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# taz.de -- Frauenrechtler in Saudi-Arabien: Als Anerkennung in den Knast
> Ab Ende Juni dürfen Frauen in Saudi-Arabien Auto fahren. Begleitet wird
> der Schritt von einer Repressionswelle gegen FrauenrechtlerInnen.
Bild: Diese Besucherin einer Automesse in Riad darf bald auch die Straße entla…
Berlin taz | Keine drei Wochen mehr, dann dürfen sich die ersten Frauen in
Saudi-Arabien hinter das Steuer setzen und Auto fahren – ganz offiziell,
ohne das Gesetz zu brechen. In Feierlaune sind die FrauenrechtlerInnen im
Königreich dennoch nicht. Noch immer befinden sich etliche von ihnen hinter
Gittern.
Im Mai erst hatten saudische Behörden 17 AktivistInnen festgenommen.
Begleitet wurde die Razzia von einer Verleumdungskampagne in den
staatlichen und sozialen Medien. „Kontakt mit ausländischen Organisationen“
wurde den Frauen und Männern vorgeworfen. Deren Ziel sei es, die Stabilität
des Landes und den sozialen Zusammenhalt der saudischen Gesellschaft zu
untergraben.
Zwar teilte die Staatsanwaltschaft am Sonntag mit, dass acht Personen
mittlerweile wieder auf freiem Fuß seien. Damit sitzen aber immer noch neun
der festgenommenen AktivistInnen fest, da die Zahl der im Mai
Festgenommenen mit 17 deutlich höher liegt als bislang bekannt. In der
Mitteilung der Staatsanwaltschaft hieß es, fünf Männer und vier Frauen
seien weiterhin in Gewahrsam.
Unter den Freigelassenen waren nach Angaben von AktivistInnen und
Menschenrechtsorganisationen Aischa al-Manea, Hissah Al al-Scheich und
Madiha al-Adschrusch. Die drei zählen zur alten Garde der
FrauenrechtlerInnen in Saudi-Arabien. Schon 1990 hatten sie an der ersten
großen Protestaktion gegen das Autofahrverbot teilgenommen, das nun ab dem
24. Juni offiziell Vergangenheit sein soll. Damals brachen 47 Frauen in
einer vielbeachteten Aktion das Verbot und fuhren durch die Straßen der
Hauptstadt Riad.
Andere prominente inhaftierte AktivistInnen sind die Frauenrechtlerinnen
Iman Al Nafdschan, Aziza al-Youssef und Loujain al-Hathloul. Al-Hathlul saß
schon 2014 zwei Monate lang im Gefängnis, weil sie versucht hatte, im Auto
aus den Arabischen Emiraten über die Grenze nach Saudi-Arabien zu fahren.
Vergangene Woche hatte das Europäische Parlament Saudi-Arabien aufgerufen,
„jegliche Form von Schikanierung und Verfolgung von Menschenrechtlern zu
stoppen“. FrauenrechtlerInnen müssten sich frei organisieren dürfen,
forderten die Abgeordenten.
Frauen drängen auf den Arbeitsmarkt
Das Fahrverbot in Saudi-Arabien ist das im Ausland prominenteste Beispiel
für die Diskriminierung von Frauen in dem streng-sunnitischen Königreich.
Viele Frauen sind auf männliche Familienmitglieder angewiesen, um etwa den
Weg zur Arbeit zurückzulegen. Wohlhabende Familien leisten sich private
Fahrer, die fast ausnahmslos als Gastarbeiter – meist aus südostasiatischen
Ländern – in Saudi-Arabien leben. Für diese dürfte die Aufhebung des
Fahrverbots daher in vielen Fällen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und
somit auch der Aufenthaltsgenehmigung einhergehen.
Da saudische Frauen seit Jahren massiv auf den Arbeitsmarkt drängen und
mittlerweile prominente Stellen in Wirtschaft, Medien und im öffentlichen
Sektor bekleiden, war auch der wirtschaftliche Druck gestiegen, das Verbot
aufzuheben. Viele GegnerInnen des Fahrverbots argumentieren zudem, dass aus
den islamischen Quellen keine Rechtfertigung für die Regelung ableitbar
sei.
Für Kronprinz Muhammed bin Salman, der seinem greisen Vater König Salman
die Regierungsgeschäfte weitgehend abgenommen hat, ist das Ende des
Fahrverbots zudem eine willkomenne Gelegenheit, sich als progressiver
Herrscher in Szene zu setzen. Dass die langsame wirtschaftliche und soziale
Öffnung, die Muhammad bin Salman vorantreibt, nicht automatisch mit mehr
politischen Rechten einhergeht, hat er mit der jüngsten Repressionswelle
gezeigt.
4 Jun 2018
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
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Raif Badawi
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