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# taz.de -- Ronaldo beim Champions-League-Spiel: Das Tor seiner Träume
> Beim Spiel gegen Juventus Turin hat er das Tor der Tore geschossen. Es
> markiert eine Zäsur in Ronaldos Karriere – die von vielen Widerständen
> geprägt ist.
Bild: Alle nur so: Woooohhhhhhooohhhooooooow!
166 Sekunden waren gespielt, schon setzte Cristiano Ronaldo wieder eine
neue Bestmarke. Eine Hereingabe von Isco erahnte er, bevor der Ball
überhaupt dessen Fuß verlassen hatte, und verwertete sie gegen die
Laufrichtung mit dem Außenspann ins lange Eck. Ein enorm schwieriges Tor,
aber der einstige Dribbelkönig hat nicht umsonst zum besten
Strafraumstürmer der Welt umgeschult. In Turin nach 166 Sekunden traf er
im zehnten Champions-League-Spiel nacheinander. Das hatte vorher noch
keiner geschafft.
Allerdings sprach später kaum einer darüber, denn mit Ronaldo, 33, verhält
es sich ja so, dass es nie genug ist, dass er Rekorde und Grenzen immer
weiter verschiebt. Wie in Turin nach 64 Minuten. Da schoss er das Tor, von
dem er immer geträumt hatte. „Das Tor“, wie die Schlagzeile der
Sportzeitung Marca am nächsten Tag die Elogen aller Welt treffend
verknappte. Dieser Treffer zum 2:0 für Madrid, er war mehr als sein 649.
Treffer als Profi, davon 445 für Real, und mehr als sein 119. Tor in der
Champions League, davon 22 im Viertelfinale. Es ist sein Meisterwerk, seine
Mona Lisa. Resümee und Porträt einer superlativen Karriere.
Nach einer missglückten Aktion von Juventus-Verteidiger Giorgio Chiellini
und einer Parade von Torwart Gianlugi Buffon gegen einen Schuss von Lucas
Vázquez flog der Ball geflankt von Dani Carvajal wieder in den Strafraum.
Weit in den Rücken Ronaldos. Zwei imposante Schritte Anlauf, dann schwang
er sich nach oben wie ein Turner am Reck und lag waagerecht in der Luft wie
ein Hochspringer beim Flop. 2,23 Meter über dem Boden, so wurde später
errechnet, traf er den Ball. „Air Cristiano“: Wie im Basketball einst
Michael Jordan, definierte er neu, was Athletik, Talent und Kunst
vollbringen können. Denn der Ball, er flog nie irgendwo anders hin als ins
Tor.
Als er dort einschlug, schien es kurz still, Sekundenbruchteile bloß, aber
in solchen Epochenmomenten können die sich ja manchmal ewig anfühlen. Alle
mussten sich erst mal sammeln, erst dann begannen sich Ronaldo zu freuen,
der spanische Fernsehreporter heiser zu schreien („Mutter meines Lebens,
was hast du da getan?“), Trainer Zinédine Zidane ungläubig über Stirn und
Glatze zu streichen. Und dann setzte der Applaus ein. Ehrfürchtiges
Klatschen, wie im Theater. Applaus in einem fremden Stadion. Für den ewig
polarisierenden Ronaldo. Wahrscheinlich begann er selbst erst in diesem
Moment zu realisieren, was er da getan hatte.
## In der Branche zollt man ihm immer mehr Respekt
„Ich habe es lange gesucht“, sagte er später über „das wohl schönste T…
meiner Karriere“, gar „eines der schönsten der Fußballgeschichte“ (Zida…
„aber ich hätte es nicht erwartet.“ Auf den Applaus angesprochen zeigte er
sich dankbar bis demütig: „Es war ein unglaublicher Moment. „Grazie“ an …
Juve-Fans, dass sie das für mich gemacht haben. Das ist mir in meiner
ganzen Karriere noch nie passiert.“
Ein Einschnitt, ganz gewiss. Die gängige Interpretation seiner Laufbahn,
seines Eifers, der ganzen Professionalität mit Schlaftrainer und
Kältekammer und damit der scheinbaren Alterslosigkeit und seiner ganzen
Rekorde war ja immer gewesen, dass er etwas zu beweisen habe. Den
geifernden Fans, den Experten, die Messi besser finden, wem auch immer.
Vielleicht hat man sich aber auch etwas vorgemacht. Vielleicht war er nicht
deshalb so gut, weil er so viel Widerstand hatte. Sondern trotz der ganzen
Widerstände. Und ist noch besser, wenn er sich geliebt fühlt.
Die Widerstände sind schließlich weniger geworden, spätestens seit der
fünften Auszeichnung zum Weltfußballer. In der Branche zollt man ihm immer
mehr Respekt, nun sagte der große, alte Torwart Buffon: „Seine Bedeutung
ist vergleichbar mit Pelé, Maradona und Messi.“ Ronaldo ist endgültig auf
dem Level historischer Sportgrößen angekommen wie Jordan, Muhammad Ali,
Federer. Als Teil einer Fußballmannschaft, aber mit der Bedeutung eines
Individualsportlers, ein planetarisches Ereignis, Gemeinschaftseigentum der
Menschheit, größer sogar als sein Verein, auch wenn der Real Madrid heißt
und selbst der größte ist.
Am Abend, als Ronaldos Lebenswerk kulminierte, machten die Spanier einen
weiteren Schritt zum dritten Champions-League-Sieg in Folge. Nachdem
Ronaldo noch ein Tor für Marcelo auflegte, hieß es am Ende sogar 3:0, aber
der Unterschied in einem packenden Match zwischen einer energischen
Juventus und einem eleganten Madrid lag eigentlich nur, dass eine
Mannschaft ihre Chancen nutzte und die andere nicht. Also in Ronaldo, der
ein Vorher und Nachher einer Karriere markierte, in der es schon so viel
Vorher gab und in der die Frage trotzdem immer die gleiche bleibt: Wo ist
sein Limit?
4 Apr 2018
## AUTOREN
Florian Haupt
## TAGS
Cristiano Ronaldo
Real Madrid
Champions League
Fußball
Schwerpunkt Rassismus
Fußball
Fußball
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