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# taz.de -- Mysteriöser Jogger in Berlin: Der Mann, den keiner vermisst
> Ein Senior kippt vor vier Monaten beim Joggen in Wilmersdorf um, seitdem
> liegt er im Koma. Niemand weiß, wer er ist. Die Polizei steht vor einem
> Rätsel.
Bild: Hier passierte das Unglück: im Volkspark Wilmersdorf fiel der Mann nach …
Er ist der Mann, den niemand vermisst. Seit vier Monaten schon. Das gab es
bisher nicht in der Geschichte der Charité. Keiner weiß, wer dieser Patient
ist, der noch im Koma liegt.
Ergrautes Haar, buschige Augenbrauen und eine gute Figur für einen Senior
zwischen 60 und 70, durchtrainiert. Sie haben ihn auf der Intensivstation
nun in ein Doppelzimmer verlegt. Damit er nicht zu einsam ist. Die Stille
um ihn bleibt. Die Klinik wünscht keinen Besuch, keine Gespräche mit Ärzten
oder Pflegern.
Genauso rätselhaft wie für die Charité ist dieser Fall für die Polizei.
„Das ist auch für unsere Vermisstenstelle eine neue Situation“, sagt eine
Sprecherin. Es sei das erste Mal, dass es nicht den kleinsten Hinweis auf
einen Menschen gebe. Und keine Vermisstenanzeige. „Es gibt überhaupt
nichts.“
Am 13. März war der unbekannte Senior im Volkspark Wilmersdorf beim Joggen
zusammengebrochen. Er schlug unglücklich mit dem Kopf auf einen Stein auf.
Passanten fanden ihn bereits bewusstlos. Seitdem sucht die Kripo nach einem
Anhaltspunkt, wer dieser Mann sein könnte. Irgendetwas, eine winzige Spur.
Die Polizei hat mehrfach Fotos veröffentlicht. Beim zweiten Mal hat sie ihm
seine Zahnprothese einsetzen lassen, damit man ihn vielleicht besser
erkennt.
## Als hätte er keine Freunde oder Nachbarn
Die Polizei stellte auch Fotos zweier Schlüssel ins Netz – das Einzige, was
der Jogger außer ein paar Euro bei sich trug. Dort sind Firmennamen
eingestanzt, große Hersteller, aber keine Sicherheitsnummern. Auch das ist
selten – und fatal für die Kripo. Damit gibt es keine Spur zu einer
Adresse. So weiß bis heute niemand, wo dieser Mann in Berlin gelebt hat.
Oder jemand, der es weiß, schweigt.
Für einen Obdachlosen war der Mann viel zu gepflegt, als sie ihn im Park
fanden: gut rasiert, gesunde Haut, keine Narben. Dazu eine orangefarbene
Joggingjacke, ein schwarzblaues Laufshirt und eine schwarzblau-rosafarbene
Jogginghose, alles in Größe L. Die Füße steckten in weiß-roten
Marken-Laufschuhen, Reebok, Größe 44,5. Dazu noch die Zahnprothese. In
Deutschland hat dieser Mann wohl auch keine dunkle Vergangenheit. Seine
Fingerabdrücke sind nicht registriert. Wer nie unter dem Verdacht stand,
eine Straftat begangen zu haben, ist in den Datenbanken der Polizei nicht
erfasst.
Es gibt in diesem Fall auch keine Vermisstenmeldung von Angehörigen. Als
gebe es diesen Menschen nicht – als habe er keine Familie, keine Freunde,
keine Bekannten, keine Nachbarn, keine Kollegen. Ist das möglich?
Natürlich gibt es die Einsamen und Zurückgezogenen. Manchmal finden
Rechtsmediziner in den Wohnungen deutscher Großstädte ein Skelett im Sessel
– vor dem laufenden Fernseher, die Fernbedienung noch in der Knochenhand.
Ein natürlicher Tod, von niemandem bemerkt. Doch nach Spuren dieser
Menschen hat die Kripo auch nicht monatelang gesucht.
Irgendetwas fällt sonst immer auf. Ein überquellender Briefkasten. Ein
Hausarzt oder ein Zahnarzt, die ihre Patienten auf Suchfotos erkennen. Und
falls dieser Mann ein Reisender war, hätte es nicht abgeholtes Gepäck oder
eine Fahrkarte geben können? Aber: nichts.
Nach der Aufnahme in die Charité sei durch das Gericht ein Betreuer für den
unbekannten Patienten bestellt worden, sagt Charité-Sprecherin Manuela
Zingl. Er gebe nun etwa die Zustimmung für Behandlungen. Niemand weiß
genau, wie stark das Hirn des Koma-Patienten geschädigt ist. Vielleicht
weiß er also selbst nicht, wer er ist – falls er jemals wieder aufwacht.
8 Jul 2018
## TAGS
Polizei Berlin
Fahndung
Rätsel
Polizei Berlin
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