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# taz.de -- Schach-WM in London: Am Schluss ein Sprint
> Magnus Carlsen bleibt Weltmeister. Mit drei glatten Tiebreak-Siegen
> beendet er das von Remisen geprägte Turnier gegen Fabiano Caruana.
Bild: Lacht heller: Magnus Carlsen (l.) nach dem Sieg. Daneben Fabiano Caruana
Magnus Carlsen hat es den prominenten Kritikern gezeigt, die ihn für das
Friedensangebot in der zwölften WM-Partie in aussichtsreicher Stellung
harsch kritisierten. „Garri und Wladimir haben das Recht auf ihre
bescheuerte Meinung“, schickte er keine Liebesgrüße nach Moskau an seine
Vorgänger als Weltmeister, Garri Kasparow und Wladimir Kramnik.
Am Ende eines „großartigen Arbeitstages“ ging der Poker des Norwegers
schließlich auf: Der 28-Jährige hatte seine Chancen im Tiebreak richtig
taxiert. Im Schnellschach mit 25 Minuten Grundbedenkzeit zertrümmerte
Carlsen den WM-Traum des Amerikaners Fabiano Caruana mit 3:0 und bleibt
Weltmeister.
2013 hatte er die Krone erobert und nun zum dritten Mal verteidigt. In
London wurde er seiner haushohen Favoritenrolle bei kürzeren Denksequenzen
vollauf gerecht. Während der Herausforderer in der Turnier-Weltrangliste
mit drei Elo-Punkten nur hauchdünn hinter Carlsen liegt, zählt Caruana im
Schnellschach nicht einmal zu den Top Ten.
Mit 136 Elo mehr gilt der Weltmeister in seiner besten Sparte laut
Statistik als fast 20 Prozent stärker. So verwundert es kaum, dass sich die
vierte Begegnung – anders als beim 3:1-Tiebreak-Sieg 2016 in New York gegen
Sergej Karjakin (Russland) – erübrigte.
Im Tiebreak war der Zauber Carlsens wieder zurück: Im ersten Duell
überspielte er mit Weiß seinen Rivalen in der so bewunderten
Carlsen-Manier. „Dank der kritischen ersten Partie hatte ich viel
Selbstvertrauen getankt“, bekannte der Sieger und sprang danach Caruana mit
Schwarz tollkühn an mit der Variante aus der scharf kritisierten zwölften
Runde. Anders als am Montag wagte er „das Maximum“. In nur optisch
kritischer Lage blieb Carlsen dank seiner Führung ruhig: „Es lief früh in
meine Richtung.“ Er fand ein feines Läuferopfer für einen gefährlichen
weißen Freibauern, der zur Dame stürmen wollte, und gewann so im Angriff
schon nach 28 Zügen.
## „Nicht mal ansatzweise mein Niveau“
Im dritten Anlauf riskierte der Italo-Amerikaner noch einmal alles –
Carlsen ließ indes alle Attacken abperlen im sicheren Gefühl, dass Weiß
kein Dauerschach zum Remis geben würde. So musste Caruana nach 51 Zügen dem
Weltmeister zum erneuten Titel gratulieren. Als Trostpflaster bleiben ihm
450.000 Euro Preisgeld. Carlsen bekommt für den Tiebreak-Sieg 100.000 Euro
mehr.
„Ich zeigte heute nicht mal ansatzweise mein Niveau und hatte nie wirklich
eine Chance“, zeigte sich Caruana enttäuscht. Carlsen lobte seinen
glücklosen Herausforderer dennoch: „Fabiano war mein bisher härtester
Gegner. Die vergangenen Wochen waren mein bisher schwierigstes Match. Daher
bin ich glücklich, dass ich das erfolgreich überstand.“ Und er fügte als
Bonbon hinzu: „Fabiano darf sich genauso mit Fug und Recht als stärkster
Spieler im klassischen Schach bezeichnen.“
Der geknickte Verlierer gab die Komplimente zurück: „Das Ergebnis zeigt,
dass Magnus der stärkste Spieler der Welt und Weltmeister ist.“
Der Negativrekord mit zwölf Remisen in Folge ohne aufregende Schlachten auf
den 64 Feldern elektrisierte die Millionen Fans selten. Um so etwas zu
mögen, muss man es wohl wie Großmeister Robert Hübner sehen. Der heute
70-jährige ehemalige Kandidaten-Finalist, der 1980 in Meran gegen Viktor
Kortschnoi vorzeitig aufgab und so das WM-Finale gegen Anatoli Karpow
verpasste, befand trocken: „Es ist nicht die Aufgabe der Spieler, die
Zuschauer zu unterhalten, sondern das beste sportliche Ergebnis zu
erzielen.“
Der norwegische Nationalheld, der umgehend von Ministerpräsidentin Erna
Solberg Glückwünsche übermittelt bekam, bewertet die Remis-Orgie anders als
seine Anhänger: Die Qualität sei hoch gewesen. Beide Seiten hätten sich
eben in kritischen Situationen stets umsichtig verteidigt. Während Carlsen
nun „wahrscheinlich die nächsten Jahre feiern will“, plant Caruana einen
neuen Anlauf auf den WM-Titel. „Jetzt bin ich enttäuscht. Aber ich hoffe,
aus dem Match etwas zu lernen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.“
29 Nov 2018
## AUTOREN
Hartmut Metz
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