| # taz.de -- Massenproteste in Nigeria: Die Kirche schaltet sich ein | |
| > Nach einem Massaker an Gemeindemitgliedern ruft die katholische Kirche | |
| > zum Protest auf – Zehntausende gehen gegen Präsident Buhari auf die | |
| > Straße. | |
| Bild: „Schluss mit dem Wahnsinn“ fordern Katholken am Dienstag, hier in der… | |
| Gwer taz | Der katholischen Kirche ist das gelungen, was | |
| Menschenrechtsorganisationen und Interessenverbände in Nigeria meist | |
| vergeblich versuchen. Mit einem landesweiten Aufruf hat sie am Dienstag | |
| zehntausende Menschen für Protestmärsche in mehreren Städten sowie eine | |
| zentrale Gedenkfeier mobilisiert. | |
| Die Kirche macht damit deutlich, wie unzufrieden sie mit der Regierung von | |
| Präsident Muhammadu Buhari ist. Gleichzeitig wird die Krise in | |
| Zentralnigeria, die bisher als Ressourcenkonflikt zwischen Farmern und | |
| Viehhirten bezeichnet wurde, wie selten zuvor in den Mittelpunkt gestellt. | |
| Auslöser der Demonstrationen war die Ermordung von zwei Priestern sowie 17 | |
| Gemeindemitgliedern in Mbalom, einem Dorf im Bundesstaat Benue. Am 24. | |
| April hatten Bewaffnete während der Frühmesse eine Kirche gestürmt und um | |
| sich geschossen. Der Schock sitzt bis heute tief. | |
| Während des Trauergottesdienstes, an dem in der Nähe der Provinzhauptstadt | |
| Makurdi rund 10.000 Menschen teilnehmen, ist er besonders spürbar. „In der | |
| Kirche sind die Priester ermordet worden. Das war eine gezielte Aktion und | |
| hat doch nichts mehr mit Weideflächen für Vieh zu tun“, klagt etwa | |
| Teilnehmerin Mary Peters. Der einstige Kampf um Land ist längst ein anderer | |
| geworden. | |
| ## Das Wort bekannter Bischöfe hat Gewicht | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass in Nigeria Geistliche ermordet werden. | |
| Noch vor einigen Jahren griff die Terrormiliz Boko Haram im Norden | |
| überwiegend Kirchen an. Das hatte stets Signalwirkung und sorgte weltweit | |
| für Aufmerksamkeit. Allerdings reagierten die Verantwortlichen schnell und | |
| sperrten Gebäude großflächig ab. Diesmal nicht. | |
| Bereits Anfang Februar hatten Kirchenvertreter Buhari aufgefordert, die | |
| zahlreichen Probleme in den Griff zu bekommen. „Und zwar sofort“, sagt | |
| Wilfried Chikpa Anagbe, Bischof der Diözese Makurdi, der besonders wütend | |
| ist. „Es ist ja nicht so, dass wir Buhari nicht unterstützt hätten. Wir | |
| waren mit seinem Kampf gegen Korruption und Disziplinlosigkeit | |
| einverstanden, fanden ihn gut.“ Jetzt seien sie nur noch enttäuscht. | |
| Damit verliert die Regierung einflussreiche Unterstützer. An Zulauf | |
| gewinnen in Nigeria zwar vor allem die Pfingstkirchen und nicht mehr die | |
| alten sogenannten Mainline-Churches. Doch das Wort bekannter Bischöfe hat | |
| Gewicht in der Gesellschaft. Einige betonen sehr bewusst den | |
| interreligiösen Dialog und ihre Freundschaft zu Imamen, weshalb sie auch | |
| von Muslimen geschätzt werden. | |
| Generell gilt für Politiker in Nigeria: Sie brauchen Zustimmung von | |
| religiösen Meinungsführern. Nicht umsonst haben sich vor | |
| Präsidentschaftswahlen muslimische Kandidaten aus dem Norden häufig einen | |
| Vize mit engen Verbindungen zur Kirche gesucht. | |
| ## Im Alltag fehlt es am Schutz durch die Polizei | |
| In Nigeria wird im Februar 2019 wieder gewählt. Das ganze Land ist schon | |
| längst im Wahlkampfmodus. Der 75-jährige Buhari will erneut für die | |
| Präsidentschaft kandidieren. | |
| In Benue distanziert sich die Bischofskonferenz nun stark von den | |
| Machthabenden. „Die Regierung hat versagt“, betont auch Augustine Obiora | |
| Akubeze, Erzbischof von Benin City und ihr Vorsitzender. | |
| Das sagt er im Beisein von Gouverneur Samuel Ortom und Vizepräsident Yemi | |
| Osinbajo. Die eigentliche Trauerfeier ist so politisch geworden, dass die | |
| Regierung handeln und Buharis Vize schicken musste. | |
| Osinbajo, selbst Pastor der Redeemed Christian Church of God, wirkt eher | |
| blass, als er sagt: „Wir wollen und werden die Morde stoppen.“ Schon am | |
| Vortag lästerten in Makurdi Einwohner: „Plötzlich ist so viel Polizei vor | |
| Ort, jemand von der Regierung muss kommen.“ Es seien die Polizisten, die im | |
| Alltag fehlen würden. | |
| 23 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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