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# taz.de -- Buch über die Bomberjacke: Ausdruck der Demokratisierung
> Hans-Christian Dany rekonstruiert in seinem Buch die Geschichte der Jacke
> der Bomberpiloten – vom Symbol des Fortschritts zum Hipstertum.
Bild: Der militärische Hintergrund der Bomberjacke ist selten präsent
„Es schleicht sich heran, packt zu und hat dich erwischt.“ Als irgendwie
gefährlich, so beschreibt Hans-Christian Dany diese folgenreiche Begegnung.
Vor zehn Jahren kaufte sich der Hamburger Autor seine erste Bomberjacke.
Von der alten Jacke handelt das Buch, aber auch von diesem Typ Blouson an
sich, der heute nahezu bei allen Herstellern „MA-1“ heißt; eine Anspielung
auf Mach 1, die Schallgeschwindigkeit. Dabei gab es, als erstmals ein
Mensch schneller flog, die heute so ikonische Jacke noch gar nicht. Aber
die Assoziation mit dem technischen Fortschritt scheint bis heute
eingeschrieben in das Stück Nylon.
Wollungetüme aus einer Baracke im Hamburger Freihafen und die bis zum
Kränklichen entfärbte Armeejacke von „Tatort“-Kommissar Schimanski: Dany
erzählt von Outfit-Sozialisation und wechselhafter Mode, von Subkulturen
und dem Umdeuten von Zeichen, vom Original Dandy George Bryan „Beau“
Brummel und den Ruinen des Hipstertums, von nur kurz dauernden „drops“
neuer Produkte und den Verlockungen des Normcore.
Darüber hinaus unternimmt er teils kühne Ausflüge in die grundierende
(Technik-)Geschichte, und das ist bei Bekleidung mit ursprünglich
militärischem Hintergrund – und den hätten fast alle Mode-Basics – schnell
auch die Geschichte der Kriegsführung und des Selbstverständnisses derer,
die Krieg führen.
So lernen wir, dass die MA-1, die wenig hat vom Schneid früherer Uniformen,
ein Symbol war für ein neues Selbstverständnis der US-Army als einer
demokratischeren – in dem Sinne, dass der einzelne G.I. mehr Verantwortung
tragen sollte. Die Jacke stelle den „bekleidungstechnischen Vorboten“ des
Arpanet dar. Dieser „militärische Vorläufer des Internet“ verzichtete auf
„das Führungsmodell der bisherigen Kriegsführung“, schreibt Dany: „Statt
einer sich nach oben ausrichtenden Hierarchie wird ein flaches Gewebe aus
Netzknoten gesponnen“ – mit einer Jacke, „in der alle zu Befehlshabern
werden konnten, machte die Kriegsführung einen großen Schritt in die
Zukunft“.
In der Mode taucht die MA-1 bis heute auf: mal grotesk in ihren
Proportionen aufgebläht, mal halb jeder Form enthoben; mit fingiert
individuellen Aufnähern versehen bei Raf Simons oder im aufwendigen
Buzz-Rickson’s-Nachbau des Prototyps von 1957, sündteuer. An Zivilisten
verkaufte man die MA-1 – wie auch die M-65 –, als absehbar war, dass der
Vietnamkrieg zu Ende ging. Heute erkennt Dany wieder eine besondere
Konjunktur, wieder sieht er einen Zusammenhang mit dem Krieg: Wo einst
Piloten ihre Haut riskierten, säßen zunehmend Drohnenlenker vor
Bildschirmen, weitab von Detonationen. Statt dieser unerreichbaren
Kombattanten nehme „der Terrorismus“ die Zivilbevölkerung ins Visier – u…
die sei oft gekleidet in „die Jacke der Bomberpiloten“.
3 Oct 2018
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Buch
Uniform
Mode
Terrorismus
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