# taz.de -- ZDF-Serie feiert 55-jähriges Jubiläum: Weibliche Verbrechensbekä… | |
> Die ZDF-Serie „Die Karte mit dem Luchskopf“ bewies, dass Frauen das | |
> Krimigenre beherrschen. Leider erreicht die Krimiproduktion nicht | |
> dasselbe Niveau. | |
Bild: Kai Fröhlich (l.) gründet zusammen mit ihrer Tante Viktoria die Privatd… | |
Auch der Spiegel irrt. 1967 notierte das Hamburger Nachrichtenmagazin, dass | |
Emma Peel aus der britischen TV-Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“ das | |
„männliche Monopol der Verbrecherbekämpfung“ gebrochen habe. Für | |
Großbritannien galt das nicht, und auch in der Bundesrepublik hatte die in | |
jeder Hinsicht schlagfertige Agentin eine nicht minder patente Vorgängerin: | |
Kai Fröhlich (Kai Fischer) aus der Serie „Die Karte mit dem Luchskopf“. | |
Die Premiere ereignete sich im April 1963, gerade mal zwei Tage nach Start | |
des Zweiten Deutschen Fernsehens. Weil das ZDF stärker als die KollegInnen | |
von der ARD auf Werbegelder angewiesen war, musste das vorabendliche | |
Werberahmenprogramm möglichst attraktiv ausfallen. | |
Eigenproduktionen der Redaktion „Kleines unterhaltendes Spiel“ und | |
Importserien wechselten einander ab. Dabei achtete man auf einheitliche | |
Programmfarben: Der Montag war Abenteuerstoffen vorbehalten, der Mittwoch | |
dem Krimi, am Freitag gab es Familienserien. | |
Zwar waren die vorwiegend in den USA eingekauften Serien den deutschen in | |
Sachen Budget, Technik und Star-Besetzung um einiges voraus. Aber Wolf | |
Neumeister, Autor von „Die Karte mit dem Luchskopf“, und der kinoerfahrene | |
Regisseur Hermann Kugelstadt wussten derartige Defizite mit Witz und | |
Einfallsreichtum wettzumachen – und mit dem Können der Hauptdarstellerin | |
Kai Fischer, die selbst die Idee zu der Serie geliefert hatte. | |
## Keine alltägliche Erscheinung | |
Zuvor war Kai Fischer im Kinofilm lange Zeit zumeist in frivolen Rollen zu | |
sehen gewesen. Das ZDF bot der Schauspielerin Gelegenheit, andere Facetten | |
zu zeigen. Als Kai Fröhlich ist sie Inhaberin der Münchner Detektei Luchs. | |
Keine alltägliche Erscheinung in einer Zeit, in der Frauen die Genehmigung | |
ihrer Ehemänner benötigten, wenn sie einer Arbeit nachgehen wollten. | |
Und nur wenige Jahre zuvor hatte ein deutsches Oberlandesgericht geurteilt: | |
„Zu dem Leben der Frau gehört von jeher, auch heute noch, die | |
hauswirtschaftliche Tätigkeit. Sie ist aus dem Leben der Frau nicht | |
fortzudenken.“ Genau das wird in der Serien auch indirekt thematisiert. | |
Kai Fröhlich will ein Arbeitsleben ohne hauswirtschaftliche | |
Verpflichtungen, also behilft sie sich durch eine List: Um die damals noch | |
allgegenwärtigen Vorbehalte gegen selbstständige Frauen auszuhebeln, | |
erfindet sie einen Firmeninhaber namens Luchs. | |
Sie selbst tritt gegenüber ihren Klienten als Sekretärin auf und nimmt | |
stellvertretend Aufträge entgegen, die sie mit Geschick, Verve und Chuzpe | |
dann selbst erledigt. Häufig ermittelt sie verdeckt und nimmt dabei die | |
unterschiedlichsten Rollen ein – für die ambitionierte Schauspielerin ein | |
perfektes Szenario. | |
## Objektivierung | |
Auch die sexualisierte Objektivierung der Heldin bleibt nicht | |
unangesprochen. Immer wieder wird der männliche Blick mit Intelligenz, Witz | |
und oft auch handgreiflich unterlaufen. Manch ein Macho erfährt unter | |
Schmerzen, dass das Geschlechterbild von der wehrlosen Frau nicht der | |
Wirklichkeit entspricht. | |
Im Hintergrund wirkt Kais Tante Viktoria von Porschwitz (Ursula Herking). | |
Wenn sie mit rauchiger Stimme übers Telefon oder über eine | |
Gegensprechanlage allzu hartnäckige Petenten anherrscht, glauben die den | |
ominösen Herrn Luchs zu hören und geben rasch klein bei. Auch diese | |
Viktoria ist eine fortschrittliche Person. | |
Sie heckt immer neue technische Spielereien aus; Tüftler Major Boothroyd | |
alias Q aus den frühen Bond-Filmen hätte in ihr eine Ebenbürtige gefunden. | |
Leider blieb die Krimiproduktion des ZDF nicht auf diesem Niveau – in | |
späteren Serien wie „Der Kommissar“ werden Frauen in die zweite Reihe | |
verwiesen; der sogenannte „Freitagskrimi“ blieb über viele Jahre hinweg | |
eine Männerdomäne. | |
## Interessante Begegnungen | |
Umso erstaunlicher, was 1963 mit der Serie „Die Karte mit dem Luchskopf“ | |
bereits vorweg genommen wurde. Aus jetziger Warte – die dreizehnteilige | |
Serie ist auf DVD erhältlich – gibt es zudem interessante Begegnungen. | |
Unter den Episodendarstellern sind unter anderem der spätere „Bergdoktor“ | |
Gerhard Lippert – hier mal als Schurke – und Kathrin Ackermann, heute | |
gelegentlich neben ihrer Tochter Maria Furtwängler in Hannoveraner | |
„Tatort“-Folgen zu sehen. | |
17 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Harald Keller | |
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