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# taz.de -- Petition gegen homophobe Heilmethoden: Nackttänze und kalte Duschen
> Manche Ärzte glauben immer noch, Homosexualität sei eine Krankheit. Für
> Jugendliche kann die sogenannte Konversionstherapie gefährlich sein.
Bild: Homosexualität ist Liebe, Begehren und Spaß
Zu definieren, was eine Krankheit ist und was nicht, ist gar nicht so
leicht. Selbst WissenschaftlerInnen werden sich nicht einig. Krank ist das
Gegenteil von gesund – aber sind die Grenzen nicht fließend? Krank ist, wer
leidet – oder kann ich krank sein, ohne zu leiden?
Die Bedeutung des Begriffs verändert sich. Während der Napoleonischen
Kriege starben Soldaten an Nostalgie, Frauen litten jahrhundertelang an
Hysterie und in den 1990ern wurden auf einen Schlag 42 Millionen Amerikaner
krank, weil der Grenzwert von Cholesterin im Blut herabgesetzt wurde.
Bestimmte Gruppen (Ärzte, Pharmakonzerne, Versicherungen, aber auch
PolitikerInnen, Religiöse und so weiter) haben Interesse an bestimmten
Definitionen, weil sich Geld verdienen, Macht ausüben oder Unwissen
kaschieren lässt.
Man könnte nun sagen, mei, was soll das Ganze: Eine Krankheit ist halt
etwas, weswegen man zum Arzt geht. Oder noch einfacher: Eine Krankheit ist
das, was die Weltgesundheitsorganisation WHO als solche klassifiziert hat.
Doch ist es so, dass Ärzte in vielen Ländern, auch in Deutschland, immer
noch behandeln, was die WHO und weltweit führende Fachgesellschaften
definitiv nicht als Krankheit ansehen: Homosexualität nämlich.
1992 strich die WHO Homosexualität von ihrer Liste und erklärte:
„Gleichgeschlechtliche Sexualität ist weder eine Geisteskrankheit noch
moralisch verwerflich.“ Versuche, die sexuelle Orientierung zu
„reparieren“, seien nichts anderes als psychologisch verbrämte soziale
Vorurteile. An der sexuellen Orientierung eines Menschen herumzutherapieren
ist nicht nur sinnlos, sondern kann auch schlimme Schäden verursachen,
Depressionen, Ängste und Suizidgedanken.
## Früher waren Elektroschocks der Standard
Andere, der Bund Katholischer Ärzte zum Beispiel, sind aber noch immer der
Meinung, dass man Homosexuelle mit Psychotherapie, Seelsorge oder einer
homöopathischen Entgiftungsbehandlung heilen könnte. Manche versuchen es
gar mit Dämonenaustreibungen, Nackttänzen oder kalten Duschen. Früher waren
Elektroschocks der Standard.
Vor allem bei Jugendlichen können solche Experimente gefährlich sein. Lucas
Hawrylak, Student und Mitarbeiter im Büro eines SPD-Bundestagsabgeordneten,
richtet sich deshalb mit [1][einer Petition] an Gesundheitsminister Jens
Spahn und Justizministerin Katarina Barley: Er und mehr als 53.000 andere,
die unterschrieben haben, fordern ein Verbot von sogenannten
Konversionstherapien.
Im März kam im Europaparlament erstmals eine Mehrheit für ein solches
Verbot zusammen. Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte schon 2013 eine
Gesetzesinitiative vorgelegt, die derartige Behandlungen an Minderjährigen
verbieten lassen wollte. Radikale Christen kritisieren diese Vorschläge.
Die bisherige Haltung der Bundesregierung war: Wenn sich Behandelnder und
Patient auf eine Therapie einigen, lässt sie sich nicht so einfach
verbieten. Auch wenn alle wissenschaftlichen Erkenntnisse gegen sie
sprechen. So ist es ja auch bei Feng-Shui-Analysen oder Homöopathie.
Nach Recherchen des NDR und der Zeit können ÄrztInnen Konversionstherapien
relativ einfach als „Behandlung einer psychischen Störung“ abrechnen. Das
heißt: Anstatt Homophobie in der Gesellschaft zu heilen, wird Geld mit ihr
verdient. Und wir alle zahlen mit.
22 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/verbot-von-conversion-therapy-homo-heilung-in-deut…
## AUTOREN
Viktoria Morasch
## TAGS
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Homosexualität
Homophobie
Petition
Bundesministerium für Gesundheit
Schwerpunkt LGBTQIA
Frauen-WM 2019
Psychotherapie
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