo seine Familie seit langem ansässig ist. | |
Mit Yekatom und Ngaïssona sind nun zwei mutmaßliche Kriegsverbrecher aus | |
der Zentralafrikanischen Republik beim Internationalen Strafgerichtshof in | |
Haft. Wann Prozesse beginnen werden, steht noch nicht fest. Erst müssen | |
Anklageschriften verfasst werden und eine Vorverfahrenskammer die | |
Zulässigkeit der Anklage bestätigen – das kann Jahre dauern. | |
12 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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