Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rätselhafter Jogger in Berlin: Der Schlüssel zur Identifizierung
> Vier Monaten wusste niemand, wer der Jogger ist, der nach einem Sturz ins
> Koma fiel. Seine Schlüssel brachten nun nach langer Suche den
> entscheidenden Hinweis.
Bild: Der Schlüssel zur Haustür, den der bislang Unbekannte bei seinem Unfall…
Berlin dpa | Er war der Mann, den niemand vermisste. Vier Monate lang. Bis
am Donnerstag seine beiden Schlüssel endlich die Spur zur Identität des
Joggers wiesen, der nach einem unglücklichen Sturz am 13. März in Berlin im
Koma liegt: Er ist 74, Deutscher mit iranischen Wurzeln und lebt mitten in
Berlin. Nun ist die Freude nach der monatelangen Suchaktion groß – aber es
bleiben auch Fragen. Kann eine Großstadt so anonym sein, dass ein Mensch
nicht irgendwo fehlt? Monatelang?
Ein Anruf aus Wilmersdorf, Donnerstag gegen 11.30 Uhr: Ein 25-Jähriger Mann
hat auf der Internetseite einer Zeitung die Schlüssel des Joggers
wiedererkannt. Seit Wochen sucht die Polizei mit Hilfe dieser Fotos nach
irgendeinem Hinweis auf seinen Besitzer. Der Anrufer sagt, dass er diese
Schlüssel auch habe. Er nennt seine Adresse.
Uwe Dziuba, Hauptkommissar in der Vermisstenstelle der Polizei, fährt
sofort hin. Ein unscheinbarer 1960er Jahre-Bau, sechs Stockwerke. „Dann bin
ich adrenalinmäßig richtig hochgefahren, als sich der Schlüssel unten in
der Haustür drehen ließ“, beschreibt er diesen Moment. „Wir sind rein und
haben uns erstmal die Briefkästen angeguckt. Drei waren voll und quollen
wirklich über“, berichtet Dziuba weiter. „Wir sind zur Dienststelle
zurückgefahren und haben die Namen der Bewohner recherchiert. Einer passte
vom Alter her und gehörte zu einem der vollen Briefkästen.“
Dann erst schloss Dziuba die Wohnung auf und ahnte, dass er richtig ist.
„Da standen die Winterschuhe, da hing die Winterjacke.“ Er fand Ausweis und
die Krankenkassenkarte. Das Rätsel um die Identität war endlich gelöst. Der
74-jährige Mann habe offensichtlich ganz alleine in Berlin gelebt, sagt der
Hauptkommissar. „Wir haben dann auch Leute im Haus befragt, die kannten ihn
aber auch nicht. Es ist wohl eher etwas anonym in dem Haus zugegangen.“
Dass Menschen bewusstlos und ohne Papiere gefunden werden, kommt in Berlin
öfter vor. Dass sie nicht wieder zu sich kommen und noch dazu niemand nach
ihnen fragt – das ist selbst für Deutschlands größte Stadt mehr als
ungewöhnlich. Für die Experten von der Vermisstenstelle in der Hauptstadt
war das komplett neu.
Irgendetwas findet sich sonst immer. Und auch in der langen Geschichte der
Berliner Charité, die seit Mitte März einen unbekannten Patienten auf der
Intensivstation pflegt und die Kosten dafür trägt, hatte es so einen Fall
noch nicht gegeben.
Monatelang hat die Polizei versucht, mit Fingerabdrücken und DNA-Proben des
Mannes weiterzukommen. Doch wer in Deutschland keine kriminelle
Vergangenheit hat, ist bei den Behörden nicht registriert. Und wenn
Angehörige nicht nach einem Menschen suchen, helfen Genproben auch nicht
weiter. Selbst die Tatsache, dass der Koma-Patient Diabetes hat, half
nicht. Kein Krankenhaus, kein Arzt meldete sich auf die Suchbilder hin
zurück.
So blieb es am Schluss bei den zwei Schlüsseln, die der Mann neben 15 Euro
und etwas Traubenzucker in einem kleinen Gurt für Jogger bei sich hatte, um
dieses Rätsel zu knacken. Nur, dass die Schlüssel leider keine Nummern
hatten – und es ohne Nummern keinen Hinweis auf eine Adresse gibt.
Die Vermisstenstelle ließ nichts unversucht. Sie glich die Schlüssel mit
Tausenden Schlüsseln der Stadtreinigung ab, die Zugang zu Häusern in
Wilmersdorf hat. Zuletzt startete sie am Dienstag eine umfangreiche
Suchaktion. Polizeischüler probierten aus, ob ein Schlüssel des Mannes zu
Türen von Häusern in der Umgebung des Volksparks Wilmersdorf passen, wo der
Jogger im März zusammenbrach und mit dem Kopf auf einen Stein aufschlug.
Zehn Teams waren stundenlang mit Schlüsselkopien im bürgerlichen
Altbauviertel unterwegs. Noch einmal müssen sie nun nicht ausschwärmen.
12 Jul 2018
## TAGS
Polizei Berlin
Fahndung
Unfall
Polizei Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mysteriöser Jogger in Berlin: Der Mann, den keiner vermisst
Ein Senior kippt vor vier Monaten beim Joggen in Wilmersdorf um, seitdem
liegt er im Koma. Niemand weiß, wer er ist. Die Polizei steht vor einem
Rätsel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.