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# taz.de -- Kolumne Russia Today: Herrenmenschlicher Fan-Abschaum
> So manch deutscher Fan in Russland trägt das Vorrundenaus mit Fassung.
> Aber es gibt auch jene, die pöbelnd den Heimweg antreten.
Bild: In Sotschi war für viele deutsche Fans die Welt noch in Ordnung. In Kasa…
Fast alles Schlandige war abgefallen von ihnen. Der Werner, der Gerd, der
Rainer und der Fredi sind [1][am Tag nach der Niederlage] in Zivil zum
Bahnhof von Kasan gekommen. Nur die schlandfarbenen Schnürsenkel vom Gerd
verrieten, warum die Reisegruppe in Russland war. Die geschlagenen Ritter
haben sich auf den Heimweg gemacht.
Sie waren gut gelaunt, weil das Bier am Vortag gut geschmeckt, aber keine
körperlichen Beschwerden am Folgetag verursacht hat. Die Karten für ein
mögliches Achtelfinale der Deutschen, die sie vor Monaten gekauft hatten,
haben sie umgehend vertickt, ihre Flüge umgebucht. „War verdient“, sagen
sie und lachen. „Wenigstens können wir sagen, dass wir in Russland waren“,
sagt der Rainer.
Jetzt fürchten sie sich ein wenig vor der Fahrt mit dem russischen
Nachtzug, aber weil sie sehen, dass die drei jungen Chinesinnen mit den
Schweinsteigertrikots sich offenbar noch mehr fürchteten vor der Fahrt nach
Moskau, werden sie wieder ein wenig selbstsicherer und lachen durch, bis
sie gegen Mitternacht eingeschlafen sind.
Die Zugbegleiterin kann sogar ein wenig Deutsch. Haha! Guten Abend! Gute
Nacht! Die vier braun gebrannten Männer, denen eine gewisse
Mackervergangenheit ins Gesicht geschrieben steht, geraten fast ein wenig
in den Aufreißermodus, den sie in jungen Jahren in ihrer Kurpfälzer Heimat
gewiss besser beherrscht haben, als sie es 20 Jahre später in Russland tun.
Am Ende sind sie einfach nur nett und lachen sich ihren Ärger über die
deutsche Niederlage weg. Aha, denke ich mir. Man kann also auch in Würde
Schlandianer sein. Danke, Werner, Gerd, Rainer und Fredi!
## Mehr als nur klammheimliche Freude
Die 30 Jungdeutschen, die sich am Tag zuvor im Shuttlebus auf dem Weg zum
Stadion benommen haben, wie man es sich von herrenmenschlichem Abschaum
nicht schlimmer vorstellen kann, werde ich dennoch nicht vergessen. „Mach
die Tür auf, du Wichser!“ Als Erster hat der Busfahrer etwas abbekommen.
Dann eine blutjunge Japanerin mit einem etwas in die Jahre gekommenen
Schneider-Trikot (!): „Lass mal durch, du Behinderte!“
Ich war ein „Spast“, weil ich im Weg stand und wahrscheinlich auch deshalb,
weil ich die Augen verdreht habe, als der wahrscheinlich speziell für
Russland ausgewählte Kurvenhit „Hurra, hurra, die Deutschen, die sind
wieder da!“ angestimmt wurde.
Dann ist einem dieser Heinis auch noch schlecht geworden, weil er die
russische Zigarette, die er auch im Bus nicht ausmachen wollte, nicht
vertragen hat. „Zuuuurück!“, schrie er und seine Freunde sperrten ihm einen
kleinen Kreis frei, sodass er in Ruhe in dem Bus kotzen konnte. Was für
eine Gaudi! „Die Nummer eins der Welt sind wir“, sangen sie dann noch.
Das hatte sich dann ja ein paar Stunden später erledigt. Was ich nach der
Niederlage der Deutschen empfunden habe? Ich kann es euch sagen: mehr als
nur klammheimliche Freude.
30 Jun 2018
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## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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