# taz.de -- Streit um Immobilie in Göttingen: Aktivisten besetzen leeres Wohnh… | |
> In Göttingen ist ein Studierendenwohnheim besetzt worden. Die Stadt, die | |
> einen Verkauf des Gebäudes plant, schweigt offiziell noch dazu. | |
Bild: Wohnpolitischer Protest in Göttingen hat Tradition: Archivbild einer Hau… | |
GÖTTINGEN taz | Rund 70 Aktivisten haben am Montagvormittag ein leer | |
stehendes Studierendenwohnheim im vornehmen Göttinger Ostviertel besetzt. | |
Das Gebäude gehört der Stadt und wurde bis vor kurzem vom Goethe-Institut | |
genutzt. Das Institut zieht in ein neues Haus um, das Wohnheim wurde schon | |
vor mehreren Wochen geräumt. Die Stadtverwaltung möchte den gesamten | |
Gebäudekomplex veräußern und bereitet schon seit einem Jahr den Verkauf | |
vor. | |
In die Fenster des Wohnheims hängten die Besetzer Plakate und Transparente. | |
„Wohnraum statt Leerstand“ war darauf zu lesen sowie „Häuser denen, die … | |
brauchen“. Andere Stoffbänder forderten preisgünstigen Wohnraum für | |
Studierende, Sozialhilfeempfänger und Flüchtlinge. „Massenunterkünfte | |
machen krank“ hieß es etwa – ein Hinweis auf die in der Stadt umstrittene | |
Sammelunterkunft für Geflüchtete im Gewerbegebiet „Siekhöhe“. Vor dem Ha… | |
wurden ein Info-Pavillon und eine kleine Theke aufgestellt. Unterstützer | |
brachten Brötchen, Kuchen, Kaffee und Tee. | |
Das besetzte Gebäude verfüge über sieben abgeschlossene, voll ausgestattete | |
Wohneinheiten mit Bad und Küche sowie30 Einzel- und Doppelzimmer mit | |
gemeinschaftlichen Sanitäranlagen, hieß es in einer Erklärung der Besetzer. | |
Es handele sich bei dem Wohnheim „um einen von zahlreichen Fällen, in denen | |
die Stadt Göttingen mit ihrer verfehlten, auf Privatisierung und Investoren | |
setzenden Wohnungspolitik verhindert, dass bezahlbarer Wohnraum für | |
Geflüchtete und andere Wohnungssuchende geschaffen wird“. | |
„Es ist untragbar, dass noch immer Flüchtlinge in Not- und | |
Massenunterkünften leben müssen, während die Stadt etliche eigene | |
Immobilien leer stehen und ungenutzt lässt“, schimpfte ein Besetzer. „Wür… | |
die Stadt ihre Verkaufspläne aufgeben, hätte sie hier sofort die | |
Gelegenheit, Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen.“ Er verwies darauf, dass | |
weitere Wohnmöglichkeiten im Hauptgebäude zur Verfügung stünden, sobald das | |
Goethe-Institut ganz ausgezogen sei. | |
Die Gruppe „Basisdemokratische Linke“ rief zur Unterstützung der Besetzung | |
auf. Die Aktion ziele darauf ab, „den Verkaufsprozess zu stoppen und den | |
Verbleib in öffentlichem Eigentum sowie die dauerhafte Nutzung als | |
Sozialwohnungen durchzusetzen“. Zuvor hatte bereits die Linke in Göttingen | |
den geplanten Verkauf des Anwesens kritisiert. Es handele sich um eine | |
„kurzsichtige einmalige Schönung der Einnahmeposition“. Dabei werde nicht | |
bedacht, dass in der Folge bei der Anmietung dringend benötigter Gebäude | |
und Wohnungen „horrende Mieten“ zu zahlen seien. | |
Am Montagmittag ließen sich dann auch Vertreter der Stadtverwaltung vor dem | |
Gebäude blicken. Sie wiesen in Gesprächen mit den Besetzern darauf hin, | |
dass die Besetzung unrechtmäßig sei. Eine offizielle Stellungnahme der | |
Kommune gab es zunächst aber nicht. | |
Zuletzt hatten in Göttingen junge Leute im November 2015 das zuvor sechs | |
Jahre leer stehende Gewerkschaftshaus besetzt. Sie richteten große Teile | |
des Gebäudes wohnlich her, schafften Möbel herbei, installierten Duschen | |
und verlegten elektrische Leitungen. Mehrere Dutzend wohnungslose Menschen, | |
zumeist Geflüchtete, fanden dort vorübergehend oder länger Unterkunft. | |
Unterstützer schauten fast jede Nacht zum Göttinger Bahnhof, um gestrandete | |
Asylbewerber mit Tee zu versorgen oder zum Übernachten in das Haus | |
einzuladen. Zugleich forderten die Besetzer die gewerkschaftseigene | |
Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft (VTG) als Besitzer der | |
Immobilie zu Verhandlungen auf. Diese endeten schließlich erfolgreich: Vor | |
einem Jahr kauften die Besetzer das mehrstöckige Gebäude. | |
30 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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