# taz.de -- Fernfahrer-Streik in Brasilien: Das Benzin ist alle | |
> LKW-Fahrer blockieren in vielen Bundesstaaten die Versorgung. Aus Wut auf | |
> die Regierung schließen sich unterschiedliche Lager dem Protest an. | |
Bild: Ein Streikbrecher bekommt Ärger. Wegen hoher Spritpreise sind brasiliani… | |
RIO DE JANEIRO taz | In Brasilien herrscht Krisenstimmung: Ein Streik der | |
Lkw-Fahrer hat im ganzen Land zu ernsthaften Versorgungsengpässen geführt. | |
Benzin gibt es in den meisten Städten schon seit Tagen nicht mehr. Obst und | |
Gemüse sind aus den Regalen verschwunden. In Rio de Janeiro fuhren am | |
Wochenende kaum Busse, die Straßen waren so leer wie sonst nie. | |
Sieben Tage dauert der Streik mittlerweile an, und die Trucker scheinen | |
gewillt, trotz vieler Drohungen seitens der Regierung weiterzumachen. | |
Tausende Lastwagen blockieren Landstraßen in allen Bundesstaaten, die Zahl | |
schwankt zwischen 500 und 1.000 Blockadepunkten. Gezielt werden | |
Ölraffinerien umringt. Privatverkehr, Ambulanzen oder Tiertransporte werden | |
durchgelassen, alle anderen Lastwagen müssen stoppen. Damit wirkt der | |
Fernfahrerstreik wie ein Generalstreik. | |
Auslöser des Protests ist der steigende Dieselpreis. Seit Monaten erhöht | |
der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras immer wieder und ohne Ankündigung | |
die Spritpreise, was vor allem kleine Unternehmen und autonome Fahrer vor | |
existenzielle Probleme stellt. Die Streikenden fordern verbindliche Zusagen | |
für Steuersenkungen, was de facto auf eine Subventionierung von Diesel | |
hinausliefe. | |
Da neben Gewerkschaften auch die Transportunternehmer den Ausstand | |
unterstützen, wurden klassische Arbeitgeberinteressen zur generellen | |
Kostensenkung ebenfalls in den Forderungskatalog aufgenommen. | |
Obwohl die Stimmung im Transportsektor seit Wochen bekannt war, reagiert | |
die Regierung unvorbereitet. Eine am Donnerstag verkündete Einigung mit den | |
Streikenden inklusive einer vorübergehenden Dieselpreissenkung wurde von | |
der Basis nicht akzeptiert. Daraufhin schickte die Regierung das Militär, | |
um die Polizei beim Abbau der Blockaden zu unterstützen. Verantwortlichen | |
werden hohe Strafen angedroht. | |
## Von linken Gewerkschaften bis zu rechtsextremen Aktivisten | |
Große Teile der Bevölkerung sind den Streikenden trotz aller Probleme aber | |
offenbar wohlgesinnt. Auch die Polizei geht zumeist nur halbherzig gegen | |
Blockierer und ihre Unterstützer vor. Die stetigen Preiserhöhungen an den | |
Zapfsäulen treffen alle und verstärken die wegen stagnierender Wirtschaft | |
und hoher Arbeitslosigkeit ohnehin schlechte Stimmung im Land. | |
Der Streik scheint zum Ventil der generellen Unzufriedenheit mit der | |
unbeliebten Regierung zu werden, obwohl er politisch höchst heterogen ist: | |
Die bislang völlig gewaltfreie Streikfront besteht aus linken wie rechten | |
Gewerkschaften bis hin zu rechtsextremen Aktivisten und profitgierigen | |
Unternehmern. | |
Spielraum hat die Regierung kaum. Jede Subventionierung würde | |
Milliardenlöcher in die knappen Staatskassen reißen. Zudem steht das seit | |
dem Regierungswechsel 2016 angewandte neoliberale Dogma auf dem Spiel, das | |
auch die Geschäftspraktiken von Petrobas dominiert. | |
Gewerkschafter kritisieren die Pläne, den durch einen Korruptionsskandal | |
belasteten Konzern zu privatisieren – versprochen war eine Sanierung. Für | |
Mittwoch kündigten Ölarbeiter einen eigenen Streik an und fordern den | |
Rücktritt des Petrobras-Chefs Pedro Parente. | |
27 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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