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# taz.de -- Petition gegen Tierversuche: Nachtigallen mit Draht im Kopf
> Fast 100.000 Menschen stellen sich gegen Versuche mit gezüchteten
> Nachtigallen. Die Forscher sagen, sie seien bedroht worden.
Bild: Kann ganz schön die Klappe aufreißen: die Nachtigall
Die Nachtigall erfreut mit ihrem Gesang Nachtschwärmer*innen. In Gedichten
und Märchen wird sie besungen. Und ihr Gesang ist vielseitiger als der
jedes anderen Singvogels, mehr als hundert verschiedene Strophen können die
Männchen trällern.
Für ihr Gesangstalent interessieren sich auch Wissenschaftler*innen der
Freien Universität Berlin. Das Team der Neurobiologin Daniela Vallentin
will mit Nachtigallen die neuronalen Grundlagen von Kommunikation
erforschen. Die Wissenschaftler*innen wollen den Vögeln einen Draht ins
Gehirn einführen, der die Aktivität einzelner Nervenzellen misst, wenn die
Tiere im Wechselspiel singen. Das Experiment soll helfen, die verbale
Kommunikation von Menschen besser zu verstehen. Und das, so die Hoffnung,
könnte manchen autistischen Kindern bei Kommunikationsproblemen helfen.
Es ist ein Prestigeprojekt, 1,5 Millionen Euro an EU-Geldern hat die
Arbeitsgruppe eingeworben. Aber die invasive Nachtigallenforschung hat
nicht nur Freunde. Der Tierschutzverein für Berlin (TVB) hat [1][eine
Petition mit dem Titel „Nein zu Tierversuchen an Nachtigallen!“] ins Leben
gerufen. Bis Redaktionsschluss zählte sie mehr als 98.000 Unterschriften.
Darin fordern die Tierschützer*innen Brandenburgs Umweltminister Jörg
Vogelsänger dazu auf, das Vorhaben zu stoppen und die bereits erteilte
Genehmigung zum Fang dreier Nachtigall-Männchen zurückzunehmen.
Die Wissenschaftler*innen wollen die Männchen nicht für den Tierversuch
selbst nutzen. Sie benötigen die Tiere, um eine eigene Zucht anzulegen. Der
Petition geht ein langer Streit voraus, der seit vergangenem Herbst
Tierschutzorganisationen, Behörden und die Berliner Stadtpolitik
beschäftigt. Die Arbeitsgruppe der FU hatte vom Landesamt für Gesundheit
und Soziales, das in Berlin Tierversuche genehmigen muss, ihr Vorhaben
bewilligt bekommen, allerdings nur mit Zuchttieren. Wollen Forscher*innen
wilde Tiere fangen, braucht es eine weitere Erlaubnis von der
Senatsverwaltung für Umwelt. Diese lehnte den Antrag aber ab, weil ein
Nachweis fehlte, dass es keine Alternative zum Fang der Wildtiere gebe.
## Täglich persönliche Drohungen
Auf dem kleinen, sehr speziellen Markt für Nachtigallen besorgten sich die
Wissenschaftler*innen drei Weibchen und stellten erneut Anträge bei den
Behörden in Berlin und Brandenburg. Das Land Brandenburg bewilligte den
Antrag. Tierschützer protestieren aber weiter gegen das Vorhaben.
Schriftlich teilte die Neurobiologin Daniela Vallentin der taz am
wochenende mit, dass drei Nachtigall-Männchen vor Beginn der Brutsaison in
Brandenburg gefangen wurden. Aufgrund der großen öffentlichen
Aufmerksamkeit gingen aber täglich persönliche Drohungen gegen sie und ihre
Arbeitsgruppe ein.
Eine der Verfasserinnen der Petition ist Claudia Hämmerling, Zweite
Vorsitzende des Tierschutzvereins. Ihr geht es nicht nur um Nachtigallen in
einem Berliner Uni-Labor, sondern um Tierversuche insgesamt. „Oft wird
geforscht um der Forschung willen“, sagt Hämmerling. Die Ergebnisse von
Tierversuchen seien häufig aber nicht auf Menschen übertragbar. Geld, das
in Tierversuche gesteckt werde, solle lieber für die Entwicklung
alternativer Forschungsmethoden verwendet werden, etwa für Computermodelle
und Multi-Organ-Chips, die den menschlichen Organismus simulieren.
27 May 2018
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/nein-zu-tierversuchen-an-nachtigallen-tagderartenv…
## AUTOREN
Johanna Kleibl
## TAGS
Tierversuche
Petition
Tierschutz
Autismus
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Adipositas
Affen
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