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# taz.de -- Politik und Fußball-WM: Seid umschlungen!
> Ägyptens Spieler Mo Salah verhilft Tschetscheniens Herrscher Kadyrow zu
> zwei Propagandaauftritten. Jetzt fühlt er sich instrumentalisiert.
Bild: Gemeinsamer Auftritt von Ramsan Kadyrow (l.) und Mohammed Salah vor zwei …
Samara taz | Einmal noch muss Mo Salah bei dieser WM antreten. Seine
Ägypter spielen beim Platzierungsspiel der Gescheiterten in Gruppe A gegen
Saudi Arabien. Ein fußballerischer Leckerbissen wird das Spiel in Wolgograd
gewiss nicht. Und doch sind viele Augen auf das ägyptische Team gerichtet.
Es geht, wie beinahe immer wenn von Ägypten die Rede ist bei dieser WM um
Mo Salah. Der Stürmer, der beim FC Liverpool eine derart herausragende
Saison abgeliefert hat, dass er als einer der besten seines Fachs gilt, ist
vor allem deshalb Thema, weil er dem Präsidenten der autonomen, russischen
Republik Tschetschenien zu zwei großen Propagandaauftritten verholfen hat.
Die Ägypter hatten ihr Teamquartier während der WM in der tschetschenischen
Hauptstadt Grosny aufgeschlagen. Ein öffentliches Training stand zu Beginn
des Aufenthalts der Ägypter an.
Der 8.000 Zuschauern im Stadion und der Weltpresse ist dabei vor allem das
Bild in Erinnerung geblieben, auf dem der tschetschenische Gewaltherrscher
[1][Ramsan Kadyrow Mo Salah herzt]. Das letzte Bild der Ägypter aus Grosny
zeigt wieder Salah und Kadyrow. Der hatte dem Fußballer gerade einen Orden
angesteckt und eine Ehrenbürgerurkunde überreicht.
Ratlos steht die Sportwelt vor diesem Bildern. Man mag nicht glauben, wie
sich einer der besten Kicker der Welt für die Propaganda eines Diktators
einspannen lässt. Und so wird zu beiden Bildern eine Geschichte
mitgeliefert, die suggerieren soll, dass Salah mehr oder weniger
unverschuldet auf die Propagandaseiten der tschetschenischen Presse geraten
sei.
## Gestörter Mittagsschlaf
Er habe gerade Mittagsschlaf gehalten, als man ihn für das Foto beim
Trainingsauftakt in Grosny gerufen habe. So schnell habe er gar nicht
schauen können, hieß es, da sei er schon mit Kadyrow fotografiert worden.
Nun ist das Gerücht in der Welt, Salah wolle seine Karriere in der
ägyptischen Nationalmannschaft beenden, weil er sich nicht länger zu
Propagandazwecken benutzen lassen wolle.
Was es in beiden Fällen nicht gibt, ist eine Stellungnahme des Stürmers
selbst. Wer nun die Bilder des Banketts in Kadyrovs Residenz gesehen hat,
der kann nicht glauben, dass Salah da nicht wusste, was er tat, dass er
gegen seinen Willen Teil einer Propagandashow geworden ist. Er lächelt
freundlich, ist dem Diktator zugewandt.
Er muss auch mitbekommen haben, wo er sich da befindet. Kadyrovs Residenz
liegt in einem eigenen Stadtteil von Grosny, den man getrost als verbotene
Stadt bezeichnen kann. Niemand darf sich den Mauern nähern, hinter denen
Kadyrovs Machtzentrale untergebracht ist. Die verbotene Stadt ist von
Sicherheitskräften im finstersten Bürgerkriegslook regelrecht umstellt.
Übersehen kann man das nicht.
Gut möglich, dass Salah innerlich zerrissen ist zwischen der Solidarität
mit dem ägyptischen Verband, dem er sich verpflichtet fühlt, und den
Erwartungen seiner zahlreichen Fans in Europa, von denen es etliche geben
mag, denen die Bilder mit Kadyrow so gar nicht passen.
Gut möglich, dass er nie erfahren wird, wie es dazu kam, dass das
ägyptische Teamquartier ausgerechnet in Grosny aufgeschlagen wurde. An die
islamische Folklore, die als Grund immer wieder angeführt wird, mag er
vielleicht nicht glauben. Fasten und beten kann man auch an anderen Orten
Russlands.
## Vorwurf an die Fifa
Dass die Fifa, obwohl sie sich für ihre Verhältnisse beinahe mitfühlend zur
Menschenrechtsfrage in Tschetschenien geäußert und die Inhaftierung des
Menschenrechtlers Ojub Titijew verurteilt hat, nicht verhinderte, dass
Grosny auf der offiziellen Liste der möglichen Teamquartiere für die WM
gelandet ist, muss man dem Weltverband zum Vorwurf machen.
Und wenn die Fifa keine Wahl hatte, weil die WM auf irgendeine Art auch
nach Grosny zu bringen Teil der tödlichen Sicherheitspartnerschaft zwischen
Kadyrow und dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin war, dann hätte
die Fifa das transparent machen können.
Warum der Präsident des ägyptischen Fußballverbands Hany Abo Rida das
Angebot, nach Grosny zu gehen, angenommen hat, auch das ist eine Frage, die
noch nicht im Detail beantwortet ist. Zuzutrauen ist dem Mann jedenfalls
viel. Er gehörte schon zum Führungszirkel der Fifa, als da noch ein
gewisser Joseph “Sepp“ Blatter das Sagen hatte.
25 Jun 2018
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## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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