# taz.de -- Wahlkampf der Regierung im Kongo: Europa als Feindbild | |
> Emmanuel Shadary, Präsidentschaftskandidat von Kongos Regierung, steht | |
> unter EU-Sanktionen. Die Regierung verlangt, sie aufzuheben. | |
Bild: Emmanuel Shadary macht Wahlkampf unter einem Bild von sich selbst | |
BERLIN taz | Wenige Wochen vor den Wahlen in der Demokratischen Republik | |
Kongo am 23. Dezember spielt die Regierung von Präsident Joseph Kabila im | |
Wahlkampf die nationalistische Karte. Im Mittelpunkt stehen die Sanktionen, | |
die die EU im Dezember 2016 und Mai 2017 gegen 16 staatliche Gewaltakteure | |
des Landes verhängt hat. | |
Denn einer davon ist der Präsidentschaftskandidat der Regierung: Emmanuel | |
Ramazani Shadary. | |
Als Innenminister und Vizepremier sei Shadary, so die EU-Beschlussvorlage, | |
„offiziell zuständig für die Polizei- und Sicherheitsdienste und die | |
Koordinierung der Arbeit der Provinzgouverneure“ gewesen. In dieser | |
Kapazität sei er für Festnahmen von Oppositionellen, „unverhältnismäßige | |
Gewaltanwendung“ und die Intensivierung des Bürgerkrieges in den | |
Kasai-Provinzen verantwortlich. | |
[1][Die Strafmaßnahmen] – vor allem ein Einreiseverbot – laufen bis 12. | |
Dezember 2018. Bis dahin muss die EU entscheiden, ob sie sie verlängert | |
oder aufhebt – mitten in Kongos heißer Wahlkampfphase. | |
## „Souveränes Recht zu Gegenmaßnahmen“ | |
Die aktuelle EU-Stimmung tendiert dazu, die Sanktionen „technisch“ zu | |
verlängern und nach Kongos Wahlen weiterzusehen. Das reicht der Regierung | |
in Kinshasa aber nicht. Am vergangenen Freitag bestellte Außenminister She | |
Okitundu das diplomatische Korps in den roten Salon seines Ministeriums und | |
las den EU-Botschaftern die Leviten. | |
Die Sanktionen, sagte She Okitundu, seien rechtswidrig und respektlos und | |
seien eine „flagrante Einmischung“ Europas in Kongos Wahlkampf. Sollten sie | |
nicht vor den Wahlen aufgehoben werden, behalte Kongos Regierung sich „ihr | |
souveränes Recht zu Gegenmaßnahmen, deren Art und Ausmaß sie derzeit zu | |
verschweigen vorzieht“, vor. | |
Die markigen Worte sind typisch für Kongos Ton gegenüber dem westlichen | |
Ausland. Die EU und das „Carter Center“ aus den USA haben diesmal, anders | |
als sonst, keine Einladung zur Wahlbeobachtung erhalten. | |
Die US-Botschaft war die gesamte vergangene Woche aufgrund einer nicht | |
näher präzisierten Terrorwarnung geschlossen – die USA haben sich den | |
Kongo-Sanktionen der EU angeschlossen. | |
All dies könnte aber nach hinten losgehen. Der US-Kongress berät derzeit | |
ein Gesetz zur Ausweitung der Strafmaßnahmen. Und die EU erhält | |
Schützenhilfe vom berühmten kongolesischen Frauenarzt Denis Mukwege, der | |
Zehntausende Opfer sexualisierter Kriegsverbrechen behandelt hat und am 10. | |
Dezember, zeitgleich zu den Beratungen der EU-Außenminister, in Oslo den | |
Friedensnobelpreis entgegennimmt. | |
Mukwege mahnte vergangene Woche in einer Rede vor dem Europaparlament: „Die | |
Aufhebung der Sanktionen zu verlangen heißt, dass diese Verbrechen straflos | |
werden.“ | |
## Verwicklung in Morde an UN-Experten? | |
Objektive Gründe für eine Sanktionsaufhebung sind schwer zu erkennen. | |
Wichtige Oppositionelle sind von den Wahlen ausgeschlossen, das Prozedere | |
mit elektronischen Wahlmaschinen gilt als suspekt. | |
Auf neue Aufmerksamkeit stößt auch die ungeklärte [2][Ermordung der | |
UN-Experten Zaida Catalan aus Schweden und Michael Sharp aus den USA] im | |
Kriegsgebiet von Kasai im März 2017 – und ein möglicher Zusammenhang mit | |
Shadary. | |
Nach kongolesischen Regierungsangaben wurden die beiden UN-Mitarbeiter von | |
Rebellen verschleppt und ermordet. Doch schnell fand der französische | |
RFI-Rundfunk heraus, dass Kongos Staat Catalan und Sharp gezielt in eine | |
Falle gelockt habe: ihr Übersetzer, der die Tour an den Ort ihrer | |
Entführung organisierte, war ein Mitarbeiter des kongolesischen | |
Geheimdienstes. | |
Vergangene Woche veröffentlichten mehrere europäische Medien | |
[3][Erkenntnisse], wonach die UNO das wusste. | |
Der Skandal ist auch schon vor dem Militärtribunal im Kongo zur Sprache | |
gekommen, wo die Tötung der vier kongolesischen Begleiter der zwei | |
UN-Experten verhandelt wird. Am 22. November sagte dort der inkriminierte | |
Übersetzer aus und sagte, dass er seinen Job Shadary verdanke. | |
Schwedens Außenministerin Margot Wallström erklärte daraufhin, ihr Land | |
„prüft die rechtlichen Möglichkeiten zur Ausstellung eines internationalen | |
Haftbefehls gegen Herrn Shadary“. | |
4 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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